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Kommunistische Erblast

 
     
 
Den kommunistischen Regimen im östlichen Europa war es gelungen, die Kirchen als gesellschaftliche Kraft nachhaltig zu schwächen. Massive Propaganda und die personell
Infiltration der Kirchenführungen verstärkten vorhandene religionskritische Haltunge der Moderne zu einer weit verbreiteten atheistischen Grundstimmung.

Nur traditionell tief katholische Länder wie Polen, in denen sich die Kirche ein größere Unabhängigkeit von den Machthabern erhalten konnte, waren von diese Entwicklung kaum betroffen. Dort wurde der Glaube sogar zu einer wichtigen Ausdrucksfor des Protestes gegen die "roten" Machthaber.

Nach dem Umbruch im Osten vor zehn Jahren gelang es den christlichen Kirchen in de Reformstaaten zwar, einen Teil des verlorenen Bodens zurückzugewinnen, dennoch lastet da kommunistische Erbe nach wie vor schwer auf ihnen. Und das nicht nur in geistiger, sonder ebenso in materieller Hinsicht.

Die Enteignungen kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurden bisher auch im Falle de Kirchen nur teilweise rückgängig gemacht. So mangelt es am nötigen Geld, um aus eigene Kraft eine effektive Verwaltung und vor allem die dringend benötigten karitative Strukturen aufzubauen. Die finanzielle Abhängigkeit vom Staat ist in der Regel groß. I besonderem Maße gilt dies beispielsweise für die Tschechische Republik und Slowenien.

Die rhetorischen Scharmützel zwischen tschechischen Politikern und Kirchenführer haben auch in den deutschen Medien ihr Echo gefunden. Alle Nach-Wende-Regierungen in Pra zeigten sich unwillig, der Kirche den größeren Teil ihres verstaatlichten Besitzes a Gebäuden, landwirtschaftlichem Nutzland, Wäldern und Seen zurückzugeben. Die Begründung war immer dieselbe: Die Kirche sei gut versogt, denn der Staat bezahle sowoh die Geistlichen als auch die Religionslehrer an den Schulen. Darüber hinaus werde soga die kirchliche Verwaltung finanziert. Doch diese Abhängigkeit und Erpreßbarkeit ist vo allem der katholischen Kirche ein Dorn im Auge.

Zur Zeit befindet sich die Masse des nationalisierten Besitzes unter der Verwaltun einer sogenannten Religionsstiftung, auf die die Kirchenoberen nur wenig Einfluß haben Kultusminister Pavel Dostál hat im April die Suche nach einer einvernehmlichen Lösun der Vermögensfrage als eine Entscheidung zwischen zwei Varianten beschrieben: Entwede erhielten die Kirchen ihr Eigentum zurück und bestritten ihren Unterhalt fortan au eigener Tasche oder der Besitz falle an eine öffentlich-rechtliche Stiftung, die diese zum Teil privatisieren und mit dem Erlös die verschiedenen Kirchen unterhalten könne.

In beiden Fällen sollen Dostál zufolge die staatlichen Zuschüsse für das kirchlich Gesundheitswesen, die kirchlichen Schulen und die Erhaltung bestimmter Kulturdenkmäle beibehalten werden. Während die Regierung die zweite Variante anstrebt, von der sich auc die kleineren im "Ökumenischen Rat" des Landes vertretene Glaubensge-meinschaften Vorteile versprechen können, hält sich die katholische Kirch bedeckt. Grundsätzlich sei keiner der beiden Vorschläge Dostáls unannehmbar kommentierte der derzeitige Primas Kardinal Vlk.

Während sich in Tschechien mittlerweile Fortschritte abzeichnen, scheint die Debatt über die Kirchenrestitution in Slowenien festgefahren. Die Forderungen nach Rückgabe de enteigneten Grundbesitzes und Erteilung von Religionsunterricht auch an den staatliche Schulen sorgen bis heute regelmäßig für heftigen Streit. Ohne ihren alten Besitz sieh sich die katholische Kirche außerstande, die angestrebten karitativen Einrichtunge (Kindergärten, Alters- und Pflegeheime usw.) aufzubauen. Die Spenden ihrer Mitgliede reichen für derartige Vorhaben bei weitem nicht aus.

In Rumänien verstärkte im Mai sogar Papst Johannes Paul II. während seines Besuch in Bukarest die Rufe nach einer baldigen Restitution. Insbesondere mahnte er während de ersten Visite eines Papstes in einem mehrheitlich orthodoxen Land seit dem Schisma vo 1054 die Rückgabe der kirchlichen Schulen an, um so die Grundlage für eine religiös Erziehungsarbeit legen zu können. Bis heute haben die etwa zwei Millionen Katholiken in Siebenbürgen, im Banat und in der Moldau von ihren ca. 1700 beschlagnahmten Immobilie lediglich jene hundert wiederbekommen, die sich Ende 1989 in Staatsbesitz befanden.

Die orthodoxe Kirche als wichtigster Profiteur des kommunistischen Enteignungsunrecht blockiert nach wie vor jeglichen Ausgleich. Zwischen ihr und der 1948 verbotenen und bi zum Sturz Ceausescus zwangsweise in die Orthodoxie eingegliederten griechisch-katholische Kirche besteht eine regelrechte Feindschaft. Bis heute müssen die mit Rom unierte Katholiken ihre Gottesdienste häufig unter freiem Himmel abhalten.

Noch schlechter ergeht es der fast ausschließlich aus ungarischen Gläubige bestehenden römisch-katholischen Kirche des Landes. Von deren etwa 900 als unverzichtba zurückgeforderten Gebäuden wurden nach langwierigen Prozessen nicht einmal ein Dutzen übergeben.

Daß es auch anders geht, haben die Verantwortlichen in Ungarn bewiesen. Alle dortige Kirchen bekamen im zurückliegenden Jahrzehnt wesentliche Teile ihres verlorenen Besitze wieder. Abschließend wurde das Problem dann Ende 1998 bereinigt: Die wichtige Reformiert Kirche mit ihren ungefähr 1,3 Millionen Mitgliedern sowie die Evangelisch-Lutherisch Kirche (etwa 400 000 Mitglieder) unterzeichneten eine Übereinkunft, wonach der Staat fü die enteigneten, aber aus verschiedenen Gründen nicht restituierten Immobilien "au ewig" eine der Inflation angepaßte Entschädigung zahlen muß.

Die Reformierten bekommen zunächst etwa 9,9 Millionen Mark pro Jahr, die Lutherane rund 5,3 Millionen. Ähnliche Regelungen bestehen mit den Baptisten, de Serbisch-Orthodoxen, der jüdischen Glaubensgemeinschaft sowie bereits seit 1997 mit de Katholiken. Dieser größten und mit 850 enteigneten Liegenschaften einst reichsten Kirch Ungarns gehören ungefähr sieben Millionen Mitglieder an.

Als Ausgleich für den eingebüßten Besitz stehen ihr zunächst jährlich 19, Millionen Mark zur Verfügung. Außerdem werden die derzeit etwa 300 von der katholische Kirche unterhaltenen Schulen ebenso wie die staatlichen aus dem Steuersäcke unterstützt.

Immerhin zehn Prozent aller ungarischen Schulpflichtigen besuchen inzwischen die katholischen Bildungsstätten. Sie bekommen dort auch ein religiöses Rüstzeug, so da wenigstens an diesen Schulen das atheistische Erbe des Kommunismus überwunden werde kann
 
     
     
 
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