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Der private Pay-TV-Sender Premiere will mit harter Pornographie aus den roten Zahlen herauskommen

 
     
 
Wer sich heute der Mühe unterzieht, sich zu fortgeschrittener Abendstunde durch die Fernsehprogramme zu zappen, kommt zwangsläufig zu dem Gedanken "Schlimmer geht s nimmer". Doch seit die Kirch-Gruppe uns hat wissen lassen, wie sie gegen den chronischen Zuschauermangel von Premiere angehen will, muß man befürchten: Es geht wohl doch noch schlimmer.

Der private Pay-TV-Sender will mit harter Pornographie aus den roten Zahlen herauskommen. Gegen entsprechende Gebühr sollen auch die letzten Hüllen fallen, soll keine Obszönität und Abartigkeit ausgespart werden, soll man alles zu sehen bekommen, wofür das interessierte Publikum sich bislang in Videotheken oder in schmuddelige Porno- kinos im Rotlichtmilieu begeben mußte.

Scheinheilig argumentieren die Programmgestalter im bayerischen Ismaning, es gebe schließlich für solche Produkte einen "Markt", also müsse auch derartiges angeboten werden. So einfach also ist das, sich die eigenen schmutzigen Geschäfte
sauber zu reden. Zweifellos gibt es doch auch einen "Markt" für harte Drogen, es gibt ferner einen "Markt" für Mordwaffen, es gibt einen Markt für gewaltverherrlichendes Schrifttum, für sexuelle Handlungen mit Kindern und so weiter. Soll da alles frei, ungehindert und unkontrolliert angeboten werden, nur weil es eine Kundschaft gibt, die danach verlangt?

Hier werden die "Gesetze des Marktes" als faule Ausrede mißbraucht; außerdem werden sie verstümmelt. Denn es ist keineswegs so, daß immer nur das Angebot die unvermeidliche Reaktion auf die Nachfrage wäre - man kann durch ein entsprechendes Angebot eine Nachfrage erzeugen oder zumindest steigern. Wäre dies nicht so, gäbe es schließlich die ganze Werbebranche nicht.

Unabhängig davon aber ist zu fragen, ob man denn wirklich alles und jedes herstellen, anbieten und verkaufen muß, nur weil es dafür - wirklich oder vermeintlich - eine Nachfrage gibt. Gerade von Unternehmen, die eben nicht mit Waschmitteln oder Fahrrädern handeln, sondern mit Information, Meinung und Unterhaltung, darf doch wohl etwas mehr Sensibilität erwartet werden. Und erst recht von einem Unternehmer, der sich gern seiner Nähe zu konservativen, christlich geprägten Politikern und Parteien rühmt. Es hindert doch niemand Herrn Kirch, zu sagen: Auch wenn Premiere auf die Pleite zusteuert, auch wenn ich mich geschäftlich und finanziell total übernommen habe und unter massivem Druck der Banken stehe, mein Gewissen verbietet es mir, auch noch die letzten Grenzen von Moral und Anstand zu überschreiten!

Aber nein, aus dem Hause Kirch werden die jüngsten Sanierungprojekte in einer Weise propagiert, als müsse die Gesellschaft geradezu dankbar sein, daß sich nun endlich dieses edle Unternehmen der armen, bislang mit Hardcore-Pornos unterversorgten Bevölkerung annimmt. Höhepunkt der Volksverdummung: Um nicht mit dem Jugendschutz (beziehungsweise dessen in Deutschland noch vorhandenen Restbeständen) in Konflikt zu geraten, wird auf raffinierte Verschlüsselungsmethoden verwiesen, mit denen angeblich Kinder und Jugendliche von den künftigen Fleischbeschau-Sendungen ferngehalten werden können. Da werden die lieben Kleinen sich aber freuen, wenn sie demnächst den technisch nicht ganz so bedarften Eltern erklären dürfen, wie die Codierung - und natürlich auch die Decodierung - funktioniert ...

Es geht hier nicht um die Befriedigung berechtigter Ansprüche, auch nicht um Meinungs-, Informations- oder Kunstfreiheit, sondern um Geschäfte in Millionen-, ja Milliardenhöhe. Verantwortungsbewußte Politiker sollten endlich den Mut haben, sich solchen Geschäftemachern zu widersetzen und sie nicht auch noch unterstützen. Dann gelten eben die sonst so gern zitierten "Gesetze des Marktes", und Premiere geht pleite. Es wäre ein Verlust, der sich verschmerzen läßt.
 
     
     
 
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