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Deutsche auf der Flucht

 
     
 
Der dramatische Geburtenrückgang und die absehbare Alterung der Bevölkerung in Deutschland wird mittlerweile auch bei den politisch Verantwortlichen zur Kenntnis genommen. "Bevölkerungspolitik" ist kein Unwort mehr, nachdem über Jahrzehnte die Familie eher als "ideologische Konstruktion" angesehen wurde. Die individualistische Emanzipation als "Selbstverwirklichung" ließ die Frau als Mutter gegenüber ihrem Wert als Arbeitskraft in der Wirtschaft mehr und mehr zurücktreten. Abtreibung und Verhütung wurden zu Selbstverständlichkeit
en individualistischer Lebensgestaltung und ließen Konrad Adenauers - seinerzeit begründete - Überzeugung: "Kinder haben die Leute immer" zu Makulatur werden. Sie zerstörten damit die Grundlage des sogenannten "Generationenvertrages", der einst die Grundlage des deutschen Systems der sozialen Sicherheit gewesen war.

Bevölkerungspolitik konnte im Verlauf dieser Entwicklung politisch korrekt nur unter "Tarnbezeichnungen" wie "bevölkerungsbewußte Familienpolitik", "familienorientierte Sozialpolitik" oder als "gesellschaftspolitische Nachwuchssicherung" umgesetzt werden. Gleichzeitig wurden die demographischen Auswirkungen der Migrationspolitik jahrelang konsequent verdrängt. Nachdem nunmehr die Folgen dieser selbstzerstörerischen Politik offenkundig sind und sich in der wirtschaftlichen Situation der letzten Jahre niederschlagen, ist Bevölkerungspolitik nicht mehr tabu.

In diesem Zusammenhang rückt jetzt auch die Auswanderung aus Deutschland in das öffentliche Blickfeld. Die Auswanderung aus Deutschland war bis vor kurzem nicht im gesellschaftlichen Bewußtsein der Deutschen und schon gar nicht ein Thema in der Politik. Doch in den letzten Jahren verlassen mehr und mehr Menschen Deutschland, um "für immer" in einem anderen Land zu leben und zu arbeiten.

"Die Deutschen ergreifen die Flucht" und "die Bundesrepublik erlebt derzeit die größte Auswandererwelle ihrer Geschichte", vermeldet der "Spiegel" und zitiert dabei Berechnungen des "manager magazins" auf der Basis von Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Danach sind im Jahr 2005 über 150000 Deutsche "ausgewandert", wobei die Statistik nur diejenigen erfaßt, die sich ordnungsgemäß abmelden.

Die deutschen Rentner, die sich im Mittelmeerraum niederlassen haben, geben nicht zuletzt aus versorgungsrechtlichen Gesichtspunkten zumeist als Hauptwohnsitz weiterhin Deutschland an.

Experten schätzen, daß es etwa 250000 Deutsche sind, die im Jahr tatsächlich das Land verlassen. Das Statistische Bundesamt spricht "von der höchsten Zahl seit 1950". Die Zahl der Auswanderer liegt damit um 60 Prozent höher als Anfang der 90´er Jahre. Dabei sollte bedacht werden, daß seit Einführung der "doppelten Staatsangehörigkeit" Deutsche mit dieser statistisch als Deutsche gezählt werden.

Bei den Ausländern nahm die Zahl der Fortzüge aus Deutschland mit 547000 schon 2004 um neun Prozent zu, während bei den Zuzügen relativ konstant 600000 Menschen gezählt wurden. Demnach lebten Ende 2004 nur noch rund 55000 Menschen ausländischer Herkunft mehr in Deutschland als im Jahr zuvor.

Doch diese Zahlen sind allesamt bedingt aussagekräftig, geben allerdings Tendenzen wieder, die wichtig genug sind, um als politische Fakten zur Kenntnis genommen zu werden. Die Notwendigkeit einer diese neuen Gegebenheiten erfassenden Statistik liegt auf der Hand, damit sie wirklich hilfreich für notwendige politische Entscheidungen werden kann. Wichtigste Erkenntnis bleibt, daß gegenwärtig die Zuwanderung die Abwanderung nicht mehr aufwiegt.

Gemäß dem gegebenen statistischen Zahlenmaterial für 2005 stehen bei den Zielländern der Auswanderung aus Deutschland die USA und die Schweiz (jeweils knapp 13000) an der Spitze, gefolgt von Polen (9700) und Österreich (8500). Der Osnabrücker Bevölkerungswissenschaftler Professor Klaus Bader verweist darauf, daß es sich bei den Auswanderern entweder um gut ausgebildete beschäftigte Arbeitskräfte handelt, die von besseren Bedingungen im Ausland angelockt werden, oder um Arbeitslose, die sich mit der Aussicht auf Hartz IV ausgestoßen fühlen.

"In beiden Fällen gehen die, die wir brauchen, nämlich die Entscheidungsstarken, Selbstbewußten und Risikofreudigen." Diesen Aderlaß könne sich Deutschland nicht leisten, er gehe auf Dauer auf Kosten der Innovationskraft Deutschlands.

So ist es kein Wunder, daß auch die Zuwanderungspolitik überdacht werden muß. Rechtliche Ansprüche zur Aufnahme gibt es derzeit beim Familien- und Ehegattenzuzug und für Spätaussiedler sowie Juden aus der früheren Sowjetunion.

"Freie Zuwanderung" liegt nach Bader bei 20 Prozent, was als zu wenig empfunden werde. Die zunehmende Auswanderung ist ein Signal dafür, daß es höchste Zeit ist, die Aufmerksamkeit der deutschen Politik auf die Bevölkerungspolitik als Grundlage der künftigen Entwicklung Deutschlands zu lenken.
 
     
     
 
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