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Katastrophale Lage in der Karpato-Ukraine

 
     
 
Obwohl die Erinnerung an das jüngste Oder-Hochwasser in Deutschland noch frisch ist und die Massenmedien normalerweise nur allzu gern in jede Katastrophenberichterstattung einsteigen, ist die November-Flutwelle in der Karpato-Ukraine eigenartigerweise kein Thema gewesen.

Während die Verheerungen in Mittelamerika infolge des Hurrikan "Mitch" auch hierzulande mit großer Anteilnahme verfolgt wurden, ging die Meldung, daß zeitgleich zwischen dem 3. und 14. November in den Waldkarpaten mehrere Dutzend Menschen in den Fluten der oberen Theiß ums Leben kamen, im Nachrichten-Geschäft unter. Im ostmitteleuropäischen Grenzland zwischen Ungarn, der Slowakei, Rumänien und der Ukraine trat der bei Belgrad in die Donau mündende 977 km lange Fluß nach ungewöhnlich starken Niederschlägen in seinem Quellgebiet über die Ufer und überschwemmte etwa 250 Ortschaften. Insgesamt 350 000 Menschen waren betroffen, und Zehntausende wurden obdachlos. Neben den tagelangen Regenf
ällen sind die Umweltzerstörungen in den Karpaten infolge der exzessiven Waldbewirtschaftung während der sozialistischen Zeit die wichtigste Erklärung für die Katastrophe. Damals wurden ganze Berghänge kahlgeschlagen und so ihrer natürlichen, wasserspeichernden Vegetation beraubt.

Besonders hart traf es die wildromantisch-urtümliche Region Marmarosch im Norden Rumäniens, wo Hunderte Häuser und Dutzende Brücken weggespült wurden, aber auch den äußersten Nordosten der Republik Ungarn. Dort führte die Theiß 30 bis 40 cm mehr Wasser als dies bei den höchsten je gemessenen Pegelständen in den vergangenen 150 Jahren der Fall war. Doch alle wichtigen Dämme hielten dank des unermüdlichen Einsatzes Tausender Hilfswilliger den Wassermassen stand, so daß ein Jahrhundertunglück noch einmal abgewendet werden konnte.

Am schlimmsten traf es die zum Katastrophengebiet erklärte Karpato-Ukraine, und dort ganz besonders die hauptsächlich von der ungarischen Volksgruppe bewohnten Grenzkreise Beregszász und Huszt. Von 236 Gemeinden wurden 118 vollständig überflutet. Mindestens 15 Menschen starben. Die Perspektiven für den bevorstehenden langen Winter sind deprimierend, da der zerstörte Wohnraum – nicht zuletzt angesichts der teils erschreckenden Armut in der Ukraine – so schnell nicht wiederhergestellt werden kann. Immerhin hat die Regierung in Budapest 100 Millionen Forint für Soforthilfen bereitgestellt, und auch die Kirchen und private Organisationen in der Republik Ungarn sind mit viel Engagement für die notleidenden Landsleute und ihre ukrainischen Nachbarn im Einsatz.

Die Karpato-Ukraine ist eine ostmitteleuropäische Vielvölkerregion mit einer in diesem Jahrhundert sehr wechselvollen Geschichte. Bis 1918 gehörte das Land zwischen der Zips im Westen, Galizien und Wolhynien im Norden, dem Buchenland (Bukowina) im Osten und der Marmarosch im Süden zum ungarischen Reichsteil der Donaumonarchie, dann bis zum Zweiten Weltkrieg zur Tschechoslowakei und schließlich zur ukrainischen Sowjetrepublik. Noch heute gibt es in diesem Gebiet der wiedererstandenen freien Ukraine neben der ungarischen Minderheit Reste jener deutschen Sprachinseln, die ab der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gegründet wurden.

Im Jahre 1711 war die Umgebung von Munkatsch von den Grafen von Schönborn in Besitz genommen worden, die dort in der Folgezeit Siedler aus dem Schwarzwald, aus Franken und Oberösterreich anwarben, zu denen dann in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts noch kleinere Zuwanderergruppen aus Böhmen hinzukamen.

Insgesamt gab es schließlich 15 von Deutschen bewohnte Gemeinden, darunter einige rein deutsche Dörfer rund um Deutsch-Mokra. 1910 wurden in der Karpato-Ukraine über 62 000 Deutsche gezählt.

Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde diese Volksgruppe zwar nicht vertrieben, aber viele Menschen mußten nach der Besetzung durch die Rote Armee im Osten schwere Zwangsarbeit leisten, die eine große Zahl von ihnen nicht überlebte. So sind heute in der Karpato-Ukraine nur mehr wenige tausend Deutsche ansässig.

 

 
     
     
 
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