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Gedemütigt

 
     
 
Am 26. Ok-tober 1979 tötete mein Vater meine Mutter auf dem Dach unseres Hauses in Agadir. Da war ich fünf Jahre alt. Dieses Verbrechen warf mich und meine sechs Geschwister völlig aus der Bahn. Wir dachten, schlimmer könne es nicht werden. Aber es kam noch schlimmer, als unser Onkel mit seiner Familie in unser Haus einzog und seine Kinder unsere Betten erhielten. Wir hingegen mußten in der Küche auf Zeitungspapier schlafen."

Ouarda Saillo, die seit ihrem 19. Lebensjahr in München lebt, beschreibt in diesem Buch, wie sie 20 Jahre später an den Ort der Grauen ihrer Kindheit zurückkehrt, um sich von den Schuldgefühlen zu befreien, die sie seit dem Mord an ihrer Mutter plagen, und um ihren inneren Frieden zu finden.

Sehr anrührend berichtet die Autorin über ihre schwere Kindheit und Jugend als Frau in Marokko. Nachdem Ouardas Vater ihre Mutter grausam ermordet hatte, wurde er verhaftet und ins Gefängnis gebracht. Der Onkel, der daraufhin mit seiner Frau und seinen neun Kindern ins Haus zog, ließ die Kinder seines Bruders jedoch hungern und verwahrlosen. Die Demütigung
en der Tante, denen Ouarda hilflos ausgeliefert war, lassen den Leser vor Mitleid erschauern und in seiner Phantasie das Bild eines kleinen schmutzigen Mädchens mit vom Waschpulver gebleichten grauen Haaren entstehen, das mit großen hungrigen Augen in eine Welt voller Unrecht blickt.

Wie aus diesem mageren kleinen Geschöpf mit kariösen Zähnen eine schöne, kluge Frau werden konnte, ist eine traurige, aber auch bewegende Geschichte, wie sie nur das Leben selber schreiben kann.

Die zahlreichen Abbildungen, die über eine Zeitspanne von der Kindheit Ouardas bis zu ihrem 19. Lebensjahr reichen, helfen dem Leser, sich ein besseres Bild von der Autorin und ihrem marrokanischen Umfeld zu machen und somit einen engeren Bezug zum Buch und dem Schicksal Ouarda Saillos zu bekommen, als es nur durch Worte allein möglich wäre.

Alles in allem eine traurige, ernste, aber wunderbare Geschichte, die zugleich bittere Wahrheit ist, jedoch glücklicherweise ein versöhnliches Ende aufweist.

Ouarda Saillo: "Tränenmond - Ich war fünf, als meine Kindheit starb", Ehrenwirth Verlag, Bergisch Gladbach 2004, 383 Seiten, geb., zahlr. Abb., 19,90 Euro

 
     
     
 
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