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Ziel Erziehungsdiktatur

 
     
 
Angesichts der seit Ende Juli dieses Jahres laufenden Kampagne von Politikern und Massenmedien gegen rechts fragt in der "Welt" vom 18. September deren früherer Chefredakteur Herbert Kremp: "Verfolgt die nur zu berechtigte Kampagne gegen Gewalt die viel weiterreichende Absicht, alles was rechts ist, aus dem demokratischen Spektrum der Republik zu verbannen? Stoßen wir damit vielleicht sogar auf den Hauptzweck?"

In der Tat muß, wer die Äußerungen von Journalisten in Rundfunk und Presse verfolgt, zu diesem Verdacht kommen. Beide Säulen der politischen Klasse begannen damit, Empörung wachzurufen, indem sie Gewalttaten gegen Ausländer, und zwar nur solche gegen Ausländer, als folgerichtigen Ausdruck rechtsextreme
r Gesinnung herausstellten. Sehr schnell aber verkürzte man die Benennung der Urheber und führte fortan einen Kampf gegen alles, was rechts ist.

Im August verabschiedete das Bundeskabinett in Berlin eine Erklärung, in der man lesen konnte: "Der Kampf gegen rechts ist eine ständige Aufgabe und Teil des Demokratieverständnisses der Deutschen." Für das Land Brandenburg verkündete auf einer Pressekonferenz der Ministerpräsident Stolpe, daß das Land ein "Netzwerk gegen rechts" aufbauen wolle. Innenminister Schily bedauerte laut Presseberichten, daß es in Deutschland keine "Nationalgarde" nach USA-Muster gebe, die er gegen rechts ins Feld führen könnte, und kündigte an, er sei bereit, den Bundesgrenzschutz "gegen rechts" einzusetzen. In den gefährdeten Regionen sollten "Anti-rechts-Aktionen" ins Leben gerufen werden. Und das schleswig-holsteinische Innenministerium beabsichtigt eine Arbeitsgruppe zu bilden, die "Konzepte für den Umgang mit rechtsorientierten Jugendlichen" entwickeln soll. Die Innenminister der norddeutschen Bundesländer beschlossen die Ein-führung einer "Hotline gegen rechte Gewalt", eine Telefonnummer, die jeder anwählen solle, der rechte Gewalttäter meinte entdeckt zu haben. Die nordrhein-westfälische Landesregierung forderte, eine bundesweite "Verdächtigen-Kriminalakte rechter Gewalttäter" anzulegen. In der Presse forderten Leitartikler die Einschränkungen der Versammlungsfreiheit (ein Grundrecht!) für Rechte.

Während die staatsschützenden Geheimdienste in ihren Verfassungsschutzberichten Jahrzehntelang feine Unterscheidungen machten zwischen rechtsradikal (noch erträglich), rechtsextrem (verfassungsfeindlich), rechtspopulistisch (nur diffamierend) und ultrarechts (reiner Quatsch), sind diese ziselierten Formulierungen jetzt eingeebnet und ersetzt worden durch das pauschale Totschlagwort "rechts".

Ist das nun nur eine Nachlässigkeit von Politikern und Journalisten? Oder meinen sie tatsächlich, daß es in Deutschland nur noch linke Parteien und Zeitungen geben darf und daß jede rechte Meinungsäußerung unterdrückt werden müsse? Dann allerdings wäre das Ziel ein Staat, wie er in Europa nach den Revolutionen und Umbrüchen 1989 bis 1991 einmalig wäre, denn in allen europäischen Ländern gibt es neben den linken Kräften auch rechte. Würde in Deutschland eine Margaret Thatcher mit ihrer Conservative Party, die zweifellos rechts stand, der Verfolgung ausgesetzt gewesen sein? Würde Berlusconi in Italien, würden die Konservativen in Spanien, in Schweden, in Dänemark als rechte Parteien in Deutschland als verfassungsfeindlich angeprangert?

Die staatstragenden Parteien in unserem Land haben seit langem alles getan, um das Entstehen einer demokratisch legitimierten rechten politischen Kraft zu verhindern. Der "Erfolg" ist heute, daß es auf dem rechten Flügel zu einer teilweise unverantwortlichen Radikalisierung gekommen ist, während ein großer Teil der – ob gefühlsmäßig, ob bewußt – rechts eingestellten Menschen sich dem Staat verweigert und an keinen Wahlen mehr teilnimmt.

Bis vor geraumer Zeit hatten die Unionsparteien durchaus noch –zwar von Jahr zu Jahr schwächer werdend – einen rechten Flügel. Heute ist er erloschen. Jetzt schließt sich auch die CDU dem schrillen Kampf gegen rechts an; manche Landesfürsten versuchen gar, mit radikalsten Kampfparolen gegen rechts die traditionell linken Parteien links zu überholen.

Links und rechts seien heute überholte Begriffe, hört man gelegentlich. Solche Bezeichnungen dokumentierten lediglich eine Art "Gesäßgeographie", weil sie in der Zeit der französischen Revolution bezeichneten, wer auf der rechten, wer auf der linken Seite eines Parlaments saß. Hier versammelten sich die Anhänger der Revolution, dort die Königstreuen.

Tatsächlich aber waren auch damals schon mit den Begriffen rechts und links unterschiedliche, ja gegensätzliche Prinzipien verbunden. Und diese Grundanschauungen unterscheiden auch heute noch die politischen Lager. Es ist die unterschiedliche Art, die Welt und die Menschen zu interpretieren.

Die Linke führt ihr Gedankengebäude zurück auf die Träger der französischen Revolution, ob der einzelne Linke das nun weiß oder nicht. Alle Menschen, so eine linke Grundvoraussetzung, sind gleich und gleichberechtigt. Sollten trotz Gleichheit und Güte der Menschen moralische oder intellektuelle Unzulänglichkeiten auftreten, dann sind sie nicht etwa unterschiedlichen Erbanlagen zu verdanken, sondern es ist die Gesellschaft, die Menschen daran hindert, gut und gleich zu sein. Hat der Mensch Schwächen, dann sind sie ihm nicht angeboren, sondern durch ungünstige gesellschaftliche Verhältnisse erworben. Daher kämpft der Linke gegen die bestehenden Verhältnisse in Staat und Gesellschaft, gegen die von Menschen geschaffenen Ordnungen, Einrichtungen und Hierarchien – notfalls mit Revolutionen, normalerweise aber in einem modernen demokratischen Staat durch immer neu herbeigeführte Änderungen der gesellschaftlichen Verhältnisse. Der Linke will die Macht, weil sie ihm die Mittel gibt, auch die irregeleiteten Menschen auf den richtigen Weg zu bringen, nämlich den der "Tugend", um einen Ausdruck der Revolutionäre von 1789 zu gebrauchen.

Mit diesem hehren Ziel wird auch Gewalt gerechtfertigt – siehe das Vorgehen der 68er, die schlüssig Gewalt mindestens gegen Sachen legitimiert hatten, in der Konsequenz aber auch gegen Menschen, wie sie die Rote-Armee-Fraktion ausübte. Es gilt, den Tugendhaften die Regierungsmacht zu übergeben. Der Umschlag ins Antidemokratische erfolgt – wie im Kommunismus –, wenn die demokratische Kontrolle über die guten = linken Herrschenden für überflüssig erklärt wird, da sie von Volksfeinden mißbraucht werden könnte. Noch ist das Volk unwissend, aber die (linken) Minderheiten bringen den wahren Volkswillen zum Ausdruck, bis das Volk endlich aufgeklärt ist. Daher der Widerwille gegen direkte Demokratie in unserer von linken Ideen beherrschten Gesellschaft. Noch ist das Volk in ihren Augen unmündig.

Der Mensch ist nach Meinung der Linken unbegrenzt erziehbar, und das Ziel der Erziehung ist die Wiederherstellung der Güte und der Gleichheit der Menschen. Daher ist jeder, der sich Linken entgegenstellt, ein Erzfeind, was heute mit den Begriffen "Nazi" und "Faschist" ausgedrückt wird.

Nun hat der aufgeklärte Linke erfahren, daß die konsequente Anwendung dieser Grundideen im Kommunismus gescheitert ist, wenn auch unter unendlichen Opfern. Er führt das Scheitern auf Fehler bestimmter Personen zurück, etwa auf Stalin, Ulbricht oder Honecker, gibt aber darum seine Vision von einer Welt, in der alle gleich, gut und daher friedlich sind, nicht auf. Es gilt in Zukunft, diese Fehler zu vermeiden. In der Wolle gefärbte Kommunisten (etwa in der PDS) sagen das offen, andere Linke setzen es stillschweigend voraus. Und die CDU, die irgendwo im grauen Feld dahintreibt, begreift nichts, sondern paßt sich an.

So erklärt sich die Energie, mit der Linke, sind sie einmal an der Macht, unentwegt das Bildungswesen reformieren. Sie meinen, unter Anwendung aller neu entwickelten Hilfsmittel und Methoden könne man schon in der Schule alle Menschen einander angleichen. Man erinnere sich: Zur Zeit der angestrebten totalen Umbildung unseres Erziehungssystems unter dem Schlagwort "Bildungsnotstand" träumten manche laut davon, daß das Ziel der Neugestaltung der Schule sein müsse, 100 Prozent eines Schuljahrganges das Abitur bestehen zu lassen. Die damals massenhaft eingerichteten Sprachlabors stehen heute verwaist herum. Heute hingegen gilt als alleinseligmachende Wahrheit der Computer mit Internet-Anschluß für jeden Schüler.

Für Rechte gibt es kein so festgefügtes Gedankengebäude, wie es die Linken etwa im Marxismus hatten und haben. Zwar gibt es Denker am Beginn der Entwicklung, etwa den in England lebenden Iren Edmund Burke (1729–1797), der in seinen Schriften den Menschen keineswegs als das von Grund auf gute Wesen ansieht, sondern meint, daß die Gesellschaft nicht bestehen kann, ohne daß eine einschränkende Macht über den Willen und die Begierden irgendwo eingerichtet wäre.

Der Mensch ist nach Ansicht der Rechten sowohl gut als auch böse. Er braucht eine Ordnung als Fundament aller positiven Dinge. Nicht die Revolution sieht der Rechte als Mittel der Veränderung an, sondern die Reform. Er glaubt auch nicht, daß der Mensch unbegrenzt erziehbar und emanzipierbar ist. Vieles ist im menschlichen Charakter, im menschlichen Erbgut fest angelegt. Es kann nur darum gehen, die positiven Züge zu entwickeln und die negativen zu unterdrücken. Für Rechte lebt der Mensch in der Geschichte – der Linke ist fast immer geschichtsfeindlich. Freiheit bedarf der Ordnung, und Ordnung bedeutet Einschränkung der Freiheit – dieser Grundsatz ist typisch für rechts.

Rechte sind wesentlich pragmatischer als Linke, stehen aber in der Gefahr, prinzipienlos zu werden.

Findet nun in unseren Tagen der Sturm der Linken gegen die unbequeme Rechte statt, also der Kampf gegen jene, die die Linke daran hindern, durch Erziehung, durch Auflösung hergebrachter Strukturen (wie etwa der Landesgrenzen), durch Gleichmachung aller Menschen und durch Vermischung die Vision des allgemein gleichen und damit guten Menschen zu verwirklichen?

Aber was hat es mit der Gewalt auf sich, die angeblich der Ausfluß der rechten Denkens sein soll? Tatsächlich dient diese Propaganda der Verschleierung der wahren Ziele. Biedenkopf hat recht, wenn er in einem grundlegenden Beitrag in der "FAZ" vom 17. August 2000 feststellt, bei den angeblich rechtsextremen Vorkommnissen habe man es "weniger mit politischem Handeln als mit Provokation und Gewaltanwendung im politischen Gewand zu tun." Gleiches sagen andere besonnene Beobachter, die es in unseren Tagen ja auch gibt, wenn die Medien ihnen auch keine Schlagzeilen widmen. Die Gewalttaten, seien sie nun gegen Inländer oder Ausländer gerichtet, sind die Angelegenheiten der Polizei und der Justiz – und natürlich der Gesellschaftswissenschaftler, die uns mit ihren Zahlen belegen, daß trotz aller bei den Linken so beliebten kriminalpräventiven Räte usw. Gewalt an Schulen, unter Jugendlichen überhaupt keineswegs zurückgeht und daß die Gewaltschwelle vor allem bei Jugendlichen immer niedriger wird. Hier hat der Kampf gegen Gewalt anzusetzen.

Tatsächlich wird das Übel unserer Gesellschaft ausgenutzt, um die Bundesrepublik Deutschland immer weiter in Richtung einer DDR soft zu entwickeln, eines Staates, in dem man nicht mehr jeden Totalitarismus ablehnt, ob er von links oder von rechts kommt, sondern sich nur noch im "Antifaschismus" einig ist und damit alles rechtfertigt.

 
     
     
 
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