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Deutschlands Nato-Generalsekretär

 
     
 
Am 24. September 1934 wurde in Stuttgart Manfred Wörner geboren. Im Alter von zehn Jahren lernte er den alliierten Luftterror persönlich kennen, als das Elternhaus durch eine Luftmine in einen Trümmerhaufen verwandelt wurde. Seine Mutter saß stundenlang im Luftschutzkeller, bevor Rettungsmannschaften die Verschütteten bergen konnten. 1953 unterzog sich der junge Manfred Wörner am Stuttgarter Johann-Kepler-Gymnasium erfolgreich der Reifeprüfung, anschließend schrieb er sich an der Universität der baden-württemberg
ischen Hauptstadt im Fach Rechtswissenschaften ein. 1956 schloß sich der junge Jurastudent der CDU an. Im Jahr darauf promovierte Wörner und trat als Regierungsrat in den Staatsdienst des jungen Bundeslandes Baden-Württemberg ein. Dort blieb er aber nicht lange, denn 1965 zog er als Abgeordneter des Wahlkreis Göppingen für die CDU in den Deutschen Bundestag ein, dem er bis 1988 angehörte.

Wörners Interesse galt - obwohl ungedient - militärischen Dingen, und so nutzte er die Gelegenheit, als Parlamentarier an Reserveübungen teilzunehmen. 1966 wurde er beim Jagdbombergeschwader in Memmingen als Kopilot geschult, und später erwarb er auch den Pilotenschein. Wörner flog im Laufe der Jahre fast alle in der Bundeswehr üblichen Muster. Bei diesen Aktivitäten war es nicht weiter verwunderlich, daß er recht bald zum verteidigungspolitischen Experten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion aufstieg. 1976 übernahm er dann den Vorsitz im Verteidigungsausschuß des Bundestages.

Nach der sogenannten Wende von der sozialliberalen zur christlichliberalen Regierung berief ihn der neue Kanzler Helmut Kohl als Verteidigungsminister in sein Kabinett. Wörner war im Gegensatz zu allen seinen Vorgängern ein ausgewiesener Fachmann, der nicht nur in der Luftwaffe hohes Ansehen genoß. In seine Amtszeit fällt die Verstärkung der konventionellen Kampfkraft des Heeres - hier namentlich der Panzerabwehr. Auch die Ausrüstung der Luftwaffe wurde spürbar verbessert, während die Bundesmarine in seiner Amtszeit wenig neue Einheiten in Dienst stellen konnte, obwohl gerade dieser Teilstreitkraft schon unter den früheren SPD-Regierungen nicht gerade bevorzugt behandelt worden war. Gleichwohl war die Verstärkung der Panzerabwehrfähigkeit des Heeres in den 80er Jahren das Gebot der Stunde, und so legte also Wörner den Schwerpunkt richtig.

Entscheidend aber war, daß unter seiner Führung die Bundeswehr sicher sein konnte, vor ungerechtfertigten Diffamierungen geschützt zu werden. Auch wies er Forderungen vor allem von seiten der Grünen nach neuen Formen der "Vergangenheitsbewältigung" in der Bundeswehr zurück. Darin unterschied sich Wörner grundlegend von seinem Nachfolger und Parteifreund Volker Rühe, dessen Wirken in Moral und Selbstverständnis der Bundeswehr einen kaum wiedergutzumachenden Schaden angerichtet hat.

Aber wo viel Licht ist, dort gibt es auch Schatten. Dieser fiel auf Wörner im Zuge der sogenannten Wörner-Kießling-Affäre im Jahre 1984. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) hatte "Erkenntnisse" über angebliche homoerotische Neigungen des stellvertretenden Nato-Kommandeurs für Europa, Vier-Sterne-General Günter Kießling, gesammelt, die angeblich ein Sicherheitsrisiko für die Streitkräfte darstellen sollten. Das alles veranlaßte Wörner dazu, den General vorzeitig zu entlassen. Das Ganze bekam dadurch eine politische Bedeutung, daß General Kießling mit neutralistischen Überlegungen, die er national begründet hatte, an die Öffentlichkeit getreten war. Auch Wörner zählte innerhalb der CDU eher zu den rechtsorientierten Kräften. So bot sich für die politische Linke durch Wörners Fehleinschätzung die billige Gelegenheit zur Fundamentalkritik an der Bundeswehr. Es stellt sich dann sehr rasch heraus, daß die erhobenen Vorwürfe gegen General Kießling samt und sonders aus der Luft gegriffen waren.

Als Wörner sein fehlerhaftes Verhalten erkannte, bot er Bundeskanzler Helmut Kohl seinen Rücktritt an. Dieser wollte aber auf den ausgezeichneten Fachmann im Kabinett nicht verzichten. 1987 nahmen erstmals Bundeswehroffiziere als Beobachter an einem militärischen Manöver der Warschauer Vertragsorganisation (WVO) teil. Unter Wörner näherte sich die Bundeswehr noch mehr als bisher sicherheitspolitisch Frankreich an. So fiel in seine Amtszeit die Aufstellung der deutsch-französischen Brigade. 1988 bot sich für die Bundesrepublik Deutschland die Gelegenheit, die Position des Nato-Generalsekretärs zu reklamieren. Helmut Kohl sorgte dafür, daß Wörner in dieses bedeutsame Amt gewählt wurde. Dort verblieb Wörner, bis er am 33. Jahrestag des Berliner Mauerbaus, dem 13. August 1994, in Brüssel nach der siebenten Krebsoperation verstarb. Nach Wörner wirkten Rupert Scholz und Gerhard Stoltenberg jeweils nur kurze Zeit als Verteidigungsminister. Mit Volker Rühe zog im Verteidigungsministerium jemand mit "politischem Gestaltungswillen" ein. Es war die Zeit der Kasernenumbenennungen und sonstiger "Vergangenheitsbewältigung". Sobald die Sensationspresse eine Sau durch das Dorf trieb, konnte man sicher sein, daß Rühe sich eben nicht vor seine Bundeswehr stellte. Dies führte zu großer Verunsicherung in der Truppe. Wörners großes Verdienst bestand darin, solche mitunter sehr unerfreulichen Angelegenheiten durchgefochten und in der Öffentlichkeit standhaft geblieben zu sein.

 

Manfred Wörner: Am Tage seines Dienstantrittes als Generalsekretär der Nordatlantischen Vertragsorganisation, dem 1. Juli 1988, in seinem Brüsseler Büro. Der einzige deutsche Nato-Generalsekretär sollte das Amt bis zu seinem Tode am 13. August 1994 bekleiden.
 
     
     
 
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