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Gedanken für Intellektuelle

 
     
 
KPD, SED, PDS und jetzt "Linkspartei" - dreimal haben sich die deutschen Kommunisten in ihrer Geschichte nun schon umgespritzt, um nach altem Rezept neues Unheil zu stiften. Das Rezept heißt "antifaschistische Bündnispolitik" und stammt direkt vom großen Stalin. Nach dem Petersburger Oktoberputsch 1917 waren sich die Bolschewisten
noch sicher, daß sie bald die ganze Welt unterpflügen würden. Daraus wurde erstmal nichts. Deshalb einigte man sich in den Politbüros auf den Schleichpfad jener "Bündnisse", in denen, so Ulbricht, alles demokratisch aussehen soll, die KP aber alles in der Hand haben müsse.

Die Spitzen der Sozialdemokraten beteuern mehrmals am Tag, daß so ein "Bündnis" für sie nie und nimmer in Frage komme. Von ein paar Schreinern abgesehen setzen sie alles daran, mit "denen" nicht auf der Straße gesehen zu werden. Der Kanzler will nicht einmal ihre Namen kennen und brummelt bloß von "Gesellen" und "Figuren". Die Deutschen haben jedoch allen Grund, mißtrauisch zu bleiben wie eine Ehefrau, die vom Angetrauten einmal zu oft versprochen bekam, daß er mit "der" nichts hat. Wenn SPD-Fraktionsvize Hans-Joachim Hacker brusttönt, er "würde in eine Koalition mit solchen Rattenfängern nicht gehen", muß man doch schlucken. Hacker ist aus Mecklenburg-Vorpommern, wo SPD und PDS wie im Berliner Rathaus seit Jahren das Lager teilen.

Darauf angesprochen reagieren die Sozialdemokraten tatsächlich wie der im Bett mit "der anderen" erwischte Ehemann: Der Eindruck sei zwar sonderbar, aber das täusche. Es habe gar nichts zu bedeuten. Hektisch versucht die SPD, ihre kommunistische Maitresse unter der Bettdecke der "differenzierten Betrachtung von Bundes- und Landesebene" zu verstecken - Mecklenburg-Vorpommern und Berlin als dunkelrote Lotterhöhlen, in denen Sozialdemokraten bloß ihre schmuddeligen Linksblockphan- tasien austoben, während sie auf Bundesebene auch nach der Wahl nicht vergessen werden, was sich gehört? Wollen wir mal glauben, aber einen sonderlich seriösen Eindruck macht das Ganze nicht. Wir bleiben besser am Schlüsselloch.

Was für die Sozen gefährlich werden könnte, denn im Moment ist "Seriosität" der große Renner im Wahlkampf. Alle wollen uns die Wahrheit sagen, damit wir uns nicht von dem aus altem Agitprop-Gestrüpp ersponnenen Seemannsgarn der roten Piraten einwickeln lassen.

Die FDP ist regelrecht übermannt worden von der neuen Ernsthaftigkeit. Da wirken die bösen Erinnerungen nach an den Wahlkampf von 2002. Damals wollten die Liberalen als "Spaßpartei" unsere Hirne über die Lachmuskeln erobern. Am Ende steckte Guido Westerwelle mit seinem lustigen "Guidomobil" im Morast der Elbflut fest. Er muß sich gefühlt haben wie einer, der einen Witz erzählt hat und der einzige blieb, der drüber lachen konnte. Gräßlich ist das.

Doch wie man s macht, macht man s falsch: Dieser Tage mußten wir überall lesen, daß es die FDP mit ihrer neugelernten Schmallippigkeit ein wenig übertreibe. Man bemerke sie ja kaum noch. Die Bekanntgabe des liberalen Wahlprogramms hat zwar für wenigstens etwas Aufmerksamkeit gesorgt. Das kann den trüben Eindruck von Langeweile jedoch kaum aufhellen.

Da ist ein Blick auf den FDP-Nachwuchs, die Jungen Liberalen, recht erfrischend. Die haben nämlich nichts an Spaßigkeit eingebüßt. Von einer Werbeagentur haben sie sich ein keckes "Corporate Design" schniegeln lassen, das, wie auf ihrer Internetseite zu lesen ist, "hell, freundlich und stylisch ist". Der zentrale "Claim" (Leitspruch) lautet "Fast Forward", zu deutsch: schnell vorwärts: "Fast Forward zu mehr Arbeitsplätzen, Fast Forward zu mehr Toleranz und Fast Forward zur Abschaffung der Wehrpflicht" versprechen die JuLis auf ihrer Internetseite. (Und dann ganz, ganz langsam zu besserem Deutsch, möchte man anfügen.) "Fast Forward" hat auch ein eigenes Logo: zwei Pfeile, der eine gelb, der andere hohl. Es wird zudem wieder eigene JuLi-Präservative mit dem Aufdruck "Freier Verkehr für alle!" geben, verspricht der 23jährige Bundesvorsitzende. Darauf haben wir gewartet. Nun haben die JuLis traditionell ein Problem, das sich nur teilweise mit ihrem Hang zur Lümmeltüte erklären läßt: Sie sind ziemlich wenige. Deshalb wenden sie sich im Netz an ihre Altersgenossen mit einem schon beinahe lyrischen Einladungstext: "Wenn es nach Dir geht, könnte das ganze Jahr über Sommer sein. Von Sonne, Strand und guter Laune kannst Du schließlich nie genug bekommen. Klar. Aber es kann halt nicht immer Juli sein ... Macht auch nichts. Denn mit uns kannst Du jede Menge verändern und Dein Leben sonniger gestalten - das ganze Jahr über. Also warte nicht bis zum nächsten Sommer. Warte nicht bis morgen. Verändere Dein Leben. Verändere die Welt. Gemeinsam mit uns." Jaaa, das schmalzt! Oder doch etwa einmal zu oft "Freddy, die Gitarre und das Meer" geguckt? Ach was: Wenn schon Kitsch, dann aus dem Vollen! Fast Forward!

Mit der Sommerlichkeit wollen die JuLis sogar die verstaubte Mutter FDP anstecken. Auf ihren Luftballons prangt der Spruch "FDP - powered by JuLis". Oha, das klingt nach Stromrechnung, auf welche die Deutschen zur Zeit gar nicht gut zu sprechen sind. Die Freidemokraten unter ihnen vermutlich auch nicht. Daran hätten die Werbefritzen denken müssen. Doch vielleicht können die Jungliberalen mit ihren Strand-Sand-Sonne-Träumen ja beim Bundeswirtschaftsminister landen? Der wünscht sich seit geraumer Zeit dermaßen inbrünstig auf eine paradiesische Insel, daß er so redet, als wäre er bereits da. Seine rosigen Wirtschaftsprognosen haben mit der deutschen Wirklichkeit nur noch in sofern Berührung, als daß wir die ersten sind, die drüber lachen. Die Forschungsinstitute hatten diese Woche nur einen kleinen Silberstreif am Konjunkturhorizont ausgemacht, da schwebte Wolfgang Clement schon wieder zwischen den Palmen: Deutschland stehe nicht nur vor einem "wirklich stabilen Aufschwung", nein, es werde "die europäische Spitze bald erreicht haben". Konkret werde die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um ein Prozent wachsen und im nächsten um 1,5 bis zwei. Nun ja, damit 1,5 bis zwei Prozent Wachstum 2006 "europäische Spitze" werden, müssen sich unsere Freunde und Partner aber sputen, in ihren Ländern eine handfeste Rezession einzuleiten. Die meisten weisen derzeit nämlich höhere Raten aus. Wie ein Regierung das ins Werk setzt, eine richtige Rezession, eine solide, lang anhaltende Wirtschaftskrise, da kann Berlin seine EU-Partner gründlich und kompetent beraten. Für unsere Freunde sind wir immer da.

 

"Das einzige Modell, das zur Zeit ausgezeichnet läuft."
 
     
     
 
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