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Fritz Naphtali: Die verdächtigen Quellen der SPD

 
     
 
Mit der CDU-Spendenaffäre um Altkanzler Kohl brach für viel Bewunderer des "Kanzlers der Einheit" eine Welt zusammen. Ungeklärte Spenden dunkle Kanäle, schwarze Konten – ein Albtraum nicht nur für Unionsanhänger.

Die Sozialdemokraten gefielen sich derweil in der Rolle der schockierten Unschuld "Rückhaltlose Aufklärung" fordernd spielten sie eigene Verfehlungen als Ungeschicklichkeiten herunter. Flugaffäre, ein paar von der WestLB bezahlte Feiern – alles Kleinigkeiten.

Nunmehr jedoch schält sich Schritt für Schritt
eine SPD-Spendenaffäre heraus, die alle Zutaten des CDU-Skandals aufweist. Im Zentrum steht die "Fritz-Naphtali-Stiftung"in Tel Aviv, die nach Presseinformationen weder übe ein Büro verfügt noch nachprüfbare Projekte aufweist. Dennoch erhielt die Stiftung Gel von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Um es für die SPD zu "waschen"? De damalige SPD-Schatzmeister Nau, der auch Vorstandsmitglied der mit der Naphtali-Stiftun verbundenen Friedrich-Ebert-Stiftung war, brachte 1982 mehrere Millionen Mark in die Schatzmeisterei, die Spender wollte er nicht nennen (!).Unser Autor entwirft die Chroni einer Geschichte, die auf frappierende Weise an die erst jüngst aufgedeckten Praktiken in der CDU erinnert.

Die SPD kann beileibe nicht so tun, als habe nur die CDU mit illegalen Spendenpraktike zu tun und "die Herkunft von Schwarzgeld aufzuklären". Ganz im Gegenteil: Die Höhe der Summen und die Vorgehensweise ähneln sich bei beiden Parteien. Bemerkenswer ist nur ein gespaltenes Wahrnehmungsvermögen der Öffentlichkeit. Während die CDU sei Monaten im Gerede ist, ist es um die Affären der SPD nahezu still. Deswegen der Versuch einmal zusammenzustellen, was die SPD zu verantworten hat.

Chronologie der Affäre

"Fritz Naphtali"

Handelnde Personen: Walter Hesselbach

Schlüsselfigur: Kuratoriumspräsident der Friedrich-Ebert-Stiftung Vorstandsvorsitzender der Fritz-Naphtali-Stiftung und Treuhänder von dere Auslandsvermögen sowie Verwaltungsratsvorsitzender der Internationale Genossenschaftsbank (Ingeba) in Basel/Schweiz.

Günter Grunwald

Schlüsselfigur: war zirka drei Jahrzehnte lang Geschäftsführer de Friedrich-Ebert-Stiftung bis 1986, von 1974 bis 1989 Schatzmeister des "Institut für Internationale Begegnungen e. V."

Akiva Lewinsky

Kuratoriumspräsident der Fritz-Naphtali-Stiftung.

Alfred Nau

Langjähriger SPD-Schatzmeister (bis 1975), Vorstandsvorsitzender de Friedrich-Ebert-Stiftung (bis 1983).

Friedrich Halstenberg

Nachfolger Naus als Schatzmeister der SPD.

1982/83

Die Bonner Staatsanwaltschaft beginnt mit Ermittlungen, Vernehmung Hesselbachs. Alfre Nau stirbt, bevor er vernommen werden kann. Der Tel Aviver Rechtsanwalt Henryk Margulies Vertreter Hesselbachs im "Arbeitsausschuß" zur Führung der laufende Geschäfte der Fritz-Naphtali-Stiftung, stirbt ebenfalls.

1984

Februar: Jakob Levinson, drittes Mitglied im "Arbeitsausschuß" zur Führun der laufenden Geschäfte der Fritz-Naphtali-Stiftung neben Hesselbach und Grunwald erschießt sich.

Oktober: Akiva Lewinsky, Kuratoriumspräsident der Fritz-Naphtali-Stiftung, schreib der Friedrich-Ebert-Stiftung aus Tel Aviv, daß er ihr keine Einsicht in das Baseler Kont der Fritz-Naphtali-Stiftung geben könne, weil dort auch von anderen Seiten Überweisunge eingegangen seien. Etwas später schreibt Akiva Lewinsky an Günter Grunwald, daß ein nachträgliche Abrechnung der Einzelbeträge nicht möglich sei. "Ihr habt dies auc nie verlangt. Die Abwicklung erfolgte treuhänderisch für Euch und außerhalb de ordentlichen Haushaltes der Fritz-Naphtali-Stiftung".

1985

Der "Spiegel" berichtet in Nr. 33/1985 erstmalig über die Affäre.

1986

13. März: Der Leitende Oberstaatsanwalt in Bonn reicht über den Justizminister de Landes Nordrhein-Westfalen ein Rechtshilfeersuchen an das Bundesamt für Polizeiwesen de Schweiz zur Beschlagnahmung der Nummernkonten 13 365 113 un 14 169 113 der Fritz-Naphtali-Stiftung bei der Ingeba AG in Basel ein. Die Anklage richtet sich gegen Grunwald und Hesselbach wegen Hinterziehung bzw. Beihilfe zu Hinterziehung von Körperschafts- und Vermögenssteuer zu Gunsten de Friedrich-Ebert-Stiftung in Höhe von elf Millionen Mark sowie wegen Beihilfe zu Hinterziehung von Einkommens- und Körperschaftssteuern durch Ausstellung unrichtige Spendenbescheinigung in Höhe von 1,3 Millionen Mark.

13. August: Die Unterlagen der beiden Konten werden nach Beschluß de Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, an die das Bundesamt für Polizeiwesen de Schweiz das Ersuchen zum Vollzug gesandt hatte, beschlagnahmt. Der "Spiegel" (28/1986) berichtet ausführlich über die Affäre (mit Ausnahme der Beschlagnahmung de Konten).

14. August/1. September: Die Ingeba AG/die Fritz-Naphtali-Stiftung erheben Rekurs a die Überweisungsbehörde des Kantons Basel-Stadt mit dem Antrag, den Entscheid betreffen Rechtshilfegewährung sowie die Beschlagnahmeverfügung und die Beschlagnahme selbe aufzuheben.

1987

27. Oktober: Die Überweisungsbehörde hebt die Beschlagnahmeverfügung de Staatsanwaltschaft auf und weist das Rechtshilfebegehren der Bonner Staatsanwaltschaft ab Das Bundesamt für Polizeiwesen der Schweiz erhebt dagegen Verwaltungsgerichtsbeschwerd vor dem Schweizerischen Bundesgericht.

1989

Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts (BGE 115 IB 68): Dem Bundesamt fü Polizeiwesen wird recht gegeben und der Entscheid der Überweisungsbehörde des Kanton Basel-Stadt vom 27. Oktober 1987 aufgehoben. Die Beschlagnahmung der Konten und die Rechtshilfe ist damit rechtmäßig.

Wesentliche Zitate aus dem Urteil:

"Bereits diese inhaltlich unwahren Bescheinigungen insgesamt stellen ein für die Steuerbehörden nicht durchschaubares Zusammenwirken verschiedener Steuerpflichtiger mi Dritten dar, was auf eine arglistige Täuschung im Sinne der genannten bundesgerichtliche Rechtsprechung schließen läßt. Dabei kann offenbleiben, um welche Art vo Urkundenfälschung es sich in den einzelnen Fällen handelt."

"(...) daß die Zahlungen der Friedrich-Ebert-Stiftung buchhalterisch nich erfaßt wurden und daß der wahre Zweck der erfolgten Spenden offenbar über den erfolgte Transfer von der Friedrich-Ebert-Stiftung auf die Konten der Fritz-Naphtali-Stiftun verschleiert werden sollte, so läßt auch dies – bei der sich aufdrängende gesamtheitlichen Betrachtungsweise hinsichtlich der in Frage stehenden Vorgänge – auf besondere Machenschaften oder auf ein ganzes Lügengebäude und damit auf Arglist in Sinne der aufgezeigten bundesgerichtlichen Rechtsprechung schließen. Indem die deutsche Steuerbehörden auf diese Weise getäuscht und dadurch Steuern hinterzogen wurden, lieg in objektiver Hinsicht Abgabebetrug im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG vor."

"Demnach sind die Gegenstand des Ersuchens bildenden Straftaten als Abgabebetru bzw. Teilnahmehandlungen daran zu qualifizieren."

"Die Überweisungsbehörde des Kantons Basel-Stadt gelangte zu Recht zu Auffassung, daß die große Bedeutung der dem Ersuchen zugrundeliegenden Abgabeverkürzun in Millionenhöhe die Rechtshilfeleistung an sich rechtfertigte."

"Bei einem Abgabebetrug an sich, wie er hier einzig zur Diskussion steht, handel es sich nicht um ein politisches Delikt, sondern um ein Fiskaldelikt, das (als einzige dieser Deliktsart) rechtshilfefähig ist und für das Rechtshilfe geleistet werden muß wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind."

"Zweck der durch verschiedene Unternehmen geleisteten Zahlungen war, für die SP im Rahmen des Wahlkampfes in einem demokratischen Staat mit möglichst vielen Mitteln ein möglichst gute Ausgangslage zu verschaffen. Der im Zusammenhang mit diesen Zahlunge erfolgte Abgabebetrug konnte nur bewirken, diese Mittel noch zu vergrößern. De Entscheid darüber, welche Partei wie viele Stimmen erzielen würde, blieb aber dennoc den Wählern vorbehalten." (Dieser letzte Absatz ist interessant für das laufend Wahlprüfungsverfahren in Hessen, in dem gerade behauptet wird, der Wahlausgang sei durc zusätzliche Geldmittel der CDU entschieden worden.)

Es läßt sich nachweisen, daß das Geld auf den Konten der Fritz-Naphtali-Stiftun nicht nach Israel, sondern durch briefliche, telegraphische oder telephonische Order au weitere Schweizer Konten verschiedener Vereinigungen verteilt wurde. Eine der wichtigste ist das "Institut für Internationale Begegnungen e. V." mit einem Konto in Zürich. Der Sitz des Instituts ist im Gebäude der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bon selbst. Schatzmeister ist von 1974 bis 1989 Günter Grunwald.

Da die Friedrich-Ebert-Stiftung die Verwendung ihrer Mittel nicht zweifelsfrei belege kann, wird ihr rückwirkend für die Jahre 1975 bis 1982 die Gemeinnützigkeit entzogen Rund 9 Millionen Mark an Steuern sind nachzuzahlen.

30. Oktober: Rechtsanwalt Rüdiger Herzog, Verteidiger Grunwalds, gibt an, ei Großteil des Geldes sei zwischen 1978 und 1981 den Sozialisten (Parteien und/ode Gewerkschaften) in Spanien und Portugal in bar überbracht worden. Das Geld für die iberischen Sozialisten sei vom Konto (Nr. 40742060) des "Instituts fü Internationale Begegnungen e. V." bei der Schweizerischen Bankgesellschaft in Züric abgehoben worden.

Die Überweisungskette war demnach: Friedrich-Ebert-Stiftung > Konto de Fritz-Naphtali-Stiftung bei der Ingeba in Basel > Verrechnungskonto der Bank fü Gemeinwirtschaft, Frankfurt > Konto des "Instituts für Internationale Begegnunge e. V." bei der Schweizerischen Bankgesellschaft in Zürich > Barabhebung durc Günter Grunwald.

Mit der Weiterleitung in bar an die iberischen Sozialisten wäre allenfalls in etw eine Erklärung für den Verbleib der bei der Fritz-Naphtali-Stiftung im Jahre 1980 nich verbuchten 6,7 Millionen Mark der Friedrich-Ebert-Stiftung gefunden, für die der Verdach der Barüberbringung an die SPD bestand.

Das Verfahren mit dem Verdacht, daß die Gelder der Friedrich-Ebert-Stiftung in ein illegale schwarze Kasse der SPD zurückgeflossen sind, wird daraufhin teilweis eingestellt, da es nach Auffassung der Strafverfolger nun nicht mehr möglich sei, de Nachweis dafür zu erbringen. Es wird aber weiter gegen Grunwald und Hesselbach wege deren Steuerpraktiken ermittelt.

Da, wie wir heute wissen, für die Unterstützung der iberischen Sozialisten Mittel de BND bereitstanden, ist unklar, ob von den zwischen 1975 und 1981 an die Fritz-Naphtali-Stiftung überwiesenen ca. 22 Millionen Mark (ohne Zinsen) nach Abzug de 6,7 Millionen Mark 15,3 Millionen DM übrigblieben oder ob wegen der BND-Mittel da schwarze Vermögen gar noch höher anzusetzen ist.

Das Rätselraten um Kassen, Klüngel und Kanäle ging weiter – bis in unsere Tage Dazu mehr im nächsten . ()

Zeitlicher Ablauf der Spenden an die Friedrich-Ebert-Stifung und Weiterleitung zu Fritz-Naphtali-Stiftung (das meiste auf deren Schweizer Konten). Die Fritz-Naphtali-Stiftung in Tel Aviv selbst ist eigentlich eine Briefkastenfirma.

Spenden an die Weiterleitung auf die

Friedrich-Ebert-Stiftung Schweizer Konten der

Fritz-Naphtali-Stiftung

1975 6 713 384 3 860 000
 
     
     
 
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