A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
     
 
     
 

Befreiung Niederlage oder was?

 
     
 
Zu den Anlässen für den Kriegsbeginn gehörte neben Danzig und den Verkehrsverbindungen nach Ostdeutschland vor allem das Los der in Polen verbliebenen Volksdeutschen. Etwa eine Million Deutsche waren nach 1919 aus ihrer angestammten Heimat ins deutsche Kernland ausgewandert. Jedoch eine weitere Million war in Ostoberschlesien, in Ostbrandenburg, in Westpreußen und in der ehemaligen Provinz Posen
geblieben. Die Verbliebenen erlitten im neuen Polen als Bürger zweiter Klasse viele Einschränkungen ihrer bürgerlichen Freiheitsrechte. Sie akzeptierten ihre neue, fremde Herrschaft nur mit Widerstreben. Auch zeigten die Versuche, Deutsche mit Nachdruck zu Polen zu erziehen, kaum Erfolg. Die Polen hielten die deutsche Minderheit - genauso wie die ukrainische und die weißrussische - deshalb für illoyal und betrachteten sie als Fremde, obwohl sie nun Staatsbürger ihres Landes waren. Drei nacheinander mit Polen geschlossene Minderheitenschutzverträge hatten nicht vermocht, die Lage der Volksdeutschen im Vielvölkerstaat Polen auf Dauer zu verbessern.

Als ab dem Frühjahr 1939 die Verfolgung der Deutschen in Polen wieder schärfste Formen annahm, setzte eine Massenflucht von Deutschen ein. Bis zum August, dem Monat vor dem Kriegsbeginn, waren über 76000 Menschen aus Polen in das Reichsgebiet geflohen und 18000 zusätzlich in den Freistaat Danzig. Die Berichte über den Umgang der polnischen Bevölkerung mit der deutschen Minderheit und die Schilderungen der Geflohenen waren Öl aufs Feuer des deutsch-polnischen Verhältnisses in den letzten Wochen und Tagen vor dem Kriegsausbruch. Mit diesem Flüchtlingsstrom aus Polen kam im Sommer 1939 in der deutschen Bevölkerung im Reich eine Stimmung auf, die der von 1990 ähnlich war, als sich in Jugoslawien Zigtausende von Kosowo-Albanern - von den Serben malträtiert - auf die Flucht begaben. 1990 hieß es in Europa: "Wie lange will die Welt das noch tatenlos mit ansehen?" 1939 zirkulierte in Deutschland eine unheilvolle Redewendung, die das Gleiche meinte: "Wann macht der Führer dem ein Ende?"

Der damalige stellvertretende Reichsaußenminister Ernst Freiherr von Weizsäcker - Vater des späteren Bundespräsidenten - schrieb dazu, daß die sich dramatisch verschlechternde Lage der Volksdeutschen in Polen und die Massenflucht vom Sommer 1939 das seit langem schwelende Danzig-Korridor-Problem überdeckt habe. Heute ist von dem Los der Volksdeutschen in Polen und von der Massenflucht im Sommer 1939 in unseren Schulgeschichtsbüchern kein einziger Satz zu lesen.

Für die meisten Deutschen im Reichsgebiet war die Niederlage Polens 1939 eine Befreiung der Million Volksdeutschen von jahrzehntelanger Drangsalierung und aufgezwungener Fremdherrschaft. Diese Befreiung hätten viele Deutsche gerne auf dem Verhandlungsweg und ohne Krieg erreicht.

 Nach dem erfolgreichen Abschluß des Polenfeldzuges: Parade der Wehrmacht vor Adolf Hitler in Warschau Foto: Deutsches Historisches Museum
 
     
     
 
Diese Seite als Bookmark speichern:
 
     
     
     

     
 

Weitere empfehlenswerte Seiten:

Das Matthiae-Prinzip

Schwieriges Thema

Bilder rumänischer Geschichte

 
 
Erhalten:
 

 

   
 
 
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
WISSEN48 | ÜBERBLICK | THEMEN | DAS PROJEKT | SUCHE | RECHTLICHE HINWEISE | IMPRESSUM
Copyright © 2010 All rights reserved. Wissensarchiv