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Frieden

 
     
 
"Ausgelaugt, mit zitternden Gedanken, durchfahre ich all die Dörfer, die ich, solange Mutter herrisch meine Besuche einklagte, so gut es ging gemieden habe ... In diesen hellen Märztagen verwandelt sich das Land in einen lichten Garten, der, wenigstens auf den zweiten Blick, dem Auge eine milde Schönheit gewährt. Doch die Ortschaften scheinen wie immer unbewohnbar. Einem langen Leben in der teigigen Trägheit dieser Winkel und Weiler wäre, denke ich jedesmal, der kurze Schmerz des Selbstmords vorzuziehen."

Der Verlag Hoffmann und Campe hat sich des Debüt-Romans des süddeutschen Autors Karl-Heinz Ott erinnert, für den dieser 1998, damals noch absolut unbekannt, den Hölderlin-Preis erhielt. Inzwischen wurde der Autor auch für seinen 2005 erschienenen Roman "Endlich Stille" ausgezeichnet. Bei "Ins Offene" erfährt der Ich-Erzähler von dem baldigen Tod seiner kranken Mutter. Der uneheliche Sohn fährt stets ungern zu seiner Mutter, die ihn an seine triste Kindheit erinnert, die vor allem von Friedhofs-Besuchen an den Gräbern verstorbener Verwandter geprägt zu sein schien. Ott verwebt die Kindheitserinnerungen des Ich-Erzählers mit dessen Widerstreben, den baldigen Tod seiner sonst als so erdrückend empfundenen Mutter zu akzeptieren.

Der Sohn wird beim Zwangs-Besuch bei seiner Mutter gezwungen, sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen. "Heimat war: die Erstkommunion und die Firmung, war jene Zeit, als der Pfarrer von der Kanzel herab wie ein Dämon gestikulierte und mit dem Rücken zu den Gläubigen die Messe lateinisch zelebrierte ... Heimat war: das holprige Gedichteaufsagen an Omas Namenstag, das Alleinsein zu dritt nach den häuslichen Feiern und Festen ... Heimat war: der Hof und Heustadel und Kuhstall von Onkel Dolf, seine knarrende, rostige Gerätewelt ... Bei ihm durften wir im Fernsehen die Beerdigung von Adenauer und die erste Mondlandung anschauen ..."

"Ins Offene" beginnt als eine Reise in die Enge der Heimat des Ich-Erzählers, doch obwohl die Mutter im Sterben liegt, schwebt über den letzten gemeinsamen Tagen von Mutter und Sohn die Versöhnung. Vor allem der Sohn lernt, seine Mutter zu verstehen. Und auch wenn "Ins Offene" mit einem Abschied für immer endet, so herrscht am Ende nach einem lebenslang
en, zermürbenden, zwischenmenschlichen Gerangel so etwas wie Harmonie.

Karl-Heinz Ott: "Ins Offene", Hoffmann und Campe, Hamburg 2006, geb., 142 Seiten, 17,95 Euro 5950
 
     
     
 
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