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Eine PAZ für spätere Generationen

 
     
 
Der evangelische Friedhof in Treuburg, angelegt in der Zeit, als Treuburg noch Marggrabowa hieß, ist nun so weit hergerichtet, daß seine Funktion als Ruhestätte der Bürger der Jahre 1820 bis 1945 wieder erkennbar ist. Es wurden die Hauptwege von Grund auf erneuert, Treppen freigelegt und neue, schöne Beleuchtungskörper aufgestellt. Die Neuanpflanzungen an den verschiedensten Stellen waren gut erkennbar. Herr Cremer vom Grünflächenamt in Leverkusen, Treuburgs Patenstadt, der die Pläne für dieses Projekt erarbeitet hatte, war mit der Ausführung der Arbeiten sehr zufrieden.

Auf den Teilen, auf denen die Gefallenen des Ersten Weltkrieg
es, Deutsche und auch Russen, ruhen, haben die "Polnischen Freunde deutschen Kulturgutes" die Grabkreuze gesäubert und die Beschriftungen erneuert. An den Eingängen an der Lötzener Straße und am Steinweg erklären große Schilder die Geschichte des Friedhofs. So ist die ganze Anlage zu einem würdigen Rahmen für das von polnischen Künstlern wiederhergestellte Vorkriegsdenkmal für die Gefallenen der Kriege von 1866 und 1870/71 geworden, das nun nicht mehr auf dem Kirchberg steht, wo es in den Jahren nach 1945 weitgehend zerstört und zweckentfremdet worden war, sondern ungefähr dort, wo sich früher die Friedhofskapelle befand.

Die Herrichtung dieser alten Friedhofsanlage und des Denkmals ist mit Mitteln der Kreisgemeinschaft Treuburg e.V., der Patenstadt Leverkusen, der Freundeskreis Ostdeutschland e.V., und der Stadt Treuburg sowie durch Spenden von Treuburger Privatpersonen in deutsch-polnischer Verpflichtung erfolgt.

Diesem Projekt gingen ausführliche und intensive Verhandlungen zwischen der Stadtverwaltung Treuburg, vertreten durch Bürgermeister Olszewski, und dem Kreisvertreter der Kreisgemeinschaft Treuburg, Dr. Heinrich Matthée, voraus, die möglich geworden waren, nachdem im Jahre 2000 die bereits 1945 an dem alten entweihten Kriegerdenkmal angebrachte Tafel mit geschichtsverfälschendem Inhalt entfernt und an seiner Statt ein völlig neues Denkmal entstanden war. Seitdem entwickelte sich dank der Bemühungen von Kreisvertreter Matthée eine vertrauensvolle und fruchtbare Zusammenarbeit zwischen der polnischen Verwaltung und der Kreisgemeinschaft Treuburg.

In einer Feierstunde wurde bei winterlichem Wetter - es hatte drei Tage vorher reichlich Schnee gegeben und es blies ein steifer Wind - die gesamte Anlage der Öffentlichkeit übergeben. Auf dem Friedhof konnte Bürgermeister Olszewski die zahlreich erschienenen Ehrengäste begrüßen. Zu nennen sind hier die Vorsitzende der Deutschen Minderheit in Treuburg, Michaela Dabrowska, mit ihren Vereinsmitgliedern, die Bevollmächtigte des Woiwoden für die Minderheit, Joanna Wankowska-Sobiesiak, der Landrat von Treuburg, Stanislaw Ramotowski, die Kreisratsvorsitzenden des Landkreises und des Stadtkreises Treuburg, Waclaw Sapieha und Leszek Galczyk, die an dem Projekt beteiligte Dolmetscherin Dorota Barszczewska aus Treuburg, die beiden Künstler, die das Denkmal in den Zustand wie vor der Zerstörung versetzt haben, Elzbieta Pietras und Alojzy Nawrat, der Historiker und Autor diverser Bücher über die Geschichte des Treuburger Gebiets Ryszard Demby, der Konservator Adam Zywiczynski, der Direktor des Kulturzentrums Treuburg, Marek Galazka, sowie schließlich Zdzislaw Beresniewicz, jener Bürger von Treuburg, der von Anfang an an dem Projekt beteiligt war und sich sehr dafür engagiert hat. Hinzu kamen Vertreter des Dachverbandes in Allenstein, Journalisten von der Presse und dem Fernsehen sowie etwa 80 Einwohner der Stadt Treuburg.

Von bundesdeutscher Seite waren neben Kreisvertreter Dr. Matthée und Frau eine Reihe vertriebener Bewohner von Stadt und Kreis Treuburg erschienen; sie hatten Mühe und Kosten der weiten Anreise nicht gescheut.

Bürgermeister Olszewski sagte unter anderem:

"Kriege sind grausam. Dieser letzte hat grob die Grenzen verschoben ... Heute, nach vielen Jahren, ist es schwer, das Leid der vertriebenen Menschen zu begreifen, und ich meine hier sowohl die Polen als auch die Deutschen. ... In einem Aphorismus wird geschrieben: ,Heimat ist Erde und Gräber; Völker, die das Andenken verlieren, verlieren auch das Leben. Hier kommt die tiefe Bindung der Menschen zu ihrer Heimat zutage. Um dieses Andenken nicht zu verlieren, haben wir den Wiederaufbau des Denkmals und die Herrichtung des evan-

gelischen Friedhofs in Treuburg unterstützt. Genauso bemühen wir uns um die Erhaltung der polnischen Friedhöfe in Wilna, Lwów, Grodno und anderen Städten, wo es Gräber unserer Vorfahren gibt ... Ich hoffe, daß dieses Beispiel zur weitergehenden Verständigung zwischen unseren beiden Völkern beitragen wird."

Kreisvertreter Dr. Matthée erinnerte in seiner Ansprache an die Geschichte dieses Friedhofs. Nachdem die Einwohner der Stadt und des Kreises Treuburg 1944/45 auf die Flucht gehen mußten, wurde der Friedhof verwüstet, die Grabmale weitgehend zerstört. Er faßte den Ablauf der Arbeiten von der Planung bis zur Vollendung zusammen und betonte in seiner Ansprache besonders das hohe Maß an Verstehen für die deutsche Geschichte seitens der polnischen Verhandlungspartner seit 1999. "Auf beiden Seiten war das Bemühen um Normalität zu spüren." Ja, er ist der Überzeugung, daß dies mehr als gelungen sein dürfte. "Unsere Zusammenarbeit war immer sehr offen und konstruktiv, vor allem mit dem Bürgermeister, Herrn Waclaw Olszewski." Ein hohes Maß an professioneller Arbeit sei auch vom Bauamt in Treuburg geleistet worden. "Unser ganz besonderer Dank gilt Herrn Jan Beresniewicz für sein unermüdliches Engagement zur Projektrealisierung. Dieser Friedhof soll deutlich machen, daß sich Menschen unterschiedlicher nationaler Zugehörigkeit, verschiedener Sprache und Konfession besinnen und lernen, die Geschichte der Menschen aus der Vergangenheit in die Gegenwart und in die Zukunft zu übertragen. Für die Kreisgemeinschaft Treuburg und die heimatverbliebenen Deutschen ... ist heute in ihrer angestammten Heimat ein besonderer Tag, der zur Besinnung, aber auch zur Freude Anlaß gibt. Ich danke Herrn Bürgermeister Waclaw Olszewski und dem Rat der Stadt ..., den Mitarbeitern im Bauhof der Stadt, dem Konservator Zywiczynski und den Künstlern, die das Denkmal für die Gefallenen des Kreises ... als kulturhistorisches Beispiel restauriert haben, der deutschen Volksgruppe ..., der Freundeskreis Ostdeutschland, der Patenstadt Treuburgs, Leverkusen, und nicht zuletzt den Bürgern aus ... Treuburg, in deren Obhut wir diesen Friedhof geben. Mögen die Toten nun in dieser wieder hergerichteten Umgebung in Frieden ruhen. Die Lebenden mögen diese Gräberstätte würdigen und ehren!"

Es folgten verschiedene Grußworte, so vom Woiwoden von Ermland-Masuren sowie vom Bevollmächtigten des Marschalls für die nationale und ethnische Minderheit und dem deutschen Konsul in Danzig. Einfühlsame Worte sprach auch die Vorsitzende der Deutschen Minderheit in Treuburg, Michaela Dabrowska.

Der Direktor des Kulturzentrums in Treuburg, Marek Galazka, las, begleitet von einem tragenden Trompetensolo mit leisem Trommelwirbel, das zu Herzen gehende Gedicht "Du ruhst in deiner Heimat" von Franz Mulatzki (1900-1970).

Dann unterzeichneten Bürgermeister Olszewski und Kreisvertreter Dr. Matthée ein Dokument über dieses erste deutsch-polnische Gemeinschaftsprojekt nach 1945, das zusammen mit je einem Exemplar der Oleckoer Zeitung und der Freiheits-Depesche / Das von jenem Tag, Münzen von 1872 und von heute (Zloty und Euro), kurzen Familiengeschichten von Olszewski und Dr. Matthée, zwei Treuburger Heimatbriefen (Nr. 35 mit der Geschichte der Kreisgemeinschaft Treuburg und Nr. 45 mit den Aufzeichnungen über das Friedhofsprojekt) sowie acht Ansichtskarten aus den 1920er/30er Jahren mit markanten Motiven der Stadt Treuburg und heutigen Postkarten in eine Kassette gegeben wurde, die von dem Polen und dem Deutschen gemeinsam in den Sockel des Denkmals verbracht und eingemauert wurde.

Anschließend wurden von den verschiedenen Delegationen Kränze niedergelegt.

Die Pflege der gesamten Anlage wird zum Teil von den Mitgliedern der Deutschen Minderheit ausgeführt. Des weiteren wollen sich Schüler der Landwirtschaftlichen Schule, die sich um die Registrierung deutscher Gräber im ganzen Kreise bemühen, ebenfalls bei der Pflege engagieren. Sie waren von ihrer Schulleiterin angeregt worden, von verschiedenen Dorffriedhöfen im Kreise Fotos zusammenzutragen, die sie in einem Kellerraum der Schule ausstellten. Der Raum war abgedunkelt, die Wände mit den Fotosammlungen, Gedichten und Versen geschmückt; Lichter und leise Hintergrundmusik versetzten die Besucher in eine Stimmung wie in einer Totengruft. Es war schon beeindruckend, was junge Leute vollbringen, wenn sie entsprechende Anleitung bekommen.

Dann begaben sich alle zu dem im Jahre 2000 neu errichteten Denkmal auf dem Kirchberg, das genau an der Stelle steht, wo sich früher das Denkmal für 1866 und 1870/71 befand. Das neue Denkmal ist ein rötlicher Granitstein, der in der Eiszeit nach Masuren eingeschwemmt wurde, mit der neuen, völkerverbindenden Inschrift, die ins Deutsche übersetzt lautet:

"Zum Gedenken aller, dank derer wir in Frieden und in einer freien Heimat leben, und jener, die sich besonders um unsere Stadt seit ihrer Gründung im Jahre 1560 verdient gemacht haben.

Dankbare Bürger der Stadt Olecko im Jahre 2000"

Sowohl der Bürgermeister als auch der Kreisvertreter sprachen einige Worte anläßlich der Anbringung einer zusätzlichen Tafel mit der deutschen Übersetzung des polnischen Textes. Dr. Matthée führte aus:

"Sie, die heutigen Bewohner ... haben Mut und Weitblick für geschichtliche Wahrheit in Europa bewiesen, als sie das von mir als besonders negativ empfundene polnische Denkmal aus dem Jahre 1945 hier an dieser Stelle durch diesen Gedenkstein ersetzt haben. Wir Deutschen, nicht nur die hier Geborenen, begrüßen diese völkerrechtliche Entwicklung mit der polnischen Inschrift auf diesem Gedenkstein aus dem Jahre 2000. Um den polnischen Text auch für Fremde verständlich zu machen, haben wir diese Bronzetafel entworfen mit der Übersetzung, die sich streng an den polnischen Text hält.

In dankbarer Erinnerung an die Gründung unserer Stadt ... im Jahre 1560 durch Herzog Albrecht von Preußen und die seit dieser Zeit hier lebenden Menschen möchte ich im Namen der Kreisgemeinschaft Treuburg diesen Kranz mit den Schleifen in den Farben Deutschlands und Ostdeutschlands an beiden Gedenksteinen hier niederlegen."

In dem neu entstandenen Hotel am See neben dem "Jahnhaus" fand anschließend ein Empfang statt, der die Feierlichkeiten ausklingen ließ. Der Blick auf den See und das Moschner Ufer bei teilweise heftigem Schneetreiben ließ die Heimatvertriebenen wirklich "zu Hause" sein. Es sei daran erinnert, daß Treuburg am 22. Okto-ber 1944, also vor 59 Jahren, geräumt werden mußte, weil die Front in bedrohliche Nähe gerückt war. Für alle, die es damals erlebt haben, war es ein schmerzlicher Abschied und für viele, viele ein Abschied für immer.

Unterzeichnungsakt: Der Bürgermeister und der Kreisvertreter Treuburgs signieren ein Dokument über das erste deutsch-polnische Nachkriegsgemeinschaftsprojekt, das zusammen mit je einem Exemplar der Oleckoer Zeitung und derVerlegerin Münzen von 1872 und von heute, kurzen Familiengeschichten der Unterzeichner, zwei Treuburger Heimatbriefen sowie acht Postkarten der Stadt in eine Kassette gegeben wurde, die dann von den beiden in den Denkmalssockel verbracht und eingemauert wurde

Wiederhergestellt und neu eingeweiht: Das Denkmal aus der Vorkriegszeit dient, so seine Inschrift, "dem Andenken der in den ruhmreichen Feldzügen der Jahre 1866 und 1870/71 gefallenen Krieger aus dem Kreise Oletzko"

 
     
     
 
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