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Humor im Amt

 
     
 
Ich hatte beim Finanzamt einen Antrag auf Stundung meiner Einkommensteuer gestellt und erhielt eine Vorladung. Zimmer 6, Steuersekretär Bartsch. Ich ging also hin. Mit Herzklopfen. "Einzeln eintreten!" stand an der Tür. Ich trat einzeln ein, aber der Raum war leer. Ein Schreibtisch, zwei Stühle. Ein riesiger Aktenschrank. Sonst nichts. Weit und breit kein Steuersekretär Bartsch.

Es wird sicher etwas länger dauern, dachte ich, da ist ja so viel zu erklären! Also setzte ich mich auf den Stuhl, der neben dem Schreibtisch stand. Dabei glitt mein Blick wie von ungefähr über den Arbeitsplatz des Steuersekretärs Bartsch.

Ja, sah ich denn recht? Das war doch mein Name! Fein säuberlich auf den Pappdeckel meiner Steuerakte gemalt. Ich könnte ja eigentlich mal ..., dachte ich. Ich wechselte also meinen Platz und setzte mich auf den Stuhl, der vor dem Schreibtisch stand. Ja, das war mein Name, meine Steuernummer, meine Steuerakte.

Nun kämpfte ich noch einen erbitterten, aber verhältnismäßig kurzen Kampf gegen meine gute Erziehung - dann schlug ich die Akte auf, als die Tür aufging und jemand hereinkam. Ein Beamte
r. "Guten Morgen, Bartsch!" sagte er. "Bitte bleiben Sie sitzen! Ich bin der neue Dienststellenleiter, Steueroberinspektor Pietsch. Lassen Sie sich nur nicht stören!" Er blickte auf meine Akte und fragte: "Ein komplizierter Fall?" - "Einkommensteuer", sagte ich. "Stundungsantrag." - "Was ist der Mann denn von Beruf?" - "Schriftsteller." - "O je!" machte der neue Dienststellenleiter. "Diese armen Brüder! Haben s ja auch nicht leicht. Ist der Mann vorgeladen?" - "Jawohl, Herr Direktor!" - "Sie sind ein Spaßvogel, Bartsch!" lachte der neue Dienststellenleiter. "Sie sagen Direktor zu mir, Sie haben Humor. Humor im Amt, hahaha!" Er bog sich vor Lachen. Dann meinte er: "Geben Sie her, wir wollen das mal genehmigen! Diese armen Schriftsteller! Wissen Sie, Bartsch, das ist zugleich Taktik, das ist höhere Finanzstrategie! Wir müssen dem entgegenwirken, daß diese Schriftsteller immer solche haarsträubenden Geschichten über das Finanzamt schreiben. Merken Sie was, Bartsch?" - "Klar, Herr Steueroberinspektor", sagte ich. "Sie sind sehr klug."

Herr Pietsch, geschmeichelt und guter Laune, setzte schwungvoll seine Unterschrift unter meinen Stundungsantrag. "So, Bartsch, und wenn der Mann kommen sollte, dann lassen Sie ihn nicht so lange zappeln. Sagen Sie ihm gleich, daß der Antrag genehmigt wurde. Diese Schriftsteller sind sehr sensible Leute." - "Ja, ich weiß", sagte ich.

In diesem Augenblick kam der Steuersekretär Bartsch ins Zimmer. Er hielt ein kleines Päckchen in der Hand. Er hatte sich unten an der Ecke ein Viertel Leberwurst gekauft. Er machte mir eine Verbeugung. "Bartsch!" sagte er. "Steuersekretär Bartsch!" Mit festem Blick sah er mich an und bedachte mich mit einer zweiten Verbeugung. "Ich schätze", sagte er zu mir, "Sie sind der neue Dienststellenleiter, nicht wahr, Herr Steueroberinspektor? Und dieser Mann dort" - er deutete auf Herrn Pietsch - "ist der Schriftsteller, der den Stundungsantrag stellte ..." - "Nein!" rief ich. "Das ist ein Irrtum!"

Der Dienststellenleiter aber schlug dem Steuersekretär lachend auf die Schulter und meinte: "Oh, ihr Schriftsteller! Wie genial ihr doch das Leben anpackt! Spielt gar im Dienstzimmer des Finanzamtes Komödie! Hier, Sie Poet - Ihr Stundungsantrag ist genehmigt!" Er schlug dem verdatterten Steuersekretär noch einmal auf die Schulter, und das Viertel Leberwurst fiel klatschend zu Boden ...

... Bitte nein - ich brachte es doch nicht fertig, den Platz zu wechseln, um einen Blick in meine Steuerakte zu werfen. Ich blieb still und bescheiden auf dem Stuhl neben dem Schreibtisch sitzen - und wartete geduldig auf den Steuersekretär Bartsch ...

Nach zwei Stunden kam eine Raumpflegerin des Finanzamtes herein und sagte: "Heute keine Sprechzeiten, mein Herr! Zeigen Sie mal Ihre Vorladung! - Na, sehen Sie, Sie sind einen Tag zu früh gekommen. Sie sind erst für morgen bestellt!"
 
     
     
 
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