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Dauerkrieg

 
     
 
Weil zwei ihrer Brüder einer militanten tschetschenischen Untergrundorganisation angehören, werden Raissa und ihre Schwestern immer wieder von russischen Soldaten verhaftet und stundenlang verhört. Dabei beschimpfen die meist angetrunkenen Männer die jungen Frauen aufs Gröbste, peitschen mit Gerten auf ihre Finger und Fußsohlen ein, um aus ihnen Informationen über die Brüder herauszuprügeln.

Raissa und ihre Schwestern verraten die Brüder nicht. Von Politik verstehen sie nicht viel, sie wissen aber, was von ihnen erwartet wird. Sie leben im Krieg, bekommen ihn täglich zu spüren.

Ihre ständige Angst vor russischen Panzern und Granaten, vor der Brutalität der Soldaten lähmt sie. Sie lernen, ihre Feinde zu hassen, und gehorchen ihren Männern. Sie sind in ihren tschetschenischen Traditionen verwurzelt, die Rolle der Frau ist streng definiert.

Als Raissas ältere Schwester Medina mit einem Clanmitglied verheiratet wird, erhält der Bräutigam den auch für ihn tödlichen Auftrag zu einem Blutracheakt. Raissa muß derweil Geiseln in ihrem Elternhaus versorgen, eine Aufgabe, die sie haßt. Ihre Brüder schlagen sie brutal, wenn sie sich ihren Anweisungen widersetzt.

In „Ich sollte als Schwarze Witwe sterben – Die Geschichte der Raissa und ihrer toten Schwestern“ wird Raissa als gebildete junge Frau gezeichnet, die davon träumt, den engen Fesseln ihrer Familie entfliehen zu können.

Ihre Eltern begreifen nicht, daß ihre Söhne Achmed und Aslan einer Terroristen-Organisation angehören, die von afghanischen Taliban angeführt und finanziert wird. Sie fragen auch nicht danach. Der Vater arbeitet weit weg von zu Hause in Kasachstan und kann nur mit Mühe und Not seine Familie ernähren. Achmed und Aslan beschließen, ihre verwitwete Schwester zur Schwarzen Witwe auszubilden, die ihren Mann rächen soll. Die junge Frau ist zu allem bereit. Ihre Schwester Hedja schließt sich ihr an.

Die Schwarzen Witwen werden nach kurzer Ausbildungszeit nach Moskau geschickt, um den Anschlag auf das Musical-Theater „Nordost“ zu verüben. Beide Frauen kommen dabei ums Leben.

Raissa ist die einzige Frau der Familie, der es gelingt, der Hölle aus Krieg und Fanatismus
zu entfliehen. Daß ausgerechnet ein russischer Offizier ihr zur Flucht und zu einer neuen Identität verhilft, wirkt allerdings etwas unglaubwürdig.

Sabine Adler hat als Korrespondentin des Deutschland-Radios jahrelang in Tschetschenien recherchiert und dabei zahlreiche Gespräche und Interviews mit tschetschenischen Frauen geführt. Sie zeichnet ein realistisch wirkendes Bild der Komplexität eines Landes, in dem Grausamkeit, Fanatismus und Skrupellosigkeit vorherrschen.

Der Leser erhält eine Vorstellung davon, wer diese Schwarzen Witwen sind und wie es dazu kommt, daß sie töten. Durch seinen Romancharakter wird das Buch, das mit realistischen Fakten gespeist ist, zu einer spannenden Lektüre. Michaela Wagner

Sabine Adler: „Ich sollte als Schwarze Witwe sterben – Die Geschichte der Raissa und ihrer toten Schwestern“, DVA, München 2005, 359 Seiten, 19,90 Euro 5582
 
     
     
 
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