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Die Chancen der Weltausstellung für uns nutzen

 
     
 
"Mensch – Natur – Technik. Eine neue Welt entsteht." Unter diesem Motto steht die vor nunmehr gut einer Woche in Hannover eröffnete größte Weltausstellung der Geschichte. Die Themenschwerpunkte "Mensch" und "Natur" sind in ihrer zusammenhängenden Bedeutung relativ unumstritten.

Anders verhält es sich mit dem Schwerpunkt "Technik". Hiermit hat die Bundesrepublik insbesondere in Westdeutschland große Probleme. Denn anders als in der untergegangenen DDR, die gesteigerten Wert auf eine "polytechnische Ausbildung" selbst der Oberschüler legte, haben nicht nur das westdeutsche Schulwesen, sondern auch die Grundeinstellungen
zu technischen Wissenschaften eine spürbar untergeordnete Rolle im Ausbildungsziel gespielt. Insofern verwundert es kaum, wenn etwa der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sich aus Anlaß der Expo 2000 zu Wort meldet, um der Ausstellung "Technikeuphorie" vorzuwerfen.

Sicherlich hat der Fortschrittsglauben des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts durch die Katastrophen der beiden Weltkriege in ganz Europa und dem abendländischen Kulturkreis einen nachhaltigen Dämpfer erhalten, doch ist die gegenwärtige Technikfeindlichkeit ein Problem insbesondere der Bundesrepublik Deutschland.

Da die großen Konturen einer bestimmenden Sinnmitte fehlen oder negiert werden, liegt es nahe, daß falsch verstandene Maschinenstürmer-Romantik im Bunde mit davon nicht unbeeinflußt gebliebenen diversen ökologischen Bewegungen ihr Heil in der Distanziertheit zur Technik sucht.

Begünstigend kommt noch eine bundesdeutsche Behäbigkeit hinzu, welche die Umstellung auf Neues scheut, sowie die alle Aktivitäten überwuchernde Bürokratie, die durch Brüssel noch die "Vollendung" erfährt.

Der Versuch, aus Angst vor dem Fortschritt der Technik diesen ignorieren oder bekämpfen zu wollen, kann nur dazu führen, selbst überrollt zu werden. Dabei ist zweifelsfrei, daß die Technik wie die Wissenschaft mehrere Betrachtungsebenen zulassen. Als der große Berliner Maler Adolph Menzel sein "Eisenwalzwerk" der Öffentlichkeit präsentierte, blieb der Öffentlichkeit lange verborgen, daß er es zunächst der Moloch genannt hatte. Bedenken, Angst und Zweifel sind die Geschwister aller neuen Entwicklungen. Sie zu überwinden schafft aber erst den Raum dafür, auch die tatsächlichen Gefährdungen bedeutungsgemäß beurteilen zu können.

Hierfür bietet die Weltausstellung in Hannover eine Hilfe. Sie ermöglicht uns tiefe Einsichten in das Getriebe der Technik in der Welt und gibt uns die Chance, nicht nur neue Erkenntnisse gewinnen zu können, sondern falsche Einsichten zu korrigieren. Dann wären die schätzungsweise 3,4 Milliarden Mark gut ange- legt. M. R. / P. F.

 
     
     
 
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