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Mit aller Disziplin

 
     
 
Wer keine Lust mehr hat auf die scheinbar endlose Debatte über den "Bildungsnotstand" in Deutschland und ab sofort nichts mehr davon hören will, der steigt vermutlich exakt zum falschen Zeitpunkt aus der Diskussion aus. Denn nun verspricht es spannend zu werden, deutet sich an, daß der Streit zu jenem festen Kern vordringt, an dem man sich bislang verschämt vorbeigeredet hatte.

In diesen Tagen kommt ein Buch auf den Markt, dessen Hauptthese schon im Vorfeld seiner Veröffentlichung
mit einer Begeisterung herumgereicht wurde wie der Schlüssel zu der Tür, die aus den erfolglosen Anläufen der vergangenen Zeit herausführt: "Lob der Disziplin" lautet sein Titel. Autor Bernhard Bueb war 31 Jahre lang Leiter der Eliteschule Schloß Salem. Der 67jährige sieht den Urgrund der deutschen Bildungsmisere in einer Erziehungsmisere, die in den Verlust von Disziplin gemündet sei. In seiner jüngsten Berliner Rede ging Bundespräsident Horst Köhler in dieselbe Richtung, als er forderte, wir müßten damit aufhören, Disziplin als "Drill" zu diffamieren.

Es keimt die Erkenntnis, daß alle "Bildungs-" oder "Betreuungsangebote" für Kinder und Jugendliche versanden, wenn den Schützlingen nicht zuvor die Disziplin beigebracht wurde, die sie erst besitzen müssen, um mit dem Dargebotenen auch etwas anfangen zu können. Um ihre eigenen Fähigkeiten zu voller Blüte zu bringen und auch Durststrecken und Rückschläge durchzustehen, müssen die jungen Menschen gelernt haben, Regeln zu akzeptieren und zu verinnerlichen, die von glaubhaften Autoritäten aufgestellt und notfalls gegen den Willen des Nachwuchses durchgesetzt werden - so die neue alte Erkenntnis.

Bueb führt die Verleumdung von Disziplin in Deutschland wesentlich auf die NS-Vergangenheitsbewältigung zurück. Aus ihr habe sich ein Opferkult entwickelt, Opfer zu sein sei an sich moralisch erstrebenswert. Folge: Erwachsene, Lehrer wie Eltern, sind darauf erpicht, lieber "Opfer" zu sein als womöglich "Täter" zu werden. Wer sich als Opfer gewalttätiger Schüler oder anmaßender Kinder darstellt und die Verantwortung für deren Fehlverhalten auf die "Gesellschaft" schiebt, gewinnt moralische Glaubwürdigkeit. Wer beherzt handelt, gerät in "Täter"-Verdacht und muß sich rechtfertigen. Erst kürzlich landete eine Hamburger Lehrerin am Pranger, weil Schüler behauptet hatten, sie habe sie zur Strafe für Fehlverhalten an einem Kleiderhaken aufgehängt. Die Lehrerin bestreitet das zwar energisch, von örtlichen Medien aber wurde der Fall kräftig ausgeweidet, der Ruf der Pädagogin nachhaltig beschädigt. Aufmüpfige Schüler haben es in der Hand, Pädagogen vor einer ganzen Stadt bloßzustellen.

Köhler beruft sich auf die preußischen Bildungsreformen Humboldts als Vorbild für die Neubesinnung - zu Recht. Es bleibt nur zu ergänzen, daß Preußen zunächst Willkür und Schlendrian durch Recht und Disziplin ersetzte und so die Grundlage schuf, auf welcher die Humboldtschen Reformen aus Preußen, dann aus ganz Deutschland ein Land der hochmotivierten Lehrer und eifrigen Lerner machen konnten.
 
     
     
 
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