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Dichter Walther Heymann

 
     
 
In eure Haare flecht ich Bänder./ Auf eure leuchtenden Gewänder/ möchte ich der Blumen Schatten streun./ Da geht ihr hin, in heitrem Schweigen,/ euch zu den klaren Quellen neigen,/ die euch in Wuchs und Schönheit zeigen./ Ich seh euch wiederkehrend winken./ Mich dürstet wohl. Doch, wollt ich trinken,/ ihr ließet die Gefäße sinken./ Auch hab ich noch genug zu lauschen,/ was die verborgnen Bäche rauschen./ So kann ich Ohr und Mund vertauschen./ Und wartet nur; aus meinen Händen/ wird in der Wasser Weiterfließen/ sich aller Blüten Seele gießen/ Und eure Schönheit wird dies spenden." – Sehnsucht nach dem Wort, Hoffnung, all das auszudrücken, was in des Dichters Seele wohnt, klingt aus diesen Versen, denen Walter Heymann den Titel "Der Dichter und die Musen" gab. Lange Jahre aber waren ihm jedoch nicht vergönnt, den Musen zu lauschen. Er wurde nicht einmal 33 Jahre alt ...

Geboren wurde Walther als zweiter Sohn des Kaufmanns
Richard Heymann und dessen Ehefrau Johanna, geb. Sommerfeld, am 19. Mai 1882 in Königsberg. Einer seiner jüngeren Brüder, Werner Richard, sollte übrigens später ein berühmter Komponist von Film- und Unterhaltungsmusik werden. Obwohl die Eltern selbst musisch begabt waren, drangen sie darauf, daß der Sohn nach dem Besuch des Friedrichskollegs studieren sollte. Er, der immer nur Dichter hatte werden wollen (1901 notierte er: "... ich bin mir heute schon darüber klar, daß mir die Sache mehr ist als Spielerei"), belegte an der Königsberger Albertina, in Freiburg, Berlin und München Jura und bestand 1903 sein Referendarexamen. Am Amtsgericht in Fischhausen gewann er erste juristische Praxis, ebenso in Insterburg. Kurz vor dem Assessorexamen gab er allerdings, nachdem er einen Zusammenbruch erlitten hatte, seine juristische Laufbahn auf. Nun konnte er sich ganz seiner dichterischen Berufung widmen.

1905 schließlich hatte sich sein Traum von erster Anerkennung als Dichter erfüllt: im "Ost- und Westpreußischen Dichterbuch", herausgegeben von Adolf Petrenz, wurden 14 Gedichte Walther Heymanns veröffentlicht. Bald danach las er in der 1905 von seinem Königsberger Landsmann Heinrich Spiero gegründeten Hamburger Kunstgesellschaft zum ersten Mal vor einem größeren Publikum.

Heymann hielt sich zwei Jahre in Italien auf, bevor er 1912 in seiner Vaterstadt Mitarbeiter der "Königsberger Hartungschen Zeitung" wurde und sich im Feuilleton für junge Dichter und expressionistische Maler wie Max Pechstein, der oft in Nidden weilte, einsetzte. Heymann selbst war seit 1913 mit der Malerin Maria Perk aus Marienwerder verheiratet. Der Ehe entstammt die Tochter Evalore, die sich, wie zuvor die Mutter, sehr um den Nachlaß und das Andenken des Dichters Heymann bemüht.

Als ein Jahr später der Erste Weltkrieg ausbrach, meldete sich Walther Heymann sofort als Freiwilliger. Bereits am 9. Januar 1915 fiel er vor Soisson in Frankreich. Sein Grab ist unbekannt – wie das so vieler Soldaten.

Walther Heymann wird gern als Heimatdichter bezeichnet, vor allem wegen seiner 1909 veröffentlichten "Nehrungsbilder"; Heymann war jedoch weitaus mehr. Zuvor hatte er einen ersten eige-nen Gedichtband herausgebracht, "Der Springbrunnen", in dem auch die im Ostdeutschen Dichterbuch veröffentlichten Gedichte Aufnahme fanden. Alle seine Verse zeichnen sich durch eine "phantastische Bildersprache" aus, so Rainer Brändle in dem von Leonhard M. Fiedler und Renate Heuer bei Campus, Frankfurt/Main, New York, herausgegebenen Band Walther Heymann: Gedichte, Prosa, Essays, Briefe (229 Seiten, 11 sw Abb., brosch., 48 DM). Brändle: "Die Verwandlung des Erlebnisses in jenen schmalen Bedeutungsgrad, der Lyrik heißt, war es, was ihn anzog; und sein intensives Erleben verband sich dabei mit dem Enthusiasmus für die Mitteilung."

Die eindringliche Naturbeschreibung, die in den "Nehrunsgbildern" auffällt, findet man auch in Heymanns Prosa, die in einem einzigen Prosaband ("Das Tempelwunder und andere Novellen, 1916) vereint wurde. Autobiographisches findet sich dort neben biblischen, neben jüdischen Themen. Heymann, in einem großbürgerlichen jüdischen Elternhaus aufgewachsen, setzte sich nicht, wie viele seiner Generation mit dem Judentum auseinander. Renate Heuer: " ... ,christliche‘ Thematik überwiegt in seiner Lyrik vor der ,jüdischen‘, aber der christlich-religiöse Gehalt, der die deutsche Kultur und Kunst geprägt hat, ist zum ästhetischen verwandelt und steht neuer künstlerischer Ausdeutung offen." – Eine Ausstellung im Ostdeutschen Landesmuseum Lüneburg informiert übrigens vom 21. November bis 28. März 1999 über "Juden in Ostdeutschland".

Die Veröffentlichung über den Dichter aus Ostdeutschland in der Reihe "Campus Judaica" ist ein Resultat eines Heymann-Seminars an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt und enthält neben kurzen Einführungen vor allem Texte von Walther Heymann. Sein Brieftagebuch aus dem Jahr 1904 und seine Feldpostbriefe werfen da ein besonderes Licht auf einen Mann, der viel zu früh diese Welt verlassen mußte, und sein Wirken, das heute leider vielfach vergessen ist. Nur wenige Tage vor seinem Tod schrieb er an seine Frau Maria: "Mein Leben wäre ganz Anfang, wenn’s bald enden sollte ... Sterben – schad um zehn ungeschriebene Bücher ..."

 

 
     
     
 
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