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Junkerland in Bonzenhand

 
     
 
Ganz langsam nur dringt der größte Betrugsfall der deutschen Geschichte in das Bewußtsein der Öffentlichkeit. Aktiv vertuscht von der Justiz und medial in der Tabuzone mächtiger Interessen, spielt sich zwischen Elbe und Oder ein ungeheurer Skandal ab. Es geht um die Enteignung von mehr als 70.000 Neusiedlern und ehemaligen Landbesitzern in den neuen Bundesländern. Zusätzlich wurden Zehntausende Gewerbetreibende, Handwerker und Fabrikanten zwangsenteignet - bestohlen von der eigenen Regierung.

Bereits nach 1945 war ein Teil von ihnen von der sowjetisch
en Besatzungsmacht um ihren Besitz gebracht worden. Damals war es die Bodenreform. Sie stand unter dem Motto: "Junkerland in Bauernhand". 70.000 Neusiedler erhielten Äcker und Wald. Die Alteigentümer wurden in der Regel vertrieben. Viele brachte man in die gefürchteten Speziallager zwischen Prora und Bautzen. Mein Onkel Hermann saß in Bautzen sprichwörtlich bei Wasser und Brot. In seinem Laden hatte er Gedichte über die Besatzer verbreitet. Der Titel: "Ein Loblied den Befreiern/von Butter, Speck und Eiern". Er überlebte den Stasi-Terror. Mehr als 90.000 Menschen fanden in den Lagern und Zuchthäusern nach 1945 den Tod.

Nach 1989 gingen die Eigentümer davon aus, ihre Betriebe, Land und Gebäude zu erhalten beziehungsweise zu behalten. So wie im

Westen: Dort behielt selbst Nazi-Profiteur Flick seinen Besitz: Er konnte fortan Millionenbeträge an unsere Parteien spenden. Die Neusiedler sollten übrigens nach dem Willen der Alteigentümer den übereigneten Grund und Boden behalten. Dies ist in der Öffentlichkeit weithin unbekannt.

Doch sowohl Neu- wie Altsiedler hatten nicht mit der eigenen Regierung gerechnet. Die Sowjets hätten die Enteignungen nach 1945 festgeschrieben, dies gar zur Bedingung beim Einigungsvertrag gemacht, so informierte Bundeskanzler Helmut Kohl damals das Parlament. Alt- und Neubesitz wurde daraufhin konfisziert, landete vielfach in den Händen von "Wessies" mit den richtigen Beziehungen sowie von Stasi-Seilschaften. Deren Motto: "Die DDR in Bonzenhand".

Indessen räumt der Altkanzler ein, daß es die Sowjet-Bedingung gar nicht gab. Dies Eingeständnis muß man ihm hoch anrechnen. Das Bundesverfassungsgericht aber hat diese Information offenbar noch nicht erreicht. Karlsruhe beruft sich weiterhin auf die nicht existente Sowjet-Bedingung. Mit lautem Medienrummel bestätigt es die Enteignung der Vorzeige-Junker von der Marwitz und Prinz Ernst August. Das Ziel ist klar. Man spielt mit Vorurteilen und Neidgefühlen: Ist zwar Unrecht, geschieht ihnen aber recht!

Doch es geht nicht nur um den Verlust angestammten Erbes. Dramatischer ist das Fehlen von unternehmerischem Wissen und Elan, den Triebfedern jeder Volkswirtschaft. Ihr Fehlen wurde zum Bremsklotz im Osten. Die Folgen sind fatal. Nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung wird systematisch behindert. Inzwischen gibt es schon Stasi-Gutsbesitzer, gegen die selbst die "ostelbischen Junker" sich wie piefige Kleinbauern ausnehmen. Gilt unser Grundgesetz, insbesondere dessen Eigentumsgarantie, nur im Westen?

Auch Ex-DDR-Ministerpräsident de Maizière rechtfertigt den völkerrechtswidrigen Raub. Wie glaubwürdig ist "IM Czerny"? Er und Freund Gysi waren nach eigenem Bekunden "nicht gezwungen, so entsetzlich kleinbürgerlich aufzuwachsen wie andere in der DDR", und es gab zur Wende ja auch viel wichtigere Dinge.

Zum Beispiel die Spielbankenlizenzen in der DDR. Anfang April 1990 - noch unter Ministerpräsident Modrow - erteilt das Wirtschaftskomitee dazu die Genehmigung. Am 29. Mai gründet man die Neue Deutsche Spiel-Casino GmbH (NDSC). Die Lizenz erhält die WestLB-Tochter WestSpiel. Am 8. September 1990 besucht DDR-Ministerpräsident de Maizière Friedel Neuber, den "Paten vom Rhein" und Vater dieses Geschäfts. Von Mai 1990 bis Dezember 1994 erzielt man einen Bruttospielertrag von 216 Millionen D-Mark. Abzüglich 168 Millionen Spielbankenabgaben beträgt der Nettospielertrag 48 Millionen. Nach Abzug der "Kosten" verbleibt ein Gesamtüberschuß von leider "nur" noch 1,7 Millionen. Ein gewisser Herr G. erhält 500.000 D-Mark in bar. Wie gewonnen, so zerronnen. Keiner unserer politisch domestizierten Staatsanwälte hat den Deal je untersucht. Jetzt ist der Pate tot. Es wird spannend!

In welche Hände die DDR nach der Wende geraten ist, werden wir vielleicht doch noch erfahren. Die Enteignungsopfer sind sicher ebenso gespannt wie die aus de Maizières Sicht "anderen Kleinbürger in der DDR". 

 

war bis Februar 1998 Mitglied des Vorstandes der Preussag AG und bis März 1999 Vorstandsvorsitzender der Salzgitter AG. Er verlor seine Ämter, weil er sich weigerte, eine nach seinen Erkenntnissen gefälschte Bilanz zu unterschreiben.
 
     
     
 
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