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Aus der Sicht eines Konvertiten

 
     
 
Der "Zusammenprall der Kulturen" ist nicht mehr nur die Studierstubentheorie des Harvard-Professors Samuel P. Huntington. Seit den beiden Attentaten gegen das World Trade Center in New York ist er weltpolitische Realität. Die Literatur zum Thema ist schon unübersehbar; aber die Berichte von Insidern sind noch relativ selten. Um einen solchen handelt es sich bei dem Buch "Islam und Terrorismus. Was der Koran wirklich über Christentum, Gewalt und die Ziele des Djihad lehrt", dessen Autor Mark Gabriel ein aus frommer islamischer
Familie stammender Ägypter ist, und früher Professor für islamische Geschichte an der renommierten Al-Azhar-Universität in Kairo sowie Imam einer Moschee war.

Zweifel an der Friedensbotschaft des Koran brachten ihn zunächst ins Gefängnis der ägyptischen Geheimpolizei (samt Foltererfahrungen). Eine koptische Christin steckte ihm eine Bibel zu, wofür sie bestraft wurde und dann emigrierte. Der Autor verließ seine Heimat, konvertierte in Südafrika zum Christentum (im Islam eine todeswürdige Sünde) und lebt heute in den USA mit einem neuen christlichen Namen.

Nach dem biographischen ersten Teil befassen sich die folgenden Kapitel des Buches mit dem Verständnis des islamischen heiligen Krieges, des Djihad, im Koran mit Beispielen dazu aus der Geschichte des Islam und schließlich mit den Propheten des Djihad in der Gegenwart. Der Verfasser ist verwundert darüber, wie sehr es dem Islam gelungen ist, das Bild des "guten", friedfertigen Islam im Westen zu verbreiten, meist unterstützt von gutmenschlichen westlichen Medien. Selbst Königin Raisa von Jordanien hat schon allen Ernstes das schöne Lied von der Emanzipation der Frauen im Islam gesungen. Aus eigener Kenntnis geht der Autor vom Vorrang der Suren des Koran, die zum Djihad aufrufen, gegenüber den viel zitierten Suren über Frieden und Friedfertigkeit aus: Die Ungläubigen sind zu bekämpfen, bis sie unterworfen sind. "Wenn ihr nun (im Djihad) auf die Ungläubigen stoßt, dann schlagt sie auf den Nacken, bis ihr viele von ihnen getötet und verwundet habt" (Sure 47, 4).

Besonders hervorzuheben ist in dem Buch die Darstellung der Gründerväter des Islamismus und seines Terrors im 20. Jahrhundert, die im Westen weitgehend unbekannt sind. Da ist der Ägypter Sayyid Qutb, geboren 1906, der mit seinem Buch "Wegzeichen" zu einem extremistischen Hasser des Westens und (nach einem Amerika-Besuch) vor allem der USA wurde und 1965 von Präsident Nasser hingerichtet wurde. Der Verfasser berichtet über die Rekrutierung der Studenten an der Al-Azhar-Universität für den Heiligen Krieg schon in den 80er Jahren und sodann auch über den islamistischen Führer Mustafa Shukri, Jahrgang 1942, der 1977 von der ägyptischen Justiz zum Tode verurteilt wurde. In den Jahren danach kam es auch in Kairo zu großen Studentendemonstrationen für die Chomeini-Revolution in Iran. Da heute alle Welt über Bin Laden, den Sohn eines schwerreichen saudiarabischen Bauunternehmers spricht, macht der Autor darauf aufmerksam, daß doch ein Großteil der Djihad-Prediger und -Aktivisten aus Ägypten kommt.

Dieser Bericht eines Insiders und islamischen Konvertiten zum Christentum verdient um so mehr Beachtung, als der Westen zu Wunschdenken und bequemem Wegsehen neigt. Gewiß: Der heutige Islamismus und seine Terroristen können sich auf die Quellen des Koran berufen, der an die Stelle der vom Menschen geschaffenen Herrschaftsformen, insbesondere der westlichen Demokratie, den "Gottesstaat", die fraglose Herrschaft Allahs zu setzen befiehlt. Hier befindet sich ein zentrales Quellgebiet des begonnenen Kampfes der Kulturen. Es muß aber auch die andere Ursachenreihe ohne Selbstgerechtigkeit angesprochen werden, die in der machtpolitischen Überwältigung und auch Ausbeutung der arabisch-moslemischen Welt durch die heute technologisch, ökonomisch und militärisch haushoch überlegene "westliche", atlantisch-europäischen Welt zu suchen ist. Sie hat sich in der moslemischen Welt zu explosiven Haßgefühlen aufgeladen, zu deren Speerspitze der islamistische Terrorismus wurde mit seinen Formen des "asymmetrischen Krieges". Erst durch eine solche Zusammenschau werden wir die Wurzeln dieses Konflikts zureichend verstehen können. Dann wird auch deutlich, daß der militärische Konflikt nur die Außenseite darstellt, die eigentlichen Quellen aber wie das Magma in der Tiefe liegen, in fundamentalen kulturellen und religiösen Gegensätzen, die aufgeladen werden durch das anhaltende Auseinandertriften in einen materiell reichen und einen armen Weltteil. In eben solchen Tiefen wird sich dieser Konflikt - und sei es nach 100 Jahren - auch einmal entscheiden. Klaus Hornung

Mark Gabriel: "Islam und Terrorismus. Was der Koran wirklich über Christentum, Gewalt und die Ziele des Djihad lehrt", Resch Verlag, München 2004, 269 Seiten, 14,90 Euro
 
     
     
 
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