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Als Chinas Diktatur noch sozialistisch war

 
     
 
Wie andere kommunistische oder sozialistische Parteien auch ist die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) aus Widerstand gegen nationale Fremdbestimmung gegründet worden, hat also patriotische Wurzeln. Als sich nach dem Ersten Weltkrieg
abzeichnete, daß die China diskriminierenden „ungleichen Verträge“ nicht annulliert wurden und Japan sich als Nachfolger des geschlagenen Deutschlands in Shantung festsetzen wollte, entstand die „Bewegung des 4. Mai“, die Keimzelle der KPCh. Das gemeinsame Ziel des souveränen Nationalstaates einte die Kommunisten, unter denen Mao Tse-tung von vornherein eine bedeutende Rolle spielte, mit den Bürgerlichen in Sun Yatsens Kuomintang (KMT).

Nach dem Tode Sun Yatsens 1925 übernahm Tschiang Kaischek die KMT, brach mit den Kommunisten, richtete unter ihnen in Schanghai ein Massaker an und verfolgte sie. Auf der Flucht vor ihm unternahmen die Kommunisten 1934/35 den legendenumwobenen „Langen Marsch“, der sie von ihrer zentralen Basis in Südostchina im großen Bogen durch Süd- und Westchina schließlich nach Jenan im Norden führte, wo sie sich halten konnten. Nach dem Ausbruch des Chinesisch-Japanischen Krieges, mit dem für manche Forscher der Zweite Weltkrieg beginnt, im Jahre 1937, kam es zu einem Burgfrieden, der nach der Niederringung Japans 1945 endete. In dem nun ausbrechenden Bürgerkrieg obsiegten die Kommunisten. Tschiang Kai-scheks KMT floh nach Formosa, wohin die Kommunisten ihnen wegen der US-amerikanischen Seeherrschaft nicht folgen konnten, und baute auf der Insel einen bürgerlichen Staat auf. Die Kommunisten hingegen gründeten 1949 auf dem Festland die Volksrepublik China.

1960 kam es zum Bruch zwischen Peking und Moskau. Der Grund liegt zum einen in traditionellen russisch-chinesischen Grenzkonflikten, zum anderen in der Frage des richtigen Weges zum Sozialismus. Der russische / sowjetische Kommunismus zeigte Degenerationserscheinungen, die selbst einen Kommunisten wie George Orwell anwiderten und von ihm in der „Animal Farm“ („Farm der Tiere“) sehr plastisch karikiert worden sind. Dazu gehört die Herausbildung einer sich verkrustenden Hierarchie mit allen möglichen Privilegien und Statussymbolen, und dazu gehört die erklärte Aufgabe des Zieles der Weltrevolution zugunsten einer Koexistenz der Systeme. Diese Degenerationserscheinungen wies Maos chinesischer Kommunismus mit seiner „permanenten Revolution“ zumindest der Theorie und dem Augenscheine nach nicht auf, was den Maoismus für viele junge, idealistische Linksintellektuelle attraktiv erscheinen ließ.

Daß die zur „permanenten Revolution“ gezählte „Große Proletarische Kulturrevolution“ (1966–1969) Hunderttausende oder gar Millionen Menschenleben kostete und Maos Machtsicherung diente, steht auf einem anderen Blatt. Noch mehr Opfer kostete der „Große Sprung nach vorn“ (1958–1960). Wie wenige Jahrzehnte vor ihm Stalin zog Mao rücksichtslos ein vollkommen überambitioniertes Industrialisierungsprogramm durch, das die Landwirtschaft katastrophal vernachlässigte und 30 bis 45 Millionen Menschen das Leben kostete.

Seit Maos Tod (1976) verabschieden sich seine Nachfolger zusehends vom Sozialismus, nicht aber vom Herrschaftsmittel der Diktatur. (M. R.)
 
     
     
 
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