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Buchhandel: Aufbruch in die Barbarei

 
     
 
De Europäische Gerichtshof hat demnächst einen Streit zwischen dem Börsenverein de Deutschen Buchhandels und der österreichischen Internet-Buchhandlung "Libro" zu entscheiden, ob verbilligte Bücher aus Österreich in der Bundesrepublik unter Ladenprei verkauft werden dürfen. Libro hatte nämlich auch deutsche Titel per Internet um 2 Prozent unter dem Festpreis angeboten. Das verstößt gegen die in der Bundesrepublik sei vielen Jahrzehnten geltende Preisbindung.

Die EU wird durch die jetzt anhängige Klage versuchen, den deutschen Buchhandel in ihrem Sinne "anzupassen". Sie selbst hat nämlich aus ihrer Gegnerschaft zu deutschen Preisbindung seit jeher keinen Hehl gemacht. EU-Wettbewerbs
kommissar Karel va Miert nennt sie schlichtweg ein "Absprachekartell", und das sei nach EU-Rech bereits jetzt verboten. Die Bundesregierung hält sich bislang an die deutsche Position wonach die Regelung "zum Schutze der Vielfalt des deutschen Buchmarkte notwendig" ist.

Die Standesorganisation des deutschen Buchgewerbes, der in Frankfurt am Main ansässig "Börsenverein des Deutschen Buchhandels", leistet erbitterten Widerstand gege den EU-Entwurf, wonach sämtliche nationalen Buchpreisbindungen abgeschafft werden sollen Dramatische Konsequenzen für den deutschen Buchhandel werden befürchtet. Sollte die nationale Buchpreisbindung fallen, so Harald Heker, Justitiar des Börsenvereins, würde "zwischen 25 und 30 Prozent der Arbeitsplätze vernichtet" werden. Dem deutsche Buchwesen (Umsatz 1998: über 17 Milliarden Mark) drohe innerhalb von nur 24 Monaten die Schließung von 3000 der 5000 deutschen Buchhandlungen.

Die Online-Buchhändler in der Bundesrepublik springen "Libro" bei natürlich sie sind generell gegen die bestehende Buchpreisbindung. Können sie doch ihre bisher bescheidenen Marktanteil nur auf Kosten der kleinen Buchhandlungen vor Or bedeutend vergrößern. Dabei geht das Geschäft der Internet-Buchhandlungen keinesweg gut. In den USA tobt seit mehr als einem Jahr ein erbitterter Preiskampf zwische Internet-Großbuchhändlern wie "Amazon.com" und der vo Bertelsmann-Medienkonzern aufgekauften Buchhandelskette "Barnes and Noble". De Kunden werden Preisnachlässe bis zu 50 Prozent gewährt – das ist weit mehr, als die meisten Verlage in den USA oder in der Bundesrepublik einer durchschnittliche Buchhandlung je geben würden. Gegen ein solches Geschäftsgebaren mit Dumping-Preise käme praktisch keine der jetzt bestehenden Buchhandlungen mit.

Inzwischen hat der Internet-Buchhandel auch nach Deutschland seine Fühle ausgestreckt. Hier zeigt die Umsatzkurve des Online-Buchhandels noch nach oben. Im erste Quartal 2000 setzte das Unternehmen "Amazon.de" etwa 60 Millionen Mark um Verglichen mit dem Vorjahresquartal ein Plus von 214 Prozent. Doch auch in de Bundesrepublik heißt der größte Konkurrent Bertelsmann mit "Bol.de". Beid Finanzriesen hindert einstweilen die Buchpreisbindung daran, den gesamten Markt vollkomme aufzurollen.

Die EU begünstigt also – wie so oft – unter dem Vorwand, einen freien Mark schaffen zu wollen, de facto eine Monopolstruktur. Doch Monopolisten pflegen auf die Daue selten gute Dienstleister am Kunden zu sein. Schon jetzt haben Internet-Kunden damit zu kämpfen, Bücher auch aus kleinen Verlagen zu bekommen. Die Antwort heißt dann imme öfter: "Die Besorgung des Buches ist uns zu teuer – bestellen Sie bitte direk beim Verlag." EU-Kommissar Karel van Miert, der bereits das Reinheitsgebot de deutschen Bieres auf dem Gewissen hat, versteht die ganze Aufregung nicht. In seine jüngst in der Zeitschrift "Capital" vorabgedruckten Buch "Markt, Macht Wettbewerb" nennt er das Beispiel Italien, wo die Buchpreisbindung ebenfall aufgehoben wurde: Dort "stiegen die Verkaufszahlen um 25 Prozent durch Buchverkäuf in Supermärkten, größtenteils an neue Leser. Eine tolle Sache also: Billigere Bücher mehr Bücher, mehr Leser". Welcher Schelm wollte das kritisieren?

Was van Miert indes nicht erwähnt: Supermärkte und Kaufhausketten haben nur noch ein minimale Auswahl an Titeln und Verlagen, denn je weniger Lieferanten sie haben, dest höher sind die Gewinnmargen, die sie aushandeln können. Da bleiben dann oft nur noc zwei bis drei Billiganbieter – der Rest wird nicht mehr angeboten – und auc nicht mehr besorgt. Mehr Ware für weniger Geld – das ist eine Argumentation, die schon bei Schweinefleisch problematisch ist; bei Büchern ist sie schlicht barbarisch un zeigt die Geisteshaltung der Protagonisten. Sie zeigt überdies, wohin der Weg, den un die EU weist, gehen soll: zu immer mehr Konsum bei immer niedrigerer Qualität. Ei weiterer Weg in die schleichende Verblödung. Antonia Radelbeck

 
     
     
 
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