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Die Ohmacht eines ganzen Volkes

 
     
 
Kann Weißrußland noch geholfen werden? – Das Land gehört nach einer fünfjährigen wirtschaftlichen Talfahrt inzwischen zu den ärmsten Europas. Der durchschnittliche Weißrusse bringt im Monat gerade 30 Dollar mit nach Hause, Privateigentum existiert so gut wie gar nicht. Der Handel mit den Nachbarländern ist praktisch zusammengebrochen. Wenigstens konnte die von westlichen Fachleuten für den letzten Winter befürchtete Hungerkatastrophe gerade noch verhindert werden.

Dennoch stehen Umfragen zufolge 39 Prozent aller Weißrussen hinter der Politik ihres Präsidenten Alexander Lukaschenko, der im Mai 1994 in einer demokratischen Wahl an die Macht kam, was ihm jedoch bald entfiel. Geschickt verstand er es, Schritt für Schritt
eine diktatorische Stellung zu erringen. Das Parlament, den Obersten Sowjet, ließ er 1996 durch ein manipuliertes Verfassungsreferendum auflösen und ersetzte es durch eine willfährige Volksvertretung. Seitdem kann das rechtmäßige Parlament nur in Privatwohnungen und Hotelsälen tagen. Die eigene Amtszeit verlängerte Lukaschenko kurzerhand per Dekret um zwei Jahre bis 2001. Kritische Journalisten werden eingesperrt, der Geheimdienst kontrolliert die Bevölkerung.

Daß der Präsident trotzdem so viel Rückhalt genießt – vor allem auf dem Lande –, ist auf die Schwäche der Opposition zurückzuführen. Deren bekannteste Persönlichkeit, Stanislaw Schuschkjewitsch, findet in Umfragen bei nur zwei Prozent Unterstützung. Zjanon Paznjak, einst Integrationsfigur und Führer der Weißrussischen Nationalen Bewegung, lebt seit den Minsker Demonstrationen vom Mai 1996 im Exil in den USA. Beide wollen sich am kommenden Sonntag, dem 16. Mai, einer Präsidentschaftswahl stellen, die von der einst zerstrittenen Opposition und dem aufgelösten, aber international immer noch anerkannten Parlament organisiert wird. Im Januar fand sich die Opposition in der Hauptstadt Minsk zu einem "Vereinigungskongreß" zusammen, aus dem ein "Koordinierungsrat der demokratischen Kräfte" hervorging. Dieser soll die Weißrussen aus ihrer apolitischen Ohnmacht befreien. Noch aber sieht Schuschkjewitsch seine Landsleute "nach dem Prinzip des Herdentriebs gehorsam dem Führer" folgen.

Zwar wird der Staatsapparat, mit welchen Mitteln auch immer, den illegal erklärten Wahlgang zu verhindern wissen. Aber, so Paznjak, es gehe darum zu zeigen, "daß es uns noch gibt". Das System müsse permanent unter Druck gesetzt werden. Für den Herbst 1999 plane man daher Neuwahlen zu einem Gegenparlament.

Derweil kündigte Lukaschenko an, daß sich noch in diesem Jahr alle Parteien und Vereine erneut registrieren lassen müssen. Mit anderen Worten: Wer dem Regime nicht genehm ist, wird bald nicht mehr zugelassen sein.

"Zeigen, daß es uns gibt"

Im mitteleuropäischen Raum findet die Entwicklung in Weißrußland wegen der unmittelbaren Nachbarschaft und enger historischer Bindungen insbesondere in Polen große Aufmerksamkeit. Aber auch im Baltikum ist man sich der Schlüsselfunktion dieses historisch wenig legitimierten Staates für die Außenpolitik Rußlands im "nahen Ausland" bewußt.

 
     
     
 
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