|  | Am Ostrand der EU, wo sich Fuchs und Hase  angeblich „gute Nacht“ sagen und laut anderen Experten der „Teufel seinen Hut  verlorenen hat“, tat sich im Schatten der Fußball-WM Erstaunliches. Rumäniens  EU-Politiker, mit einem Bein schon in der Union, mit dem anderen im Gefängnis,  nahmen ihren bevorstehenden potentiellen EU-Beitritt  zum Anlaß, einem weiteren  Beitrittswilligen, der Republik Moldawien, vorzuschlagen, sich nach erfolgtem  Beitritt zu vereinigen. Die Sirenenmusik kam von Rumäniens Präsident Traian  Basescu persönlich, wobei Außenminister Mihai-Razvan Ungureanu die zweite Stimme  gesungen hat. Der Präsident Moldawiens, Altkommunist Vladimir Voronin, donnerte  mit Marx- und Engelszungen zurück: „Die Republik Moldau wird sich mit niemandem  vereinigen, keinesfalls auf staatlicher Ebene. Wir werden uns mit der großen  europäischen Familie vereinigen“, schloß der moldawische Präsident und merkte  nicht einmal, daß er zurücknahm, was er zuvor mit großer Überzeugungskraft  gesagt hatte. 
 Vladimir Voronin erschreckte damit nicht etwa  den rumänischen Präsidenten, er verdarb ausgerechnet Bundesaußenminister  Steinmeier den Tag, der seine Befürchtungen im Zusammenhang mit neuen  EU-Interessenten nun bestätigt sah, und es sogar auf einen „stillen Konflikt“  mit der EU-Kommission ankommen ließ.
 
 Rumäniens Präsident und mit ihm eine ganze  Reihe rumänischer Politiker hofften allen Ernstes auf eine Vereinigung mit  Moldawien innerhalb der EU, gehen sie doch davon aus, das Gebiet östlich des  Pruth sei ureigenes rumänisches Land, war es doch bis 1484 Teil des Fürstentums  Moldau, dem Reich Stephans des Großen, den Rumänen wie Moldawier als  Nationalhelden verehren. 1484 bis 1859 war es zwar türkische Provinz, aber schon  1812 teilten sich die Türkei und Rußland die Moldau auf: östlich des Pruth wurde  das Land russisch, westlich des Pruth blieb es türkisch. Am 20. November 1918  kam es wieder zu Rumänien, bis zum Juni 1940, als es wieder unter die Sowjets  fiel. Nach dem Zerfall der Sowjetunion erklärte sich Moldawien im Juni 1990 zu  einer „unabhängigen Republik“, von der sich aber Transnistrien in einer von März  bis August 1992 dauernder militärischer Auseinandersetzung loslöste und zur  prorussischen Dnjester-Republik wurde.
 
 Die Ankündigung Basescus löste in Transnistrien  heftige Reaktionen aus. „Wie Basescus Deklaration zeigt, sind die Ansprüche  Rumäniens auf die Moldauische Republik unverändert“, sagte Transnistriens  Sicherheitsminister Vladimir Antiufeew, „daher wird Transnistrien um die  Verstärkung der ‚russischen Friedenstruppen‘ ersuchen.“
 
 Jenseits aller anderer Überlegungen ist ein  Konflikt mit Rußland das letzte, was die EU gebrauchen kann. Auch ist fraglich,  ob die EU auch noch 4,5 Millionen Moldawier verkraften kann. Das Land ist arm  wie eine Kirchenmaus: 2002 betrug das Bruttoinlandsprodukt nur 1,5 Milliarden  Euro (Rumänien 48,4 Milliarden Euro im Jahr 2002), der Durchschnittslohn lag bei  30, ein Rentner erhielt im Schnitt 12 Euro.
 
 Dabei läuft Rumänien praktisch Gefahr, nicht in  die EU aufgenommen zu werden. Am 14. Juli 2006 stellte die Tageszeitung „Adevarul“  (Die Wahrheit) fest: „Bei Unterschlagungen von europäischem Geld nimmt unser  Land den ersten Platz ein.“ Die „Korruption in Rumänien“ hat in Brüssel wieder  Vorrang. Die Europäische Kommission führte an, Rumänien sei „Champion“ bei  „Ungereimtheiten“ der Nutzung von Geld aus verschiedenen europäischen  Sonderfonds („SAPARD“, „PHARE“, „ISPA“). „Zweckentfremdung, fehlende,  unvollständige oder gefälschte Unterlagen“ seien nur einige Beispiele, so  EU-Offizielle. Laut „OLAV“, dem „Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung“, hat  Rumänien gegenwärtig 22 Betrugsfälle am Hals, weitere elf Länder aber zusammen  nur drei.
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