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Gedanken für Intellektuelle

 
     
 
Wenn du mich verläßt, dann schmeiß ich dich raus!" ist der eigentlich überflüssige Satz, der in Partnerschaften fällt, bevor die Anwälte den Rest erledigen. Der neue SPD-Chef Müntefering läßt die Parteigerichtsbarkeit daher vorsorglich die Guillotinen schärfen für jene treulosen Genossen, die sich im Schutze der Dunkelheit pechschwarzer Wahlergebnisse zusammengerottet haben, um eine "neue linke Partei" zu gründen.

Die Namen der Abtrünnigen hat bis vor kurzem keiner gekannt, deswegen schenken wir uns die auch hier. Ob die Gründung Chancen hätte? Wohl nur mit Lafontaine vorneweg, aber der bleibt vorsichtshalber in den Büschen, in die er sich 1999 vor dem Kosovokrieg geflüchtet hatte. Die PDS rudert ihr Boot indes laut juchzend ans sinkende Schiff der SPD heran, um die Davoneilenden aufzunehmen. Das wäre eine zukunftsweisende Alternative. Bereits jetzt verlassen junge begabte Menschen in Scharen Deutschland, weil es für sie hier auch ohne neue Linkstruppe schon zuviel Sozialismus gibt. Allein die PDS hat umfangreiche Erfahrungen darin, wie man "der Abwanderung nachhaltig
begegnen kann".

Den Kanzler rührt der ganze Käse nicht mehr. Er hat es geschafft, ist den elenden Parteijob los - endlich frei! Nun kann er sich voll und ganz seinen Hobbys widmen, wie Zigarre rauchen oder "Regieren" spielen. In den nächsten Tagen geht er neues Spielzeug einkaufen, das alte war schon etwas abgewetzt. Vor allem die Sachen aus der Schublade "Medienkanzler". Zum Kanzler-Bleiben brauche er nur die Bild und die Glotze, hatte Schröder 1998 strahlend gerufen. Aber die Bild wurde mit der Zeit immer sperriger, zum Schluß ließ er das blöde Ding einfach liegen: "Keine Interviews mehr!" Jetzt kauft sich der Kanzler eine Zeitung ganz für sich, die Frankfurter Rundschau wird SPD-Besitz. Ein richtiges Zentralorgan, wie früher der Vorwärts. Der war auch mal Tageszeitung. Dann wurde für ihn das tägliche Einerlei zu unbedeutend, und er stellte auf wöchentliches Erscheinen um. Mittlerweile geht es nur noch einmal im Monat "vorwärts", das dauert dem Kanzler zu lange. Daher jetzt die Rundschau, die derzeit noch täglich erscheint, aber vermutlich ...

Um den Kleinkram muß sich nun also Münte kümmern, der so-eben erst den Anzug mit den Tomaten vom Erfurter SPD-Arbeitneh-mertreffen in die Reinigung gegeben hat. (War nur ein Scherz, sind gar keine geflogen. Sie wissen doch, wie das ist mit den Südfrüchten in so- zialistischen Ländern wie der Bundesrepublik.) In Wahrheit hat Müntefering den Linksflüglern nämlich ganz schön die Leviten gelesen: "Ohne unsere Reformen hätten wir fünf Millionen Arbeitslose", warf er ihnen um die Ohren. Mit den Reformen sind es bekanntlich jetzt sieben Millionen, die Ver- deckten, Umschulenden etc. mitgerechnet. "Da braucht man sich nicht verstecken!" ließ er die Genossen wissen. Wo auch?

Die Union wäre ein schönes Versteck. Da weiß nie einer, wer eigentlich welche Rolle spielt. So fiele dort ein Akteur mehr oder weniger gar nicht auf. Für jede Szene gibt es stets mehrere Besetzungen. Und das ist gut so. Denn wie gefährlich es sein kann, sich festzulegen, hat die letzte Woche erwiesen. Kaum hatte man aus der endlosen Schlange der Präsidentschaftskandidaten einen herausgewinkt, fing der an draufloszuschnattern. Merkel wäre eine hübsche Kanzlerin, meinte Köhler. Stoiber war außer sich und ist es noch.

Offiziell ließ der Fuchs von Wolfratshausen verlauten, die Sache sei nach einem Telefonat mit Köhler aus der Welt. Der gute Köhler mag das glauben, wir kennen die Wahrheit: Noch während Stoiber seine "Gelassenheit" heuchelte, schickte er seine gemeinste Waffe ins Feld, um der verhaßten Merkel ein Bein zu stellen: CSU-Landesgruppenchef Michael Glos sprach sich in aller Öffentlichkeit für die CDU-Chefin aus. Jeder weiß: Wen Glos unterstützt, der kann einpacken. Schäuble kann das bezeugen. Der Anfang seines Endes als Kandidat für das Bellevue hieß ebenfalls Glos. Perfide, nicht wahr? Dem CSU-Landesgruppenchef ist die Rolle des dummen August ja auf den Leib geschnitten. Dem nimmt man die Arglosigkeit glatt ab.

Wie dem bayerischen SPD-Chef Franz Maget. Wir wissen nicht, mit wem der im verborgenen kungelt. Vermutlich mit Oskar Lafontaine, der sich königlich amüsiert über die Abspaltungsphantasien linker SPDler. Mitten in die Balgerei zwischen dem Vorstand und den Verrätern schickte er seinen (scheinbar!) völlig vertrottelten Maget mit der Idee, unterm weißblauen Himmel eine eigenständige Sozialdemokratische Partei Bayerns zu gründen. Müntefering dürfte langsam nervös werden, ob er dieses Wochenende überhaupt etwas vorfindet, was er bevorsitzen kann. Die SPD verwest in ihrem 141. Jahr vor aller Augen.

Den neuen Parteichef mag das bekümmern. Für uns, das Publikum, kann so ein Verrottungsprozeß hingegen eine durchaus interessante und reizvolle Sache sein. Wer kann uns das besser nachfühlen als die Erfinder alles Morbiden, die Engländer. Das Londoner Wissenschaftsmuseum hat beschlossen, eine Leiche in eine Vitrine zu packen und dort zur Unterhaltung der Museumsgäste ganz natürlich vermodern zu lassen - "wie sie es unter der Erde tun würde", so der Leiter der Besucherabteilung zur Sunday Times. Allerdings sollen nur Erwachsene an dem Gaudium teilhaben dürfen. Kinder, mit dem Anblick der berüchtigten kulinarischen Köstlichkeiten ihrer Insel vertraut, könnten den Kadaver für etwas zu essen halten und wären dann traurig, daß sie nichts abkriegen.

Überraschen kann uns der Coup der Briten nicht. Seit Jahren führt der Deutsche Gunther von Hagens die Weltrangliste der Ekeligkeit an. War zu erwarten, daß sich die Neidhammel jenseits des Kanals diese Schmach nicht ewig bieten lassen. Da gab es nur zwei Auswege: Krieg führen und die Hagens-Leichen als Reparationen verlangen oder selber etwas noch Schmierigeres auf den Tisch des Hauses legen. Jetzt ist es an uns, die frechen Briten Mores zu lehren und der Welt etwas zu präsentieren, was noch schneller zerfällt als der Verblichene im feuchten Klima der Themseniederung. Die Lösung liegt nah: In den rot-grünen Reformpaketen, die nach amtlichen Meldungen allesamt "mit Leben erfüllt sind", machen sich stets schon vor der Geburt die Würmer zu schaffen. Bei der Niederkunft im Reichstag ist dann regelmäßig kaum noch was zu sehen. Das werden die Engländer nicht toppen können. Was machen die dann? Krieg? Keine Angst, geht gar nicht. Unsere Bundeswehr ist schließlich schon lange nicht mehr zuhause gesehen worden.

"Aber ich bitte Sie ... das ist doch selbstverständlich!"
 
     
     
 
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