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FDP auf leisen Sohlen

 
     
 
Bald nach der deutschen Vereinigung begann der Einzelhandel in den Neuen Ländern "Produkte aus unserer Region" gesondert zu kennzeichnen. Die Kundschaft spricht wie die Medien von "Ostprodukten". Sie mag diese Form der Werbung, gibt sie dem Käufer doch das Gefühl, etwas für "seine Region" und die dortigen Arbeitsplätze zu tun.

Die politischen Parteien greifen gerne auf die Erkenntnisse der Werbewirtschaft zurück - in Wahlkampfzeiten zumal. So trafen sich die Liberalen genau einen Monat vor der anberaumten Bundestagswahl in ihrer Berliner Zentrale zum "Ost-Gipfel".

Wie sieht der "Ost-Gipfel" einer politischen Partei aus? Eingeladen werden die Mitglieder aus den Landesverbänden der Ex-DDR
und Berlin. Etwa 200 von ihnen sind erschienen.

Zunächst spricht der Parteichef Guido Westerwelle. Anders als bei der CDU, wo Angela Merkel immer als letzte kommt und eine abschließende Rede hält, ist Westerwelle als erster am Mikro. Er hält eine lupenreine Wahlkampfrede. Die FDP, sagt Westerwelle, sei eine gesamtdeutsche Partei - anders als Grüne, Linke oder CSU.

Als Stargast spricht Ekkehard Heilemann, der den "Oscar für den Mittelstand" gewonnen hat. Er ist Geschäftsführer eines Feinkostbetriebes. Die Firma wurde nach 1989 den Eigentümern zurückgegeben und verdient ihr Geld mit Fertiggerichten wie Soljanka-Suppe und Harzer Käse - typischen "Ostprodukten" eben.

Heilemann berichtet aus seiner Berufsausbildungspraxis: "Die beste Ausbildung nutzt nichts, wenn die Azubis mit einer Nullbockmentalität in der Ecke sitzen und sich nur für das neuste Handy mit dem schrulligsten Klingelton interessieren. Das ist in meinem Betrieb kein Einzelfall." Deswegen fordert er von den Politikern ein besseres Bildungssystem.

So weit, so gut. Aber Heilemann hat auch noch andere Forderungen parat, die so gar nicht ins liberale Konzept passen: Er fordert - unwidersprochen - die weitere großzügige Sonderförderung der mittelständischen Unternehmen in den Neuen Ländern. Das Beibehalten der Förderpraxis läge ihm sehr am Herzen, sagt er. Gleichzeitig fordert er aber auch eine "Verschlankung der Bürokratie".

Am Ende seines Beitrags geht der Unternehmer in den Jammerton über: "Geiz ist geil" sei eine bösartige Kampagne. Weil die "bösen" Konsumenten Joghurts für 19 Cent und das Glas Leberwurst für 59 Cent erwarteten, gebe es für Firmen wie die seine keine richtige Wertschöpfung mehr. Hier fehlte nur noch die Parole, der Staat müsse etwas für die Kaufkraft der Bürger tun, um die Konjunkturschwäche zu überwinden. Dann hätte Heilemann - zusammen mit seinem Wunsch nach weiteren Subventionen für seine Firma - ein lupenreines Linksprogramm formuliert. Doch kein anwesender Liberaler fordert den Unternehmer auf, die Marktfähigkeit seiner Produkte zu untersuchen, wenn er ohne Zuschüsse nicht mehr konkurrenzfähig sei - so wie es ihrer eigenen Programmatik geschuldet wäre. Alle klatschen und ignorieren den Widerspruch zu allem, was die FDP täglich einklagt. Warum? Weil das Spektakel sowieso niemand ernstnimmt? Das jedenfalls bleibt der triste Eindruck dieses Tages: Daß es der FDP letztlich nur darum ging, mit dem "Gipfel" ein eigenes "Ostprodukt" auf den Wahlkampfmarkt zu werfen, weil so etwas eben ankommt.
 
     
     
 
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