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Globalisierung oder soziale Markwirtschaft - Gegen eine Neuauflage des Manchesterkapitalismus

 
     
 
Seit dem Ende des "real existierenden Sozialismus" bestimmt ein Phänomen das wirtschaftliche und politische Geschehen, das kein Industriestaat dieser Erde ignorieren kann: die "Globalisierung der Märkte". Die einen verbinden mit diesem Begriff die Aussicht auf einen weltweiten Wohlstand, die anderen beschwören die Gefahr einer Wiederauflage des berüchtigten "Manchesterkapitalismus" und der Zerstörung des Sozialstaates
. Der Mensch – so die Befürchtung der Globalisierungskritiker – werde zur Ware, dessen Schicksal von anonymen Aktienbesitzern bestimmt wird.

Aus konservativer Sicht ist die Frage, wie der National- und Sozialstaat vor dem Hintergrund der Internationalisierung der Märkte gesichert werden kann, zur entscheidenden Frage geworden. Allzu viele Zeitgenossen in Deutschland glauben bereits, daß die Ära der Nationalstaaten vorbei sei und Politik nur noch auf supranationaler Ebene gemacht werden könne. Das ist ein Irrglaube. Denn einer der wichtigsten Errungenschaften nach dem Zweiten Weltkrieg – der Sozialstaat nämlich – wird auch in Zukunft nur im nationalen Rahmen realisiert werden können – oder untergehen.

Dieser Zusammenhang wird von vielen nicht mehr gesehen, die aus einer falsch verstandenen "Menschenliebe" heraus glauben, daß die Leistungen der deutschen Solidargemeinschaft doch bitte allen "Bedürftigen", die aus aller Herren Länder nach Deutschland strömen, zugute kommen müßten.

Die zentrale Frage lautet, wie unter den Bedingungen weltweiter "offener Märkte" und verschärften Konkurrenzdruckes – der mit der Einführung des Euro noch erheblich zunehmen wird – jenes Gebilde erhalten werden kann, das der Bundesrepublik ein halbes Jahrhundert sozialen Frieden beschert hat. Gemeint ist das Modell der sozialen Marktwirtschaft, das von einer lautstarken Schar von Kritikern zunehmend in Frage gestellt wird. Diese Kritiker fordern einen deregulierten Markt, auf den der Staat möglichst wenig Einfluß nehmen soll. Nicht zu Unrecht hat der Publizist Jan Roß diese Kritiker als "neue Staatsfeinde" bezeichnet.

Demgegenüber hat sich die politische Linke – worunter, als wichtigste Organisationen, SPD, Bündnisgrüne, Gewerkschaften sowie Wohlfahrtsverbände zu fassen sind – in der letzten Zeit auffallend lautstark zum Anwalt des Sozialstaates gemacht. Auch hier ist Vorsicht angebracht. Die Linke fürchtet den "Sozialabbau" vor allem deshalb, weil dadurch die Finanzierung des multiethnischen Experiments auf deutschem Boden erheblich an Dynamik verlieren würde. Wenn die Linke über angeblichen "Sozialabbau" jammert, dann schwingt die Befürchtung mit, daß damit ein Verlust "linker Hegemonie" verbunden sein könnte. Also: Nicht der Sozialstaat, sondern politisches Kalkül treibt die linken Sozialstaatsapologeten an. Deren Befürchtungen haben den realen Hintergrund: Wenn die Linke nicht mehr ihr Füllhorn über ihrer regenbogenfarbenen Klientel ausschütten kann, dann verliert sie ihre Attraktivität.

Für Konservative bleibt der Sozialstaat nicht aus Kalkül eine unverzichtbare Größe, sondern deshalb, weil er die einzige Antwort auf die sozialen Verwerfungen darstellt, die durch "Globalisierung" und "Euro-Einführung" drohen. Nur die Solidargemeinschaft der Nation und das Prinzip von Leistung und Gegenleistung ermöglichen die Finanzierung von Wohlstand und sozialer Sicherheit. Globalisierung und eine europäische Sozialunion bewirken das Gegenteil. Wer also glaubt, im Zuge einer Reform des Sozialstaates den Nationalstaat gleich mit verabschieden zu können, soll auch gleich sagen, wie er ohne "nationale Solidarität" die soziale Stabilität unseres Gemeinwesens sichern will. Geht diese verloren, dann bleibt nur noch der am Profit orientierte einzelne. Mit diesen Individuen ist aber dann im wahrsten Sinne des Wortes "kein Staat mehr zu machen".

(Vor den Bundestagswahlen räumt die Redaktion Mitgliedern von Parteien die Möglichkeit zu politischen Stellungnahmen ein. Der Autor Dr. Rolf Schlierer, Arzt und Rechtsanwalt, ist seit 1994 Bundesvorsitzender der Republikaner.)

 

 
     
     
 
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