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Bimbes für Schlapphüte

 
     
 
Ende April hat das Pariser Strafgericht endlich den Komplex "Leuna" im Elf-Skandal erörtert. Zweck der gerichtlichen Verhandlungen ist es, den Verbleib von 39 Millionen Euro zu ermitteln, die über die Schweiz als Provisionen an Vermittler bezahlt wurden. Nach drei Tagen Verhandlungen weiß man eigentlich nichts Neues. Zwei der Vertragsmittler, der französische Geheimdienstoberst Pierre Léthier und der der CDU nahestehende deutsche Geschäftsmann
Dieter Holzer, behaupten, sie hätten die Provision aufgeteilt und für sich selbst behalten.

Dieses Geld wurde durch eine in Genf ansässige Firma "Noblepac" überwiesen, deren Eigentümer André Guelfi selbst fünf Millionen Francs bekam, obwohl er bei den Verhandlungen erklären konnte, er hätte nichts für dieses "Geschenk" geleistet. Rätselhaft ist, ob diese Vermittler dem vorsitzenden Richter die Wahrheit gesagt haben oder ob sie durch ihre zum Teil falschen Äußerungen versuchen, die wirkliche Verwendung der Provision zu vertuschen. Einer der Hauptbeschuldigten in diesem Prozeß, die Nummer zwei des Elf-Konzerns, Alfred Sirven, sprach von "politischem Lobbying" in Verbindung mit der Leuna-Affäre. Dies bedeute, daß abgesehen von Pierre Léthier und Dieter Holzer andere Vermittler einen Teil der Summe hätten bekommen können. Auf jeden Fall gestand Sirven, 6,65 Millionen Euro mit André Tarallo geteilt zu haben, die von Thyssen an Elf anläßlich des Kaufs der Leuna-Raffinerie bezahlt wurden. Angeblich sollte der Kauf der Leuna-Raffinerie durch Elf sechs Milliarden Deutsche Mark kosten, gefördert durch eine finanzielle Spritze der Brüsseler Kommission, des Bundes und der bun-desdeutschen Län- der. Laut Sirven geht es nun darum, diese zwei Milliarden DM Förderung zu erhalten. Geld sei an gewisse deutsche Persönlichkeiten, darunter zwei Minister, und an Edith Cresson bezahlt worden, die Regierungschefin unter Mitterrand und EU-Kommissarin gewesen ist. Gemäß den Aussagen Sirvens hätte ihm der Vorstandvorsitzende der Öl-Firma Elf, Loïk Le Floch-Prigent, persönlich den Befehl erteilt, diese Finanzierungen durchzuführen. Seinerseits behauptet Le Floch-Prigent, es sei zugleich um die Finanzierung bestimmter Teile der deutschen und französischen Geheimdienste gegangen, wovon Sirven nie etwas gewußt haben will.

Es darf zudem nicht vergessen werden, daß dieser Handel unter der Kanzlerschaft Kohls eingefädelt und durchgeführt wurde, der eine ganz eigene Politik in diesem Sin- ne zu betreiben pflegte. Auf jeden Fall war der ganze Leuna-Handel höchst politisch, denn es ging dar-um, wie der vorsitzende Richter erinnert, die französisch-deutsche Union zu stärken. Nach seiner Ansicht sei allerdings das ganze Geschäft krumm gewesen, so daß man sich des Eindrucks nicht erwähren kann, Frankreich habe sich aufgeopfert. Gemäß den Verhandlungen wurde das ganze Leuna-Geschäft in den führenden Kreisen von Elf mit vielen Geheimnissen behandelt, als sei das Ganze äußerst brisant. Der einzige Zeuge, der die ganze Leuna-Affäre durchsichtiger machen könnte, wäre der ehemalige deutsche Verteidigungssekretär Holger Pfahls (CDU), der neben Léthier und Holzer als Vermittler für den Kauf der Raffinerie und des Vertriebsnetzes Minol fungiert hat. Holger Pfahls ist zur Zeit "verschwunden", so daß er vor dem Pariser Landgericht nicht auftreten kann. Léthier, zwei Jahre in London abgetaucht, stellte sich während des Prozesses, Holzer ist hingegen anwesend.

Die Tatsache, daß Holger Pfahls einen Teil seines beruflichen Weges beim deutschen Verfassungsschutz verbracht hat, ist sowieso nicht ausreichend, um zu erklären, wie sich die Finanzierung der Übernahme des Leuna-Konzerns, eines Chemie-Riesen, tatsächlich vollzogen hat. Insofern bleibt nach drei Tagen Debatte im Pariser Gericht immer noch alles unklar. Es kann aber vermutet werden, daß weder Pierre Léthier noch Dieter Holzer für sich allein die von Elf bezahlte Provision von umgerechnet 39 Millionen Euro behalten haben.
 
     
     
 
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