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Grüne vor der Spaltung?

 
     
 
Die Ostermarschierer sollten vor Freude aufheulen. Auf das Fünffache gestiegen sei die Zahl der Teilnehmer gegenüber 1998, heißt es aus den Reihen der seit Jahren beinah totgesagten "Bewegung". Keinen sollte das mehr freuen als die Grünen – eigentlich.

Doch in diesem Jahr ist alles anders. Keiner Partei sind die 99e "Friedensmärsche" nämlich schwerer auf den Magen geschlagen als ausgerechne den einstigen Ökopaxen. Sie haben eben unsägliches Pech. Wäre das alles doch nur ei Jahr früher passiert, mögen sich jetzt manche grüne Strategen im geheimen wünschen.

Dann hätte eine bürgerliche Regierung, ein Kanzler Kohl und sei Verteidigungsminister Rühe, diesen Krieg führen müssen. Die Grünen von Fischer bi Ströbele
hätten die Chance nicht ungenutzt gelassen, Seite an Seite die Ostermärsch anzuführen und finster von der "Militarisierung der deutschen Außenpolitik durc die Rechtskoalition in Bonn" zu menetekeln, die sie ja seit 1982 immer wiede prophezeit haben.

Nun aber ist "Joschka" Fischer Außenminister, sind es die Grünen selbst die Deutschland in den ersten Krieg seit 1945 (mit) hineingeführt haben.

Dies muß die Partei endgültig an den Rand der Spaltung führen, sonst ist jed "Glaubwürdigkeit" endgültig (und öffentlich) dem puren Machterhalt zum Opfe gefallen. Seit Regierungsübernahme haben die Grünen praktisch überall nur Schlappe erlebt: Der Atomausstieg etwa – angeblich "Kernstück grüner Politik" – ist aus Sicht der Basis zur Unkenntlichkeit zerfasert. Beim Doppelpaß geht es nu noch um die Alternativen FDP-Entwurf oder konservative Gegenposition, als sei die alt Koalition noch an der Macht. Und die "ökologische Steuerreform" verkam zu bloßen Steuererhöhung, das "Öko" darin ist ein Witz. Als nun auch noch de linke SPD-Chef Lafontaine ins Wasser ging, verflog den meisten Grünen die letzt Hoffnung. Trittins Ausfälle sprachen vielen von ihnen aus der Seele.

Derart wundgeschlagen nun also auch noch ein Krieg. Wie tief er die Pazifistenparte verunsichert, zeigt nicht nur das Gerangel auf der Funktionärsetage, das auf de Sonderparteitag seinen Höhepunkt erreichen wird, den man bezeichnenderweise erst für Ma anberaumt hat, in der Hoffnung, es möge sich irgend etwas (aber was?) tun bis dahin. Auc die Wählerschaft ist verwirrt und tief gespalten: Nach ersten Umfragen stehen sich dor Gegner und Befürworter der Luftangriffe auf Serbien etwa gleichstark gegenüber.

Nicht außergewöhnlich, möchte man zunächst meinen. Bei den Deutschen insgesamt is die Haltung auch nicht eindeutig. Indes, bei den Grünen hat das eine andere Qualität Hier geht es nicht nur darum, ob diese konkrete Militäraktion vernünftig un gerechtfertigt ist oder nicht. Die Anhänger der Linkspartei streiten darüber, ob Kriege selbst Verteidigungskriege, überhaupt moralisch zu vertreten sind. Unlängst hatte ma noch "Soldaten sind Mörder"-Plakate hochgehalten und seit Parteigründung 198 jeden Nicht-Pazifisten zum latenten Kriegstreiber stilisiert. Jetzt fallen die Bündnisgrünen ins Loch ihrer eigenen Hypermoral, die nur so lange halten konnte, wie die Wirklichkeit sie nicht auf die Probe stellte – wie jede Hypermoral übrigens.

Ein schwacher Trost bleibt es, daß auch der sozialdemokratische Koalitionspartne wachsende Schwierigkeiten mit dem Kriegseinsatz bekommt. Auch dort wächst der Widerstand doch hat er nicht diese geradezu religiöse Wucht, die die grünen Pazifisten umtreibt Bei der SPD dominieren eher rationale Überlegungen, die selbst Männer wie Hennin Voscherau oder Helmut Schmidt gegen den Nato-Einsatz in Stellung bringen.

Das sollte Kanzler Schröder aber nicht allzu sicher machen. Schon mehren sic Anzeichen, daß die Parteilinke den Krieg zum Hebel nehmen könnte, um dem designierte SPD-Chef an den Karren zu fahren. Daß sein Rivale und Vorzeige-Linker von der Saar alle hingeschmissen hat, kreiden die Linken ihrem Kanzler an und werden es ihm nicht vergessen.

Zumal sie weltweit namhafte Experten anführen können, die sich ebenfalls äußers kritisch zu diesem Krieg geäußert haben. Von Henry Kissinger bis zum Oberbefehlshabe der britischen Streitkräfte im Golfkrieg reicht die Phalanx derer, die mehr schwer Fehler als gute Gründe in der Operation "Verbündete Kraft" entdeckt habe wollen.

Mußte die Nato Milos?evic´ von Anfang an damit beruhigen, daß sie einen Bodenkrie ausschloß? War das gewaltige Flüchtlingsdrama wirklich nicht vorauszusehen? Was konnte Bomben auf Montenegro anderes hervorrufen als einen Schulterschluß mit Belgrad? Was is die Uno jetzt noch wert? Und welche Folgen hat der Auftrieb, den Nationalisten un Kommunisten in Rußland aus dem Konflikt davontragen?

Die immer diffuser werdenden Verlautbarungen aus den Nato-Hauptstädten lasse erkennen, daß man sich diese Fragen reichlich spät zu stellen begonnen hat.
 
     
     
 
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