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Machtwechsel am Neckar

 
     
 
Machtwechsel - kein anderes Thema bewegt in diesen Tagen die Christenunion stärker. Doch während auf Bundesebene herzhaft darüber gestritten wird, wer denn nun im Jahre 2006 als Gallionsfigur den Wechsel im Berliner Kanzleramt herbeiführen soll, steht bereits fest, wann die macht am Neckar wechseln wird: Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel
beugte sich dem Drängen jüngerer "Parteifreunde" und kündigte seinen Rücktritt in knapp einem halben Jahr an.

Ein Generationswechsel sei fällig, eine Verjüngung, neue Gesichter - so argumentieren die Teufel-Kritiker. "Generationswechsel" aber kann doch kein Selbstzweck sein, er muß sachlich begründet werden. Zum Beispiel, indem indem man dem Amtsinhaber nachweisen kann, daß er zu alt, zu unbeweglich, zu wenig belastbar, zu sehr in überholten Denkkategorien verhaften ist. All dies kann man Erwin Teufel nicht nachsagen. Man muß nicht unbedingt auf das Beispiel Konrad Adenauers verweisen, der mit 73 Jahren erstmals zum Bundeskanzler gewählt wurde, um dem gerade einmal 65jährigen Teufel zu attestieren, daß die Gefahr der Vergreisung nicht akut ist.

Wenn es also nicht das Alter ist, das angeblich den Generationswechsel erzwingt, was dann? Was hat Teufel politisch falsch gemacht? Der dienstälteste Regierungschef in deutschen Landen hat es verstanden, sein "Ländle" während seiner gesamten Amtszeit bei allen wichtigen wirtschafts- und sozialpolitischen Eckdaten an der Spitze zu halten. Auf der Rangliste erfolgreicher deutscher Bundesländer kommt nach Baden-Württemberg und Bayern erst mal eine ganze Weile gar nichts - und dann der Rest der Republik. So dringend des Wechsels bedürftig kann Teufels Politik also nicht gewesen sein.

Was die persönliche Ausstrahlung betrifft, verbucht Teufel eher Minuspunkte. Rhethorische Feuerwerke sind nicht seine Sache, seine charismatische Ausstrahlung hält sich in überschaubaren Grenzen. Das zählt im Medienzeitalter - ich meine, es zählt zu viel. Staatsschauspieler, die perfekt die Kunst beherrschen, Banalitäten publikumswirksam zu inszenieren, haben wir in Berlin bereits mehr als genug. Eigentlich sollten wir doch froh sein, wenigstens auf Länderebene auch Politiker zu haben, die nicht die große Show abziehen, sondern - ganz unspektakulär - gute und erfolgreiche Politik machen.

Natürlich konnte Teufel, als er vor 13 Jahren sein Amt antrat, auf einer soliden Basis aufbauen. Sein Vorgänger Lothar Späth hatte ihm ein bestmögliches Erbe hinterlassen. Und schon dessen Vorgänger Hans Filbinger hatte das Fundament für einen beständigen Spitzenplatz gefestigt. Insofern war Teufel auch deshalb so erfolgreich, weil er hier an eine gute Tradition anknüpfen könnte.

Daneben steht allerdings auch eine schlechte Tradition - nämlich der Umgang der Baden-Württemberger mit ihren Landesvätern. Filbinger wurde aus dem Amt gejagt mit "Beweismaterial", das willige Stasi-Helfer im Westen aus DDR-Fälscherwerkstätten bezogen hatten; seine "Parteifreunde" ließen ihn fallen wie eine heiße Kartoffel. Und Späth wurde "zum Abschuß freigegeben", weil er sich Dienstreisen von privatwirtschaftlichen Unternahmen hatte finanzieren lassen (würden ähnliche Maßstäbe auch bei Privatreisen von Politikern mit anderem Parteibuch angelegt, hätte es nie einen Bundespräsidenten Rau geben können!).

So drängt sich der Verdacht auf, daß auch Teufel nicht aus Sachgründen zum Amtsverzicht gedrängt wurde, sondern aus Machtkalkül. Das gilt übrigens nicht nur für seine Stuttgarter Kontrahenten. In Berlin setzt CDU-Chefin Angela Merkel wohl auch darauf, durch eine ihr genehme Nachfolgeregelung eine "Hausmacht" in einem großen westlichen Landesverband aufbauen zu können.

 
     
     
 
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