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Die Revolution von 1848-49 in Deutschland

 
     
 
Vor 150 Jahren führten vor dem Hintergrund einer gesamteuropäischen Wirtschaftskrise zunehmende nationale, wirtschaftliche, soziale und politische Spannungen in fast allen großen Staaten Europas mit Ausnahme von England und Rußland zu Revolutionen gegen die bestehende Ordnung. Die Kämpfe zur Verwirklichung liberaler, national
er und sozialer Ziele in den Jahren 1848 und 1849 endeten mit Niederlagen, die den von G. W. Hegel verkündeten Glauben an den Sieg der Idee über die Wirklichkeit erschütterten. Erschüttert wurde aber auch das 1815 beim Wiener Kongreß von den fünf europäischen Großmächten geschaffene politische System, dessen Symbolfigur, Fürst Metternich (Spitzname "Fürst Mitternacht"), abdanken und nach England fliehen mußte.

In Frankreich, das die dritte Revolution binnen 60 Jahren erlebte, ging es gegen die einseitige Interessensherrschaft des Großbürgertums, die Funken der Februar-Revolution sprangen nach Mittel- und Osteuropa über. In Italien und in den Ländern des Deutschen Bundes (insbesondere in Österreich und Preußen) strebte man nach einem Ende der Zersplitterung in Territorialstaaten, nach Beseitigung der alten Feudalordnung und der zum Teil noch absolutistischen Staatsverfassungen, kurz, nach einer großdeutschen Lösung in einem liberalen Staat. In Italien verband sich mit den nationalen und wirtschaftlichen Motiven noch zusätzlich der Wunsch, die habsburgische Fremdherrschaft abzuschütteln. Dasselbe Motiv lag der Revolution in Mittel-Osteuropa zugrunde, ergänzt durch den Kampf gegen soziale Ungerechtigkeiten. Die Ausgangsbedingungen und die zu lösenden Probleme differierten so erheblich, daß es zu keinem gleichförmigen Verlauf der einzelnen Revolutionen kam.

In den Ländern des Deutschen Bundes – einschließlich Österreichs und Preußens – hatte sich unter der Decke der Metternichschen Reaktion und auch unter dem Einfluß der Biedermeierkultur der Wunsch nach Freiheit, politischer Mitsprache und freiem Unternehmertum im Bürgertum aufgestaut. In nationaler Hinsicht strebten die revoltierenden Bürger nach einem einheitlichen gesamtdeutschen Nationalstaat, wobei sich auch in dieser Hinsicht der seit dem Siebenjährigen Krieg anstehende deutsche Dualismus negativ auswirkte. So gab es Anhänger eines gesamtdeutschen Staates unter österreichischer oder preußischer Führung, eine Teilung, die die nationaldemokratischen  Kräfte schwächte, die noch dazu übersahen, daß Preußen weder willens und angesichts der österreichisch-russischen Achse auch noch nicht fähig war, diese Rolle zu übernehmen. Österreich wiederum beharrte zwar eifersüchtig auf seiner Vormachtstellung in Deutschland, nicht zuletzt als Präsidialmacht des Deutschen Bundes und in der Person Erzherzog Johanns als Reichsverweser im Zusammenhang mit der Frankfurter Paulskirche. Wegen des hohen slawischen und ungarischen Bevölkerungsanteils, aber auch wegen seiner wirtschaftlichen Rückständigkeit und dem fehlenden politischen Weitblick war Österreich jedoch auch nicht bereit, diese Rolle zu spielen. In wirtschaftlicher Hinsicht ging es in der deutschen Revolution des Jahres 1848 um Beseitigung feudaler Hindernisse für die Entwicklung von Wirtschaft, Handel, Gewerbe und Industrie; dazu kam noch der Wunsch nach Sicherung der politischen und persönlichen Freiheit. Auch die Arbeiter gingen – zum Schrecken der Bürger – erstmals für bessere Lebensverhältnisse auf die Barrikaden, obwohl diese Revolution – allen modernen Umdeutungsversuchen zum Trotz – zweifellos vom Bürgertum und seinen Forderungen dominiert war.

Doch diese Bestrebungen "von unten" sollten in Deutschland an der übernationalen Struktur Österreichs und an preußischem Zaudern scheitern. Lediglich die Bauern wurden Nutznießer der Beseitigung der letzten feudalen Beschränkungen, mußten aber in der Folge mit den sich aus der wirtschaftlichen Freiheit ergebenden Problemen fertig werden.

In Deutschland, besonders im Süden, wurden in der ersten Phase der Revolution die sogenannten Märzforderungen formuliert – Pressefreiheit, Schwurgerichte, Volksbewaffnung, liberale Verfassungen in den Einzelstaaten und Einberufung eines gesamtdeutschen Parlaments. Nach Straßenkämpfen, so in Wien und Berlin, gelang es, die Regierungen zu Konzessionen zu bewegen; sie gewährten, wo noch keine bestanden, Verfassungen, garantierten die Pressefreiheit und ließen die Bildung liberaler Ministerien zu. Die politische Macht fiel in die Hände des liberalen Bürgertums.

Doch besonders in Deutschland stand der Liberalismus vor großen Problemen, die aus einer doppelten Aufgabe resultierten: so ging es nicht nur um die Schaffung eines nationalen Staates, sondern auch um die demokratisch-rechtsstaatliche Organisierung desselben. Die Revolution hatte die Neigung des Liberalismus zur friedlichen und allmählichen Umgestaltung sowie Bereitschaft zu Kompromissen mit konservativen Gewalten aufgezeigt. Doch sollte sich der Glaube der national-liberalen Bewegung an die stehenden monarchistischen Staaten als falsch und trügerisch erweisen. Das Scheitern der – nach dem gesamtdeutschen Bauernkrieg in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts – zweiten deutschen Revolution bereitete so den Weg zum "Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland" (Friedjung) des Jahres 1866 und zur Revolution von oben unter Otto von Bismarck.

Ihre schnellen Anfangserfolge verdankte die Revolution nicht zuletzt der breiten Unterstützung durch die städtische Bevölkerung: Bürger und Arbeiter, Handwerker und Gesellen, städtische Mittel- und Unterschichten kämpften im März 1848 gemeinsam auf den Barrikaden. Doch wurden im Verlauf der Revolution auch die sozialen Gegensätze der verschiedenen Gruppen immer deutlicher. Die Mehrheit des Bürgertums hinderte die unteren sozialen Schichten schon bald daran, die Revolution weiter voranzutreiben. Die Auseinandersetzung um deren radikalere politischen und sozialen Forderungen ließ nicht nur die anfängliche Einheit zerbrechen, sondern spaltete auch das Bürgertum selbst.

Trotz mancher Vorläufer vor allem im Westen und Süden Deutschlands wurde die Revolution 1848/49 auch zur eigentlichen Geburtsstunde der politischen Parteien in modernem Sinne. Mit der Aufhebung der Zensur und der Freigabe des Vereins- und Versammlungsrechts entfaltete sich schon in den Märztagen des Jahres 1848 eine breite politische und auch publizistische Tätigkeit. Vielerorts verfestigten sich die politisch-sozialen Richtungen organisatorisch so weit, daß fünf parteiartige Gruppierungen unterschieden werden konnten: Liberale, Demokraten, Konservative, der politische Katholizismus und die frühe Arbeiterbewegung. Dazu kamen noch alle Arten von wirtschaftlichen und sozialen Interessengruppen.

Die Arbeiterbewegung steckte 1848/49, was selbständige Organisation betrifft, noch ganz in den Anfängen. Oft waren die Arbeitervereine noch nicht eindeutig von der demokratischen Bewegung geschieden, auch die soziale Differenzierung (Handwerksgesellen, frühes Proletariat und besitzlose Unterschichten) stand vielfach noch einer einheitlichen Organisation entgegen. Mit dem Bund der Kommunisten um Karl Marx und Friedrich Engels meldeten sich auch sozialrevolutionäre Kräfte nachdrücklich zu Wort. Marx und Engels hatten wenige Tage vor Ausbruch der Märzrevolutionen in London ihr "Kommunistisches Manifest" veröffentlicht, das erste programmatische Dokument der internationalen Arbeiterbewegung, das die Revolution jedoch nicht beeinflußte und seine weltgeschichtliche Bedeutung erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts erreichen sollte.

Gescheitert sind die Revolutionen 1848/49 am Widerstand der alten Dynastien, der kaiser- und königstreuen Heere und Bürokratien, an den wachsenden Gegensätzen im eigenen Lager, am Mangel an politischer Erfahrung sowie – wie im Falle Ungarns und Schleswig-Holsteins – am Eingreifen des Auslandes. Der Wunsch nach nationaler Einheit blieb lebendig, doch wandte sich das politisch enttäuschte Bürgertum zunächst mehr der Lösung wirtschaftlicher Probleme zu.

Die bürgerlichen Liberalen scheuten vor den radikalen politischen Forderungen der Republikaner und Verfechtern der Demokratie zurück. Dazu kam der Interessenkonflikt zwischen Besitzenden und Besitzlosen, der sich im Zeitalter der industriellen Revolution ständig zuspitzte. So konnte die Reaktion zum Gegenangriff übergehen, die liberalen Ministerien durch konservative ersetzen, viele Parlamente auflösen und die Verfassungen revidieren. Die Monarchen regierten wieder absolut, ohne wirkliche Kontrolle durch das Volk. Meinungs- und Pressefreiheit wurden wieder durch Zensur und Polizei-Spitzelwesen eingeschränkt. 1851 hob der von Österreich und Preußen, den Hauptinstrumenten der Reaktion, wiedereingesetzte Deutsche Bund die "Grundrechte des Deutschen Volkes" wieder auf.

Eine Verhaftungswelle ging durch die Länder, es kam zu Militärtribunalen, standrechtlichen Erschießungen, Verurteilungen zu hohen Kerkerstrafen, anderweitigen Verfolgungen und Verboten "verdächtiger" politischer Vereine. Die Folgen waren Massenauswanderungen in die Schweiz, nach England und vor allem in die USA, was das demokratische Element in den Herkunftsländern beträchtlich schwächen sollte. Beispielsweise wanderten allein aus Baden etwa 80 000 Personen aus – etwa sechs Prozent der Bevölkerung dieses südwestdeutschen Landes!

Zahlreiche politische, nationale und soziale Gründe gab es für den Ausbruch der Revolution in Österreich 1848: wirtschaftliche Not von Arbeitern und Bauern, Massenarbeitslosigkeit durch rasche, aber unorganisiert durchgeführte Mechanisierung, erstarrter Konservatismus des Metternich-Systems mit seiner Verteidigung des monarchischen Absolutismus und Unterdrückung liberaler Bestrebungen durch ein hartes Polizeiregiment und strenge Zensur. Dazu kam das nationale Erwachen der Völker des Habsburgerstaates, insbesondere aber damals noch der Wunsch der Deutschen nach einer großdeutschen Lösung unter Österreichs Führung, der Ungarn und Italiener nach Eigenständigkeit. Die slawischen Völker des Habsburger Reiches erhoben damals noch nicht so weitreichende Forderungen, sondern verlangten Gleichberechtigung und "Autonomie" im Rahmen eines gemeinsamen Staates.

Es waren die Ideen der Aufklärung und der französischen Revolution, die den Studenten in Deutschland wachriefen. In diesem Sinn ist Heines Sonett an Rousseau vom 15. September 1820 zu verstehen. Es heißt da unter anderem: "Sei Deines Namen wert, für wahre Freiheit. Und freie Wahrheit kämpft mit deutschen Sinne (!): Schlag drein mit Wort und Schwert, sei treu und bieder ..." Die Farben der Burschenschaft, die aus dem Lützower Freikorps hervorgehen, werden zu den deutschen Farben, dem Schwarz-Rot-Gold, die man in Anlehnung an das revolutionäre Frankreich die "deutsche Trikolore" nennt. Die Farben dominieren das Wartburgfest der Burschenschaft von 1817; 1848 sind sie es, mit denen der Aufstand gegen die Monarchie und ihre Schergen begonnen wird. Die Wiener Revolution, die im März 1848 einsetzte, war die bedeutendste im ganzen deutschen Raum. Sie wurde durch die Soldaten von Windischgrätz und Banus Jellacic brutal niedergeschlagen. Das Strafgericht der Habsburger war furchtbar. Robert Blum, jüdisch, deutscher nationaler Abgeordneter der Paulskirche, wurde hingerichtet, und andere wackere Männer wie Hans Kudlich vertrieben (geschätzte Zahl der Opfer, exklusive Standrecht etc., 2500, Einwohnerzahl Wiens plus Vorstädte ca. 400 000).

Es war der 13. März 1848, an dem Wiens Arbeiter, Studenten und Bürger zur Revolution schritten. Der niederösterreichische Landtag war an diesem Tag zusammengetreten. Die Nichtbeantwortung von Petitionen mit politischen und sozialen Forderungen durch die niederösterreichischen Stände veranlaßte Universitätsprofessoren und Studenten anläßlich einer Sitzung der Ständevertretung am 13. März zu einer Demonstration in der Wiener Herrengasse, der sich auch Arbeiter aus den Wiener Vorstädten anschlossen.

Bereits zwei Tage vorher, am 11. März, hatten Schriftsteller, darunter auch Franz Grillparzer und Adalbert Stifter, eine Bitte um Milderung der Zensur, die Fürst Metternich glänzend eingerichtet hatte, vorgelegt. Europa war in Unruhe, soziale Not herrschte, die Bauern stöhnten unter den Fronarbeiten, das Gewerbe war verarmt, und die Studenten waren angewidert von dem damals üblichen österreichischen Protektionswesen. Der Student sah die Not; als am 13. März die Bauern zum Landtag gekommen waren, um die Aufhebung der Frondienste zu verlangen, waren auch die Studenten dort. Beeinflußt waren sie vom Geschehen in Frankreich, wo man wieder revoltierte. Im Hof des Landhauses erhebt sich der aus Budapest stammende jüdische Student Adolf Fischhof und hält eine feurige Rede, in der er, wie die Studenten am Vortag beschlossen hatten, "Preßfreiheit, Rede-, Lern-, Lehr- und Glaubensfreiheit" fordert. Die Studenten sind voll des Feuers und stürmen in den Sitzungssaal. Es kommt zum Tumult, der sich schnell in Wien herumspricht. Die notleidenden Arbeiter strömen aus den Vorstädten in die Stadt. Man fordert den Rücktritt Metternichs. Die Menschen toben, das kaiserliche Militär rückt gegen das Landhaus vor. Die Studenten lassen sich nicht einschüchtern. Die Studenten bewaffnen sich und gründen eine "Akademische Legion", die Bürger eine "Nationalgarde". Am Nachmittag desselben Tages setzte der Wiener Stadtkommandant Erzherzog Albrecht Militär gegen die Volksmenge ein, es gab die ersten Todesopfer, die sogenannten "Märzgefallenen". Wütende Demonstranten zogen in die Vorstädte, Barrikaden wurden errichtet, Fabriken in Brand gesteckt, Maschinen zerstört – in ihnen sah man eine Ursache für die Arbeitslosigkeit –, Geschäfte geplündert.

Der erste Gefallene ist ein Jude, der Techniker Spitzer. Am 17. März findet die große Leichenfeier für die Gefallenen statt. Sie beginnt mit einem um 9 Uhr in der Universitätskirche abgehaltenen Dankamt für die Errungenschaften der letzten Tage. Anton Füster, der Kaplan der Akademischen Legion, zu der sich die Studenten vereinigt hatten, wurde gebeten, den Leichenkondukt zu führen. Füster sah sich geehrt und teilte die Ehrung der erzbischöflichen Kurie mit. Auch erklärte er dieser daß er eine Rede halten wolle. Der Direktor der bischöflichen Kanzlei antwortete, die Abhaltung einer Leichenrede sei durch Regierungsdekret verboten. Füster, der hierin einen Akt der Zensur sah, antwortete kämpferisch: "Wenn ein Bischof, ein König oder Kaiser stirbt, hält man nicht zu Ehren des Verstorbenen Leichenreden? Und sind so viele Menschen, die überdies für die Freiheit gefallen, nicht mehr wert als ein Bischof oder Kaiser?"

Doch bereits am 14. März hatte der Kaiserhof dem Druck der Straße nachgegeben. Die Zensur wurde aufgehoben und der Erlaß eines Pressegesetzes und einer Verfassung zugesagt. Der zur Abdankung gezwungene Staatskanzler Clemens Wenzel Fürst Metternich flüchtete nach England, auch Polizeiminister Josef Sedlnitzky, der Hauptverantwortliche für die Zensur und das Spitzelwesen in der Ära Metternich, floh aus Wien. Nach der Wahl eines provisorischen Bürgerausschusses als Stadtverwaltungsinstanz bis zu freien Gemeinderatswahlen – zu den Forderungen der Bürger hatte auch die Gemeindeautonomie gezählt – floh auch der Wiener Bürgermeister Ignaz Czapka am 16. März aus der Stadt.

Die Aufhebung der Zensur und die Gewährung der Pressefreiheit bewirkten in der Folge eine lawinenartige Zunahme von Pressepublikationen. Viele von ihnen fielen später aber dem entstandenen Konkurrenzdruck zum Opfer.

Mittlerweile war es in Ungarn, Böhmen, Oberitalien und bei den Südslawen zu Aufständen gekommen, in Oberitalien sogar zu einem Krieg mit Piemont-Sardinien. Die Habsburgermonarchie stand vor dem Zerfall, in weiterer Folge sollte sich die Armee als Retterin der Situation erweisen. Am 26. April wurde in Krakau ein polnischer Aufstand unterdrückt. Im Prager Pfingstaufstand griffen tschechische und deutsche Revolutionäre zu den Waffen, doch wandten sich die Führer der tschechischen Nationalbewegung, so der Historiker Frantisek Palacky (1798–1876), gegen den Aufstand, der von der Armee unter Feldmarschall Alfred Fürst Windischgrätz blutig unterdrückt wurde. Unter Palackys Führung trat im Juni 1848 ein Slawenkongreß in Prag zusammen, der die Forderung nach nationaler Gleichberechtigung der Völker innerhalb der Donaumonarchie erhob. Erstmals wurde dabei auch der Wunsch nach einer gemeinsamen Zukunft von Tschechen und Slowaken vorgetragen.

Der kroatische Reichstag in Agram gab unter dem Druck der Ungarn den Plan zur Schaffung eines südslawischen Reiches auf. Der zum Banus (der Krone unterstellter Statthalter in den ungarischen Grenzregionen) gewählte Josip Jellacic (1801–1859) setzte in der Folge seine Truppen für die Monarchie und gegen Revolutionäre ein.

Das deutsche Bürgertum sah seine Stellung durch die Freiheitsbestrebungen der anderen Nationen der Monarchie gefährdet, begrüßte die Siege der kaiserlichen Armee und suchte Rückhalt in Deutschland, wo aber in Preußen und anderen Einzelstaaten ebenfalls die bürgerliche Revolution tobte.

Innenminister Franz Freiherr von Pillersdorf arbeitete die nach ihm benannte Verfassung aus, die aber nicht für Ungarn und die italienischen Gebiete der Monarchie gelten sollte. Von liberalen Kräften wurde die am 25. April 1848 erlassene Verfassung als zu wenig demokratisch abgelehnt. In der sogenannten "Sturmpetition" in der Wiener Hofburg verlangten Nationalgarden, Studenten und Arbeiter ihre Zurücknahme, Einberufung eines konstituierenden Reichstages und freies, allgemeines und direktes Wahlrecht. Nach Straßenkämpfen in Wien wurden diese Forderungen in der Nacht zum 16. Mai bewilligt, einen Tag später flohen Kaiser Ferdinand und die kaiserliche Familie vor den Unruhen nach Innsbruck, von wo sie erst am 12. August zurückkehren sollten. Die Pillersdorfsche Verfassung wurde im Juli zurückgenommen.

Als Folge von Studententumulten wurde am 24. Mai die Wiener Universität geschlossen, am 26. Mai kam es zu neuen Barrikadenkämpfen in Wien, ausgelöst durch den Plan der Auflösung der Akademischen Legion. Den unter dem Studenten A. Willner gebildeten "Arbeiterkomitees" gelang es, soziale Forderungen durchzusetzen, so den 10-Stunden-Arbeitstag, Lohnerhöhungen und die Gründung des ersten Arbeitervereins.

Am 26. Juni kam Erzherzog Johann als Vertreter des Kaisers nach Wien, konnte aber diese Funktion wegen seiner Berufung als "Reichsverweser" durch die am 18. Mai eröffnete Frankfurter Nationalversammlung nicht in gewünschter Weise ausfüllen. Er betraute am 8. Juli A. Doblhoff-Dier mit der Bildung eines demokratisch gesinnten Ministeriums und eröffnete am 23. Juli in der Winterreitschule der Hofburg den konstituierenden Reichstag. Dort beantragte Hans Kudlich am 26. Juli die schon vorher im Prinzip zugestandene Aufhebung der bäuerlichen Untertanenlasten, die am 7. September beschlossen und vom Kaiser sanktioniert wurde. Dadurch wurde die an der Revolution kaum beteiligte Bauernschaft wieder für die Krone gewonnen.

Bei der Ausarbeitung einer neuen Verfassung stieß der Reichstag wegen der Nationalitätenfrage auf Schwierigkeiten. Es ging vor allem darum, wie in ihr moderne liberale Auffassungen mit der Vielvölkerstruktur des Habsburgerreiches vereinbar gemacht werden konnten.

Wegen der Herabsetzung der Löhne für Frauen und Jugendliche kam es vom 21. bis 24. August zu Unruhen in Wien und anderen Industriezentren des Landes. Ohne militärische Hilfe wurden sie von der Stadtgarde in der sogenannten "Praterschlacht" niedergeschlagen, allerdings um den Preis von 22 Toten und über 300 Verwundeten.

Die sich in Ungarn zuspitzende Situation wirkte sich auch auf Österreich aus. Als am 5. Oktober in Wien stationierte Truppen den gegen die Ungarn kämpfenden kaiserlichen Kontingenten eingegliedert werden sollten, brach ein offener Aufstand aus. Studenten der "Akademischen Legion" verbündeten sich mit der Bürgerwehr, Arbeitern und meuternden Truppenteilen und versuchten, am 6. Oktober den Abmarsch der Truppen zu verhindern. Einheiten des Kriegsministeriums feuerten bei der Taborbrücke auf die Demonstranten. Es gab Tote und Verwundete, die Kämpfe weiteten sich auf das übrige Stadtgebiet aus, auch im Inneren des Stephansdomes wurde gekämpft. Kriegsminister Theodor Graf Latour wurde aus seinem (damals am Platz "Am Hof" gelegenen) Ministerium herausgezerrt und an einem Laternenmast gehenkt. Die kaiserliche Familie flüchtete erneut, diesmal nach Olmütz – Wien war in den Händen der Revolutionäre.

Kaisertreue Truppen beschlossen die planmäßige Rückeroberung Wiens. Vom 14. bis 23. Oktober 1848 riegelten drei Armeekorps unter Führung von Feldmarschall Windischgrätz die Stadt hermetisch von ihrer Umwelt ab und verhängten den Belagerungszustand; er sollte erst 1853 aufgehoben werden. Erste Kämpfe fanden in der Leopoldstadt und im Prater statt. Nach Ablauf eines 24stündigen Kapitulationsultimatums befahl Windischgrätz am 28. Oktober den Generalangriff.

Die Aufständischen unter Führung des polnischen Generals Jozef Bem, unter denen auch der aus Frankfurt nach Wien gekommene deutschnationale jüdische Abgeordnete Robert Blum mitkämpfte, leisteten verbissenen Widerstand (Blum kam übrigens nach Wien, weil sich seiner Ansicht nach in dieser Stadt das Schicksal Deutschlands entscheiden würde). Stadtkommandant Wenzel Messenhauser wollte am 29. Oktober kapitulieren, wurde aber durch die Nachricht über ein heranrückendes ungarisches Entsatzkommando davon abgebracht. Die Ungarn wurden bei Schwechat von Jellacic geschlagen.

Am 1. November wehte die weiße Fahne auf dem Stephansturm. Die Kämpfe in der Stadt, in der durch Artilleriebeschuß schwere Schäden entstanden waren, hatten über 2000 Gefallene gefordert. Die Stadt wurde von den kaiserlichen Truppen besetzt, der immune Abgeordnete Robert Blum, Wenzel Messenhauser und zwei Journalisten in den Tagen darauf standrechtlich erschossen. Alle Errungenschaften der Revolution wurden beseitigt, auch die Presse- und Vereinsfreiheit. Der Anfang November erstmals frei gewählte Gemeinderat konnte unter einschränkenden Bestimmungen seine Arbeit fortsetzen.

Am 2. Dezember 1848 dankte der regierungsunfähige Kaiser Ferdinand (Ferdinand der Gütige oder ironisierend auch "Gütinand der Fertige") in Olmütz zugunsten seines 18jährigen Neffen Franz Joseph ab. Felix Fürst Schwarzenberg, ein starrer Vertreter der absoluten Monarchie, half in der Folge dem jungen Kaiser, die erschütterte staatliche Autorität der Donaumonarchie wiederherzustellen. Der am 22. Oktober von Wien nach Kremsier (heute Kromeriz) verlegte Reichstag wurde am 7. März 1849 vom Kaiser und Schwarzenberg aufgelöst und eine neue zentralistische und auf dem Boden des monarchistischen Prinzips stehende Verfassung oktroyiert. In weiten Teilen der Monarchie übernahmen für längere Zeit Militärbefehlshaber die vollziehende Gewalt.

Die Revolution in Österreich war so gut wie gescheitert. Ursachen dafür waren das Fehlen eines Programms, einer zielbewußten Führung und von Persönlichkeiten, die die gewonnenen Rechte und Freiheiten hätten verteidigen können. Auch hätten sich bürgerliche Kreise und die Bauern bald von der revolutionären Bewegung in Wien distanziert. Wichtigste unmittelbare Ergebnisse der Revolution waren die Bauernbefreiung, die Auflösung feudaler Strukturen, die Modernisierung des Verwaltungswesens in Gemeinden und Bezirken sowie des staatlichen Gerichtswesens. Zu konstitutionellen Verfassungen kam es erst nach längerer Periode des Neoabsolutismus und der Niederlage der Habsburger bei Koniggrätz.

Das Jahr 1848 hat die Problematik der österreichischen Reichsidee in ihrer ganzen Schärfe aufgezeigt, der Gegensatz zwischen altem dynastischen Reichsgedanken und der neuen Idee, den habsburgischen Vielvölkerstaat auf der Grundlage der nationalen Gleichberechtigung und des föderalistischen Zusammenschlusses aufzubauen. Letzteres sollte die Grundfrage der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts werden, weil die österreichische Frage weder in zentralistischem noch in deutschnationalem Sinn zu lösen war. Die großösterreichische Lösung der deutschen Frage – also Vereinigung des Gesamtstaates Österreich mit Deutschland unter habsburgischer Führung – stieß auf entschiedene Ablehnung Preußens.

Das war aber nicht der ausschlaggebende Grund für ihr Scheitern; vielmehr verfügten die Habsburger über keine klaren Vorstellungen, welche Rolle sie in Deutschland wie spielen sollten. Auf der anderen Seite war der Kaiser nicht bereit, den Vormachtsanspruch in Deutschland aufzugeben oder gar mit Preußen zu teilen; andererseits verfügte er aber weder über die Mittel noch ein Konzept, diesen Anspruch im Sinne der nationalen Einigungsbestrebungen zu gestalten, wobei noch erschwerend die wirtschaftliche Rückständigkeit des Habsburger-Staates im Vergleich zu Preußen hinzukam.

Die zuerst in Südwestdeutschland formulierten "Märzforderungen" der in den Jahren zuvor immer stärker gewordenen liberalen Oppositionsgruppen in Deutschland zielten vor allem auf Pressefreiheit, Schwurgericht, konstitutionelle Verfassungen in den Einzelstaaten und Berufung eines deutschen Parlaments ab. In Preußen schlug die schon Anfang März spürbare Unruhe wenige Tage nach dem Sturz des österreichischen Staatskanzlers Metternich am 18. März 1848 in offenen Aufruhr um.

Die Ereignisse in Wien bewogen den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. (1841–1861), den "Romantiker auf dem Königsthron", zu liberalen Versprechungen. Bei einer Dankeskundgebung vor dem Berliner Schloß am 18. März fielen zwei Schüsse, die jedoch niemanden verletzten. Die Kundgebungsteilnehmer glaubten an Verrat. Barrikaden wurden errichtet, die blutigen Straßenkämpfe forderten bis zum 19. März unter den Demonstranten knapp 200 "Märzgefallene", das Militär beklagte 20 Tote. Ohne Zwang durch die militärische Lage befahl der König am 19. März den Rückzug des Militärs aus Berlin. Die Leichen der Opfer wurden in den Schloßhof gebracht, wo ihnen der König in demütigender Weise Ehre erweisen mußte.

Zwei Tage später versuchte Friedrich Wilhelm eine Rettung der Situation. Mit den Worten "Preußen geht fortan in Deutschland auf" kam er den Forderungen nach nationaler Einheit Deutschlands entgegen, ritt mit den deutschen Revolutionsfarben Schwarz-Rot-Gold durch Berlin und ließ eine Proklamation über die Einführung einer konstitutionellen Verfassung und die Erfüllung seiner Tage zuvor abgegebenen Versprechungen wie Pressefreiheit und Berufung eines liberalen Ministeriums veröffentlichen. Etwa zur gleichen Zeit brach in Posen ein Aufstand der polnischen Bevölkerung gegen die preußische Herrschaft aus, der vom preußischen Militär niedergeschlagen wurde.

L. Camphausen trat am 29. März an die Spitze eines liberalen Ministeriums, Wahlen für eine preußische Nationalversammlung wurden ausgeschrieben, die Frage einer deutschen Reichsverfassung wurde jedoch in der Folge nicht von Preußen, sondern von der Frankfurter Nationalversammlung in die Hand genommen, die am 18. Mai 1848 zusammentrat. In der am 22. Mai zusammengetretenen konstituierenden Nationalversammlung Preußens überwog die Linke, so daß sich in der Folge der Konflikt zwischen Parlament und dem König zuspitzte.

Ein Verfassungsentwurf vom 12. Oktober sollte von der Nationalversammlung, die schon die Abschaffung des Adels und den Abbau der letzten bäuerlichen Lasten beschlossen hatte, auf demokratischen Boden gestellt werden. Mit 217 gegen 134 Stimmen wurden auf Antrag die Worte "von Gottes Gnaden" im Titel des Königs aus der Eingangsformel gestrichen, was den König, einen entschiedenen Anhänger des Gottesgnadentums, empörte.

Die Ernennung des reaktionären Generalleutnants F. W. von Brandenburg, eines Verwandten des Königshauses, zum Regierungschef, führte zu neuen Unruhen in Berlin. Die Nationalversammlung lehnte am 2. November fast einstimmig das Ministerium ab. Eine Deputation, die dies am 3. November dem König mitteilen wollte, wurde von ihm nicht angehört; daraufhin rief ihm der Abgeordnete Johann Jacoby die berühmtem Worte zu: "Das ist immer das Unglück der Könige gewesen, daß sie die Wahrheit nicht hören wollen!" Dieser Ausspruch trug Jacoby ein Gerichtsverfahren ein.

Am 10. November 1848 zogen auf Weisung des Königs (von ihm stammt der Ausspruch "Gegen Demokraten helfen nur Soldaten") etwa 40 000 Soldaten unter dem Befehl von General von Wrangel widerstandslos in Berlin ein. Der über die Stadt verhängte Belagerungszustand stieß auf Widerstand demokratischer Gruppen, es kam wieder zu Straßenkämpfen. Nach Auflösung der Bürgerwehr wurde die Nationalversammlung am 27. November in die Stadt Brandenburg abgeschoben. Schließlich verfügte König Friedrich Wilhelm am 5. Dezember die Auflösung der Nationalversammlung und oktroyierte eine neue Verfassung mit einigen Konzessionen, die das liberale Bürgertum besänftigten. Später in konservativem Sinn revidiert, trat sie am 2. Februar 1850 in Kraft und sollte in Preußen bis zur Revolution vom 9. November 1918 ihre Geltung behalten.

Wenige Tage nach der Pariser Februarrevolution war es im Großherzogtum Baden zu Unruhen gekommen. Eine Volksversammlung in Mannheim verlangte Presse- und Vereinsfreiheit, Schwurgerichte und allgemeine Volksbewaffnung, doch spalteten sich die Revolutionäre in einen liberal-gemäßigten und demokratisch-radikalen Flügel. Die badische Regierung wechselte einige Minister aus und gab den Forderungen nach, diesem Beispiel folgten rasch einige andere deutsche Klein- und Mittelstaaten.

Im April 1848 rief der Jurist und badische Kammerabgeordnete Friedrich Hecker in Konstanz das Volk zum bewaffneten Kampf für Demokratie auf, fand aber nur wenige Anhänger, seine Streitmacht wurde in Kandern nördlich von Basel aufgerieben, worauf er in die Schweiz und dann in die USA emigrierte. Im zweiten badischen Aufstand rief am 21. September 1848 Gustav Struve in Lörrach die "deutsche soziale Republik" aus. Der Aufstand wurde schon fünf Tage später von badischen Truppen niedergeschlagen.

In Bayern war seit 1830 eine reaktionäre Regierung am Ruder. Hochspannung rief das Auftreten der Tänzerin Lola Montez, der Geliebten König Ludwigs I., hervor. Im Februar 1848 drohte eine Revolution. Der zur Erfüllung der liberalen "Märzforderungen" gezwungene König, in seinem monarchischen Selbstbewußtsein tief verletzt, dankte am 20. März ab; sein Nachfolger Maximilian II. erfüllte innenpolitisch die meisten Begehren der Revolution.

In Württemberg, Kurhessen (Hessen-Kassel) und im Großherzogtum Hessen-Darmstadt kam es unter dem Eindruck der europaweiten revolutionären Bewegungen ebenfalls zu Regierungsbildungen bzw. Verfassungsänderungen im liberalen Sinne. Doch bald setzten sich reaktionäre Kräfte durch, und in allen drei Ländern gab es eine Restauration. Die Verfassungskämpfe in Kurhessen veranlaßten den nach der Revolution wiederbegründeten Deutschen Bund zum Eingreifen, österreichische Truppen besetzten Hanau, preußische Kassel. Fast kam es zu einem Zusammenstoß zwischen Österreich und Preußen. Berlin steckte, auch unter russischem Druck, zurück, die Kriegsgefahr konnte in der Olmützer Übereinkunft, einer Niederlage Preußens, 1850 beigelegt werden.

Zu Aufständen im preußischen Rheinland, Sachsen, der Pfalz und zum dritten Mal in Baden kam es im Frühjahr 1849, als es Aufrufe zur Durchsetzung der von der Frankfurter Nationalversammlung beschlossenen Reichsverfassung gab. Diese war von 28 deutschen Staaten anerkannt, doch von den Regierungen fast aller großen Länder Preußen, Sachsen und Bayern abgelehnt worden. Es gab auch Forderungen nach Durchsetzung der Verfassung mit Waffengewalt. Am 3. Mai 1849 erfolgte in Dresden ein Sturm auf das Zeughaus, König Friedrich August II. mußte fliehen. Eine provisorische sächsische Regierung wurde eingesetzt, Barrikaden gegen sächsisches Militär und anrückende preußische Truppen errichtet. Nach sechs Tagen Kämpfe unterlagen die Aufständischen, unter denen sich auch der Anarchist Michail Bakunin, der Baumeister Gottfried Semper und der Kapellmeister und Komponist Richard Wagner. Wagner wurde in der Folge steckbrieflich gesucht; er flüchtete nach Weimar.

Eine Großkundgebung badischer Republikaner in Offenburg forderte am 13. Mai 1849 die Errichtung einer badischen Republik sowie umfangreiche demokratische und soziale Reformen. Meutereien des Militärs in den wichtigsten Festungen des Landes ermunterten die Demokraten zum offenen Aufstand. Er wurde von preußischen Truppen unter dem Oberbefehl von Prinz Wilhelm in fast zweimonatigem Kampf niedergeschlagen, so daß der spätere preußische König und deutsche Kaiser als "Kartätschenprinz" in die Geschichte einging. Rastatt, die letzte Festung und Ausgrabungspunkt der Revolution, fiel am 23. Juli.

Bis Ende Oktober 1849 verhängten preußische Militärtribunale Todesurteile, Kerkerstrafen und Verbote suspekter Organisationen. Die Gefängnisse füllten sich mit Revolutionären, soweit ihnen nicht die Flucht in die Schweiz oder nach Amerika gelungen war. Einer von ihnen war Carl Schurz, der es in den USA zum Innenminister unter Präsident Rutherford B. Hayes (1877–1781) brachte.

Seit Beginn des 19. Jahrhunderts erhoben in Ungarn Adel, Intelligenz, aber auch die im Reich der Stephanskrone lebenden Nationalitäten wie Kroaten, Serben, Rumänen und Slowaken nationale und liberale Reformforderungen. Besonders Graf Istvan Szechenyi (1791–1860) erkannte die Notwendigkeit wirtschaftlicher und sozialer Umgestaltungen nach westeuropäischem Vorbild, um Ungarns Rückständigkeit auf zahlreichen Gebieten wettzumachen. Eine Änderung des Verhältnisses zu Österreich strebte er nicht an.

In den 40er Jahren trat der Advokat, Landtagsabgeordnete und Journalist Lajos Kossuth (1802–1894) mit seinen radikalen nationalen und liberalen Forderungen immer mehr in den Vordergrund, mit seiner zündenden Rednergabe beherrschte er die öffentliche Meinung: Sprachrohr für seine Forderungen war die von ihm gegründete Zeitung "Pesti Hirlap". Eine andere Reformgruppe um Jozsef Eötvös forderte ein zentralisiertes Parlament auf der Grundlage des allgemeinen Wahlrechts. Eine dritte Gruppe um den revolutionären Dichter Sandor Petöfi, dessen "Nationallied/Nemzet in dal" zur Hymne der Revolution avancieren sollte, hing radikalen republikanischen Ideen an und befürwortete die sofortige Aufhebung der Leibeigenschaft.

Kossuth hatte am 3. März 1848 im Landtag in Preßburg eine heftige Anklage gegen das Metternich-System geführt und die Forderungen der Opposition vorgebracht: Beseitigung der Privilegien der oberen Stände und der bäuerlichen Lasten, Pressefreiheit, konstitutionelle Regierung. Am 15. März kam es aufgrund der Nachrichten aus Paris und Wien unter Führung Petöfis und der sogenannten "Märzjugend" (junge Dichter und Schriftsteller) in Pest zu einem zunächst unblutigen Aufstand. Der ständische Landtag verabschiedete die von Kossuth geforderten Reformen, Kaiser Ferdinand I. (als ungarischer König Ferdinand V.) ernannte eine verantwortliche Regierung unter Lajos Batthyany mit Kossuth als Finanzminister – ihr gehörten auch Szechenyi, Eötvös und der spätere Aussöhnungspolitiker Ferenc Deak an – und bestätigte die Reformen in den sogenannten "Aprilgesetzen" am 11. April: Parlament mit zwei Kammern alle drei Jahre gewählt, reformiertes Wahlrecht, einheitliche Steuern, Bauernbefreiung, Freihandel, Beteiligung von Nicht-Adeligen an der Lokalverwaltung, Presse- und Religionsfreiheit, Union mit Siebenbürgen, Bildung einer Nationalgarde.

Zwei Schwachpunkte wiesen diese Aprilgesetze auf: das Verhältnis Ungarns zur Gesamtmonarchie war nicht definiert und es waren auch keine Rechte für die nationalen Minderheiten Ungarns vorgesehen. So konnten Konterrevolutionäre die Lage ausnützen und die neu geschaffene demokratische Ordnung unterminieren.

Die neue Regierung sah sich Bauernunruhen und Aufständen der Nationalitäten gegenüber, die mehr und mehr die Unterstützung Wiens gewannen. Rumänen und Serben erhoben sich und stellten Autonomieforderungen, magyarische Herrenhäuser wurden angegriffen.

Das am 5. Juli in Pest konstituierte Parlament forderte ein eigenständiges ungarisches Finanz- und Kriegsministerium, was von der Wiener Regierung Ende August abgelehnt wurde. Am 10. September trat die Regierung Batthyany zurück; jedoch schon eine Woche später bildete Batthyany eine neue Regierung. Mittlerweile waren der Banus Josip Jellacic mit Truppen von Süden, slowakische Freiwilligenverbände von Norden in Ungarn eingedrungen. Erzherzog Stephan legte die Würde eines Palatin (Vertreter des Monarchen in Ungarn) nieder und floh aus Ungarn. Der zum neuen Oberbefehlshaber der Truppen in Ungarn ernannte Generalleutnant Franz Philipp Graf Lambert wurde am 28. September auf der Pester Seite der berühmten Kettenbrücke ermordet. Sein Nachfolger wurde Jellacic.

Nun gewannen die radikalen Kräfte um Kossuth in Ungarn die Oberhand. Als Vorsitzender des Landesverteidigungsausschusses organisierte Kossuth die Honved (befristet angeworbene Freiwillige, ab 1867 trug die ungarische Landwehr diese Bezeichnung); er rief zum Freiheitskampf auf und trieb zum Bruch mit Österreich, den Batthyany immer hatte vermeiden wollen.

Am 31. Oktober 1848 war die Revolution in Wien niedergeschlagen worden, ungarische Truppen hatten vorher vergeblich versucht, ihr zu Hilfe zu eilen. Am 2. Dezember hatte in Olmütz König Ferdinand V. zugunsten seines Neffen Franz Joseph auf den Thron verzichtet. Dieser Thronwechsel wurde ungarischerseits nicht anerkannt. Die Wiener Behörden lösten das ungarische Parlament auf und stellten das Land unter Kriegsrecht.

Im Dezember 1848 starteten kaiserliche Kräfte, die bis dahin die Nationalitäten zur Revolte gegen die Ungarn aufgestachelt hatten, eine Offensive gegen die Ungarn. Nach einigen Niederlagen der Ungarn setzte ein erfolgreicher Vormarsch der Honved ein, so daß im Frühjahr 1849 weite Teile Ungarns für Österreich verloren schienen. Die polnischen Freiwilligen Jozef Bem und Henryk Dembinski errangen in Siebenbürgen viele Siege für Ungarn. Bei einem dieser Gefechte nahe Schäßburg (heute Sigisora) fiel Sandor Petöfi.

Am 4. März 1849 wurde in Österreich eine zentralistische Verfassung für das Habsburgerreich oktroyiert, die für Ungarn nur einen Provinzstatus vorsah. Das vor den vorrückenden österreichischen Truppen zu Jahresbeginn 1849 zusammen mit dem Verteidigungsausschuß von Pest nach Debrecen verlegte ungarische Parlament proklamierte am 14. April in der Hauptkirche der Stadt die Unabhängigkeit Ungarns, die Absetzung der Habsburger und wählte Lajos Kossuth zum Reichsverweser. Die Proklamation begann mit folgenden Worten:

"Wir, die Nationalversammlung, die den ungarischen Staat gesetzlich vertritt, versetzen Ungarn durch diese feierliche Erklärung in seine unveräußerlichen natürlichen Rechte zurück, gliedern es in die Reihe der selbständigen unabhängigen Staaten Europas ein und erklären das treubrüchige Haus Habsburg-Lothringen vor Gott und der Welt für alle Zeiten des Thrones für verlustig ..."

Da die österreichischen Truppen mit den Ungarn nicht fertig wurden – dreimal wurde 1849 der Oberbefehlshaber abgelöst –, erbat Franz Joseph von Rußland Waffenhilfe, die Zar Nikolaus I., der "Gendarm Europas", dem jungen Herrscher bei einer Zusammenkunft in Warschau im Mai 1849 gewährte. Der Zar hatte auch selbst Gründe für diese Intervention – er fürchtete, ein siegreiches revolutionäres Ungarn, wo polnische Freiwillige kämpften, könnte die Fackel des Aufstandes auch in das russische Polen tragen.

In der ersten Junihälfte 1849 drangen zwei russische Armeen unter Führung des Statthalters in Polen, Fürst Paskjewitsch, von Norden und Südosten in Ungarn ein, Jellacic und Fürst Windischgrätz mit ihren Truppen von Westen. Am 13. August mußte Honved-Oberbefehlshaber Arthur von Görgey bei Vilagos kapitulieren – er tat dies vor den Russen, nicht vor den Österreichern. Zwei Tage vorher hatte Kossuth sein Amt als Reichsverweser niedergelegt und diese Befugnisse auf Görgey übertragen. Kossuth und viele prominente Ungarn flüchteten in das Osmanische Reich und von dort aus nach Westeuropa bzw. Amerika. Feldmarschall Julius Haynau ließ 13 Honved-Generäle, auch den kompromißbereiten früheren Ministerpräsidenten Batthyany sowie andere Aufstandsführer hinrichten, mehrere geflüchtete, so Kossuth und Juhus Andrassy, in effigie. Für die Ungarn ging er als "Schwarz-gelber Bluthund" in die Geschichte ein. Die Festung Komarom (Komorn) hielt sich bis Oktober.

Ungarn wurde in fünf Provinzen unter Militärverwaltung eingeteilt, nach Aufhebung des Besatzungsregimes als Bestandteil der Gesamtmonarchie im Sinne des Neoabsolutismus verwaltet. Im Oktoberdiplom von 1853 wurden die meisten sozialen Reformen von 1848 bestätigt, die Ungarn leisteten aber passiven Widerstand. Erst nach den Niederlagen Österreichs von 1859 und 1866 kam es im Jahr 1867 zu dem von Ferdinand Beust (Österreich), Ferenc Deak und dem inzwischen amnestierten Juhus Andrassy vorbereiteten Ausgleich. Ungarn erhielt interne Autonomie im Rahmen der Donaumonarchie, nur Währung, Finanzen, Verteidigung und Außenpolitik sowie der Herrscher waren gemeinsam. Der emigrierte Kossuth blieb zeit seines Lebens ein Gegner des Ausgleichs, den er als Verrat an den Ideen von 1848 einstufte. Er starb 1894 in Turin.

*

Reformen im 18. Jahrhundert und die Vereinheitlichung in Verwaltung, Verfassung und Jurisprudenz in der Napoleonischen Ära hatten in Adel und gehobenem Bürgertum der italienischen Halbinsel den Wunsch nach nationaler Selbständigkeit aufkeimen lassen. Die Fremdherrschaft wurde nach 1815 in teils wirkungslosen Aktionen von Geheimbünden, so der Carbonari, bekämpft. Zu offenem Widerstand kam es erst nach der Pariser Julirevolution 1838, doch fehlte den Aufständischen noch die breite Unterstützung der Bevölkerung. Je nach politischer Anschauung sollte die nationale Führung Italiens entweder durch den Papst oder den König von Sardinien-Piemont erfolgen. Noch fehlte ein einheitlicher Plan zur Erreichung des allseits gewünschten Endes der Fremdherrschaft.

Hoffnung setzte man auf den 1846 gewählten Papst Pius IX., dessen Reformpolitik und Sympathie für nationale italienische Bestrebungen von Österreichs Staatskanzler Metternich, für den Italien nur ein "geographischer Begriff" war, mißbilligt wurden. Italienische Nationalisten sahen in ihm, mehr als er wünschte, einen Nationalheld. Als er sich aber dann 1848 weigerte, Österreich den Krieg zu erklären, war es mit seiner Popularität dahin. Nach einem Aufstand in Palermo im Jänner 1848 war der Herrscher des Königreiches beider Sizilien, Ferdinand II. (1831–1859), zum Erlaß einer konstitutionellen Verfassung gezwungen. Dem Beispiel folgten bald Sardinien-Piemont, die Toskana und der Papst im Kirchenstaat.

In dem nach dem Wiener Kongreß Österreich zugeschlagenen Lombardo-Venetianischen Königreich war seit 1831 Josef Wenzel Radetzky militärischer Oberbefehlshaber. 1848 unterstanden ihm dort 70 000 Mann, ein Drittel der damaligen österreichischen Armee. Die revolutionären Ereignisse hatte er seit einiger Zeit kommen sehen. Erster Vorbote war im Jänner 1848 der sogenannte Zigarrenrummel, Proteste gegen das österreichische Tabakmonopol. Auf die Nachricht vom Ausbruch der Revolution in Wien am 13. März 1848 erhoben sich am 17. März Venedig und einen Tag später Mailand. In Venedig proklamierten die aus der Haft befreiten Daniele Manin und Niccolo Tommaseo die unabhängige Republik San Marco. In Mailand beschloß nach fünftägigen Straßen- und Barrikadenkämpfen (den berühmten "Cinque Giornati") Radetzky angesichts der Erhebung auch der Landbevölkerung und in Gewißheit des Eingreifens des Königreiches Sardinien, die Stadt zu räumen und sich mit seinen Truppen in die Gegend des "Festungsviereckes" (Verona, Peschiera, Mantua, Legnago) zurückzuziehen. Dies geschah in der Nacht auf den 24. März.

Sardinien-Piemont unter seinem König Carlo Alberto ergriff die Partei der Aufständischen, seine Truppen rückten am 25. März in die Lombardei ein, besetzten Mailand und stießen sogar in den Bereich des Festungsviereckes vor. Aus den Herzogtümern Parma-Piacenza und Modena, aus dem Kirchenstaat, sogar aus der Toskana (deren Großherzog Leopold II. ein Cousin des österreichischen Kaisers war) stießen Freiwillige als Verbündete zu den Aufständischen. 30 000 Mann unter dem Befehl des päpstlichen Generals Durango besetzten von Ferrara aus im Rücken Radetzkys die venetianischen Städte Padua, Vincenza und Treviso und suchten den von Görz aus anrückenden Verstärkungen für die kaiserlichen Truppen den Weg nach Verona zu verlegen.

Ein erster Sieg über die Piemontesen gelang den Österreichern am 6. Mai 1848 bei Santa Lucia (am westlichen Stadtrand von Verona). In dem von der Revolution erschütterten Wien war man zur Nachgiebigkeit gegenüber Sardinien-Piemont bereit, Radetzky, den inzwischen Verstärkungen erreicht hatten, war aber bereits in die Offensive übergegangen. Ein Vorstoß auf Goita war erfolglos, mit zwei Armeekorps eroberte er aber Vicenza, Padua und Treviso zurück, so daß die Terra Ferma, das venetianische Festland, wieder in seiner Hand war. Nachdem weitere Verstärkungen aus dem Inneren der Monarchie angerollt waren, konnte Radetzky Carlo Alberto bei Curtatone, Sommacampagna und dann am 25. Juli entscheidend bei Custoza (alle südwestlich von Verona) schlagen. Zehn Tage später standen die Österreicher vor Mailand, in das Radetzky am 6. August wieder einzog. Am 9. August wurde der Waffenstillstand von Salasco geschlossen.

Nachdem der Waffenstillstand Mitte März von Carlo Alberto aufgekündigt worden war, hatte Radetzky die österreichischen Truppen binnen vier Tagen bei Pavia zusammengezogen. Sie überschritten am 20. März 1849 die Grenze zu Piemont, siegten am 21. März bei Mortara und am 23. März bei Novara. Ein Aufstand im lombardischen Brescia wurde vom österreichischen General Julius Haynau unter Einsatz eines ganzen Armeekorps mit besonderer Härte niedergeworfen, dies trug ihm die Bezeichnung "Hyäne von Brescia" ein.

Der sardische Kronprinz Viktor Emanuel begab sich persönlich in das österreichische Lager bei Vignale, es gelang ihm dort unter Hinweis auf die schwierige innere Lage seines Königreiches, von Radetzky eine Milderung der Waffenstillstandsbedingungen zu erreichen. In Wien wurde dies nichtig aufgenommen. Am 26. März wurde in Novara der Waffenstillstand unterzeichnet, der Feldzug war damit nach nur 100 Stunden Dauer zu Ende. Carlo Alberto dankte ab. Eine Besetzung Piemonts lehnte Radetzky ab, er wollte seine Armee nicht verzetteln, auch weil die Revolution in Österreich noch nicht niedergeworfen war – in Ungarn wurde zu dieser Zeit schwer gekämpft.

Der Friede von Mailand vom 6. August 1849 stellte die alten Zustände wieder her. Kurz darauf mußte auch Venedig nach einer Land- und Seeblockade, die zu Hunger und Seuchen in der Stadt geführt hatte, am 22. August vor Radetzkys Truppen kapitulieren. Als Zivil- und Militärgouverneur hielt Radetzky in den folgenden Jahren Ruhe und Ordnung im Lombardo-Venetianischen Königreich mit eiserner Strenge aufrecht.

Der 1848 aus Parma vertriebene Herzog Karl II. dankte am 14. März 1849 nach Proklamation des Anschlusses an Sardinien-Piemont durch die provisorische Regierung zugunsten seines Sohnes Karl II. ab. Dieser konnte schon im April 1849 mit österreichischer Hilfe nach Parma zurückkehren. Großherzog Leopold II. der Toskana hatte im Februar 1849 vor radikalen Demokraten unter F. A. Guerazzi fliehen müssen. Dessen Herrschaft wurde im April 1848 ebenfalls durch österreichische Truppen beseitigt, unter deren Schutz Leopold nach seiner Rückkehr einen reaktionären Kurs einschlug und 1852 die Verfassung aufhob.

Revolutionäre Unruhen im Kirchenstaat, in deren Verlauf der päpstliche Minister Pellegrino Rossi ermordet worden war, hatten Papst Pius IX. im November 1848 zur Flucht nach Gaeta bewogen. Im Februar 1849 riefen Giuseppe Mazzini und der Freischärlerführer Giuseppe Garibaldi" im idealen Zentrum der Nation" die Römische Republik aus, der Papst rief Österreich, Frankreich und Neapel-Sizilien zu Hilfe. Österreichische Truppen besetzten im April 1849 den nördlichen Teil des Kirchenstaates, die Franzosen Rom nach heftigen Kämpfen kurze Zeit später. Papst Pius kehrte erst 1850 nach Rom zurück, wo im Einverständnis mit Österreich, aber gegen das Drängen Frankreichs, die alte Ordnung wiederhergestellt wurde.

In Neapel hatte Ferdinand II. schon im Mai 1848 durch einen reaktionären Staatsstreich die wenige Monate zuvor gewährte Verfassung außer Kraft gesetzt. Er bekämpfte den sizilianischen Aufstand, der sich bis 1849 hinzog, mit allen Mitteln, so daß er sich den Haß der Bevölkerung zuzog – er wurde "Rebomba" genannt. Von seiner Schreckensherrschaft ließ er trotz britischer und französischer Vorstellungen nicht ab. 1859 erlag er den Folgen eines drei Jahre vorher auf ihn verübten Attentats.

Nachdem die beiden Revolutionsjahre in einer für die Italiener aussichtslos erscheinenden Lage geendet hatten – fast überall kam es in der Folge zu harten Unterdrückungen nationaler und liberaler Bewegungen –, richtete sich die Hoffnung der Patrioten auf Sardinien-Piemont unter dem neuen König Viktor Emanuel II., dem einzigen italienischen Staat, in dem die 1848 gewährte Verfassung bestehen blieb. Den Utopien eines italienischen Fürstenbundes unter päpstlichem Vorsitz und dem radikalen republikanischen Programm eines Mazzini setzte er in der Folge das Ideal eines Königreichs Italien unter  sardisch-piemontesischer Führung entgegen.

*

Frankreich erlebte unter dem "Bürgerkönig" Louis-Philippe (1830–1848) die goldenen Tage bürgerlichen Unternehmertums. Mit der Entwicklung der kapitalistischen Wirtschaft gab es auch die Anfänge eines Proletariats und die ersten Regungen sozialistischer Ideen. Die vom Bürgertum vertretene Politik des "Juste milieu" wurde von den extremen Parteiungen von rechts und links, den bourbonischen Legitimisten, den Bonapartisten, deren Präsident Louis Napoleon 1836 und 1840 Putschversuche unternommen hatte, 1846 aus dem Gefängnis nach England floh und dort seine Stunde abwartete, und den Republikanern bekämpft.

Seit Louis-Philippe sich ab 1844 an das von Metternich konservativ organisierte Europa annäherte, verstärkte sich die Opposition in Frankreich, zu der auch die Intelligenz und Studenten stießen. Die Wirtschaftskrise 1846/47 (Folge u. a. von einer Kartoffelkrankheit und von industrieller Überproduktion) und die dadurch ausgelöste Hungersnot radikalisierte das neue Proletariat. "Reformbankette" mit Forderungen vor allem nach einer Reform des herrschenden Zensus-Wahlrechts und der Errichtung von Nationalwerkstätten zur Arbeitssicherung wurden verboten. Dieses Verbot bewog Studenten und Arbeiter zu Demonstrationen; am 22. Februar 1848, einen Tag später, kam es zu Barrikadenkämpfen, und am 24. Februar erfolgte ein Sturm auf das Palais Royal. Heinrich Heine bewunderte in diesen Tagen das "Talent der Franzosen beim Barrikadenbau". Demonstranten drangen in den Sitzungssaal der Kammer ein und erzwangen die Proklamation der Republik. Der "Bürgerkönig" Louis-Philippe dankte ab und floh nach England. Wie in der Julirevolution 1830 war in "drei glorreichen Tagen" der Umsturz vollzogen, wie 1789 war eine Reform in eine Revolution übergegangen. In der Provinz wurde die Revolution aber als eine in Paris und in erster Linie für die Pariser gemachte Umwälzung angesehen.

Die proklamierte Zweite Republik trug nicht rechtsbürgerlich-konstitutionelle, sondern linksbürgerlich-republikanische und auch sozialistische Züge, die die Furcht der Bürger und Bauern vor gesellschaftlichem Umsturz weckten. Arbeitsminister Louis Blanc, ein sozialistischer Theoretiker, verkündete das "Recht auf Arbeit" und errichtete Nationalwerkstätten zur Beschäftigung von Arbeitslosen, Innenminister Alexandre-Auguste Ledru-Rollin war Vorkämpfer des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes, das am 4. März verkündet wurde. Der romantische Dichter Alphonse de Lamartine richtete als Außenminister ein Manifest an Europa: Die Französischen Revolutionäre von 1848 würden nicht wie jene von 1792 Revolutionsideen mit Feuer und Schwert verbreiten, betonte jedoch, daß die Verträge von 1815 in den Augen der Franzosen nicht mehr existierten.

Die Wahlen zur Nationalversammlung brachten in der 900 Sitz fassenden Nationalversammlung der bürgerlich-gemäßigten Mehrheit 450 Sitze. Die radikalen Republikaner erhielten 200 Sitze, ebenso viele die Anhänger des abgeschafften "Bürgerkönigtums". 50 Sitze fielen an die Anhänger der 1830 gestürzten Bourbonen. Die bürgerliche Mehrheit wandte sich ebenso gegen eine auswärtige Interventionspolitik, z. B. in Polen oder Italien, wie gegen eine radikale Entwicklung im Inneren.

Radikale Elemente, denen der parlamentarische Weg zur Macht versperrt war, veranstalteten Straßendemonstrationen unter Führung des Sozialisten Louis-Auguste Blanqui, der die Rote Fahne statt der Trikolore und eine "Diktatur des Proletariats" anstrebte. Als der Vollzugsausschuß der Nationalversammlung die Nationalwerkstätten wegen Unrentabilität schloß, kam es zum Juni-Aufstand der Arbeiter. Nicht nur Großbürgern, sondern auch Kleinbürgern und der Masse der ländlichen Bevölkerung saß die Angst vor einem zweiten Robespierre und einer neuen Terrorherrschaft im Nacken. Wieder wurde nach einem "starken Mann" gerufen und in Kriegsminister General Louis-Eugene Cavaignac gefunden. Im Auftrag der gewählten Volksvertretung ließ er die "rote Gefahr" zusammenschießen, die mehrtägigen Straßen- und Barrikadenkämpfe in Paris forderten Tausende Tote.

Die von der Nationalversammlung am 4. November 1848 beschlossene Verfassung suchte "Ordnung mit Freiheit" zu verbinden und eine durch allgemeines und gleiches Wahlrecht konstituierte und durch Gewaltentrennung ausbalancierte Republik zu errichten. Die Exekutive wurde einem vom Volk direkt für vier Jahre gewählten, nicht wiederwählbaren Präsidenten übertragen, die Gesetzgebung einem Ein-Kammer-Parlament. Die gemäßigten Republikaner nominierten Cavaignac zum Kandidaten für das Präsidentenamt, die von Tag zu Tag an Stärke gewinnende "Partei der Ordnung" den aus dem Exil zurückgekehrten Prinzen Louis Napoleon. In dem Neffen Napoleons I. und bonapartistischen Prätendenten sah sie den berufenen Retter der Nation. Als Wahlpropaganda diente die zum Mythos gesteigerte Napoleon-Legende. Das Wahlversprechen hatte der Neffe vom Onkel übernommen – nämlich so wie dieser 1799 nun 1848 die Anarchie zu beenden und Ruhe und Ordnung wiederherzustellen.

Am 10. Dezember 1848 wurde Louis Napoleon mit 5,4 Millionen Stimmen zum französischen Präsidenten gewählt, auf Cavaignac entfielen 1,4 Millionen, auf Ledru-Rollin 400 000, auf Lamartine nur 11 000 Stimmen. Wie die meisten Wähler sah Louis Napoleon in der Präsidentschaft nur das Sprungbrett zum Kaisertum – unter Belebung bonapartistischer Traditionen steuerte er gleich auf ein persönliches Regiment zu. Erleichtert wurde ihm das durch das allgemeine Sicherheitsbedürfnis gegen die Gefahr des sozialen Umsturzes, die Haltung der Kammer und den Gegensatz zwischen den Bourbonen und der Dynastie Orleans, der die Wiederherstellung des Königtums nicht zuließ. Da sich die Kammer Napoleons Forderung nach Wiederwählbarkeit des Präsidenten und voller Wiederherstellung des 1850 eingeschränkten allgemeinen Wahlrechts versagte, setzte er mit dem Staatsstreich vom 2. Dezember 1851 die Verfassung außer Kraft, genau ein Jahr später ließ er sich zum Kaiser der Franzosen ausrufen. Beide Staatsstreiche waren nachträglich durch Volksabstimmungen mit großer Mehrheit gebilligt worden.

Napoleon I. hatte fünf Jahre gebraucht, um vom Ersten Konsul zum Kaiser zu avancieren, sein Neffe nur vier Jahre vom Präsidenten zum Kaiser. Er sollte sich 18 Jahre – um acht Jahre länger als sein Onkel – auf dem Kaiserthron halten, den er nicht zuletzt durch die Ereignisse im Zusammenhang mit der Vollendung der kleindeutschen Revolution von oben durch Bismarck und Moltke verlor.

 
     
     
 
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