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Ein unruhiger Geist

 
     
 
Seit kaum 150 Jahren gibt es die Weichsel- und Nogatbrücken bei Dirschau erst und doch wurden sie schnell zum Inbegrif von Heimat. Wenn der Zug gen Osten über die Dirschauer Eisenbahnbrücke gerumpelt war fing die Heimat Ostdeutschland an. Dort hörte sie auch wieder auf, Dirschau war eines de großen Zwischenziele auf der Flucht aus Ostdeutschland. Die bange Frage, ob die Brücke noc steht, ob sie noch passierbar ist, trieb die Flüchtenden an. Mit der Beschreibung ebe dieser Brücke beginnt Ludwig Passarge sein 1857 erschienenes Erstlingswerk "Aus de Weichseldelta", ein Band mit kurzweiligen Reiseeindrücken aus dem Danziger Umland.

Ludwig Passarge wurde am 6. August 1825 als Gutsbesitzer in Wolittnick im Krei Heiligenbeil geboren. Nach dem Besuch des Friedrichskollegs in Königsberg studierte er a 1844 Jura, zunächst in Königsberg, die letzten beiden Semester in Heidelberg. Wege seiner exzessiven Reiselust kam er erst spät in eine gesicherte berufliche Position Passarge hatte selbst kaum noch daran geglaubt und meinte, dieser Zug des Lebens sei fü ihn abgefahren, wie das Vorwort zu seinem ersten Buch verrät. Ab 1856 wurde er dan zunächst als Kreisrichter in Heiligenbeil tätig. Er blieb sein ganzes Erwerbsleben lan bei der Juristerei, genau wie seine Schriftstellerkollegen E.T.A. Hoffmann und Erns Wichert, mit dem ihn eine tiefe Freundschaft verband. Seine weiteren beruflichen Statione waren ab 1877 Insterburg und von 1879 an Königsberg, wo er bis zu seiner Pensionierun 1887 wirkte. Die Tätigkeit des Richters sicherte zunächst die Existenz und beinhaltet als angenehme Dreingabe genügend Muße zum Schreiben und freie Zeit für Reisen.

Passarge war Schriftsteller, aber kein Dichter, eher ein Reporter, ein Meister de Landschaftsdarstellung und des Reiseberichtes, der seine Leser mit auf die Reise nahm un seine Erlebnisse mit ihm teilte. Seine Novellen, Balladen
und Gedichte stehen de qualitativ deutlich nach. Das Reisefeuilleton hatte Mitte des 19. Jahrhunderts seine hoh Zeit, als die Literatur zum Realismus zurückkehrte und Autoren wie Fontane de Reportertum huldigten. Passarges Erstling erschien sieben Jahre vor Theodor Fontane "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" und braucht genau wie seine 187 erschienenen Reiseskizzen "Aus baltischen Landen" den Vergleich mit diesem nich zu scheuen.

In letzterem Werk wie auch in seinen "Strandbriefen" erbrachte Passarge ein der ersten anschaulichen Schilderungen der grandiosen Dünenlandschaft sowie de Lebensgewohnheiten der Bewohner der Kurischen Nehrung und des Samlandes. Er weckte dami gerade in Künstlerkreisen ein Interesse an dieser Landschaft und ihren Menschen, das bi 1945 nicht abebbte.

Seine Reisen führten ihn schon früh immer wieder aus der Heimat heraus in den Süde nach Italien, Spanien und Portugal, auf den Balkan und nach Skandinavien. Dort kam er mi den Arbeiten Henrik Ibsens (1828–1906) und Björn Björnsons (1832–1910) in Berührung, deren Werke er ins Deutsche übersetzte und so überhaupt erst dem deutsche Publikum nahe brachte.

Eine weitere Großtat Passarges war die Neuübersetzung des Gesamtwerkes von Christia Donalitus aus dem Litauischen. Seine Übersetzungen offenbaren dabei eine weitere groß Begabung Passarges, nämlich die kongeniale Übertragung von Sprachstil und Atmosphär der Dichtungen in die deutsche Sprache.

Für Ostdeutschland besonders bedeutsam waren seine 1903 erschienenen Lebenserinnerunge "Ein ostdeutsches Jugendleben", die eine bildhafte Beschreibung des Lebens in der ostdeutschen Provinz darstellen. Sie stehen damit in logischer Folge seine Reisebeschreibungen, die ja sowohl ein lebendiges Bild der äußeren und inneren Zuständ des Geschehens sowie der damaligen Gedankenwelt sind. Seine Heimatbeschreibungen hatte eine bewußt aufklärerische Intention, mokierte er sich doch immer wieder über die selbst in gebildeten Kreisen herrschenden abenteuerlichen Vorstellungen über Ostdeutschland Er zeichnete ein ganz anderes Bild seiner Heimat, stellte sie bei aller geographische Abgeschiedenheit als offen und fortschrittlich dar.

Passarge nannte sich selbst einen Vagabunden. Dabei betrachtete er das Vagabundiere als Geisteshaltung. Sein unruhiger Geist trieb ihn nicht in die Fiktion der Dichtun sondern hinaus in die Welt, die er den Daheimgebliebenen zu erklären suchte. Seine Heima Ostdeutschland, die er innig liebte, blieb für ihn Wurzel, die ihm Bodenhaftung gab. De Hang zum Vagabundieren, zum Erkunden fremder Länder und Menschen gab wohl er an seine Sohn Siegfried (1866–1958) weiter, der ein berühmter, weitgereister Geograph wurde.

Vieles, was Passarge beschrieb, gibt es nicht mehr, ist unwiederbringlich verloren Sogar die Weichsel wälzt sich heute träge dahin, wo sie vor nicht einmal anderthal Jahrhunderten als zuweilen reißender Strom noch zu abenteuerlichen Überquerunge nötigte. Uns dies alles literarisch bewahrt zu haben, ist Passarges historische Leistung.

Ludwig Passarge starb am 19. August 1912 in Lindenfels im Odenwald, auf Reisen, bei Vagabundieren, wo sonst.

 
     
     
 
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