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Neugier und Entdeckerfreude

 
     
 
Eigentlich sollte es ein besinnlicher Tag werden. Ein Tag, an dem die Kunst im Vordergrund stehen würde, der Besuch in einem der altehrwürdigen Hamburger Museen. Die Kunsthalle schien am besten geeignet, die Sinne zu erfreuen. Ein zwangloser Bummel durchs Museum, hier und da innehalten, eintauchen in die Welt der großen Meister, Runge vielleicht oder Cas-par David Friedrich. Vielleicht würde es sich auch ergeben, daß man an den mittelalterlichen Altarbildern des Meisters Francke verweilte, vielleicht aber auch bei Edvard Munch, Franz Marc, Paul Klee und Lyonel Feininger. Ein Fest für die Augen sollte es werden ...

Früh war der Aufbruch, dann würde es noch nicht so voll sein in der Kunsthalle. Die Touristen würden sicher erst die anderen Attraktionen der Hansestadt besuchen. Dennoch war der Eingangsbereich überfüllt. Neben einigen Erwachsenen drängten sich vor allem Kinder und Jugendliche vor der Garderobe, um dann durch den Kassenbereich geschleust zu werden. Vorbei war s mit der erhofften Ruhe und Beschaulichkeit.

Während frühere Generationen noch voller Ehrfurcht ein Museum betraten ("Macht ja keinen Lärm", "Lauft nicht wild durch die Gegend", "Drängelt nicht", so die Ermahnung der Lehrer im voraus), sind die "Kids" von heute da temperament
voller. In Windeseile saust die eine Gruppe die große Treppe empor, so schnell, daß einer der hoffnungsvollen Kunstjünger einen Schuh verliert. Dieses Malheur muß - natürlich unter Gelächter - erst einmal behoben werden. Dann aber geht s in die eigentlichen "heiligen Hallen". Dort wird s dann merklich stiller. Aufmerksam lauschen die Kinder den Ausführungen einer jungen Frau, die ihnen ein Bild von Philipp Otto Runge näherbringt, "Die Hülsenbeckschen Kinder" aus dem Jahr 1805/06. Schon einmal saßen Kinder vor diesem wichtigen Werk des Malers aus Pommern, das war 1967, als die Malschule in der Kunsthalle ins Leben gerufen wurde. Getreu dem Motto ihres langjährigen ersten Direktors Alfred Lichtwark (1852-1914), "Man kann nicht früh genug anfangen", sollten Kinder ab fünf Jahren von Kunstpäd- agogen an einzelne Werke herangeführt werden.

An allen Werktagen (außer Montag) werden heute vier bis sechs Nachmittagskurse angeboten. Aus dem lebhaften, interessierten Treiben ist nun ein kleines Buch entstanden, das zeigt, wie sehr Kinder Lust haben am dilettantischen Selbermachen: Das Kind als Künstler - Kleine und große Meister in der Hamburger Kunsthalle (Hg. Thomas Sello, Dölling und Galitz Verlag, Hamburg, 120 Seiten, 250 Farbabbildungen, broschiert, 15 Euro). Da wird mit großer Begeisterung und auch einigem Nachdenken gedruckt, geknetet, modelliert, gezeichnet, getuscht, collagiert. Treffende Kommentare der Kinder und kurze Erklärungen zu den einzelnen Künstlern, aber auch Hinweise zu den verwendeten Materialien machen diese Broschüre zu einer wahren Fundgrube auch für kreative Nachmittage daheim.

Seit nunmehr fünf Jahren gibt es in der Galerie der Gegenwart, einem neuen Haus der Hamburger Kunsthalle, jeweils am Sonnabend von 14 bis 18 Uhr eine sogenannte "Kinderzeit". Hier werden Kinder im Alter von vier bis zwölf Jahren von Museumspädagogen betreut, während die Eltern die Möglichkeit haben, in Ruhe die Ausstellungen anzusehen. Allein im vergangenen Jahr waren es mehr als 3.000 Kinder, die mit Feuereifer bei der Sache waren, wenn es um schöpferisches Tun ging. Wie auch in der Malschule geht es nicht um die Förderung Hochbegabter, im Mittelpunkt des Interesses stehen alle, die mit Neugier und Entdeckerfreude, mit Fröhlichkeit und Heiterkeit an das Thema Kunst herangehen wollen, um Kinder, die einmal die Museumsbesucher von morgen sein werden.

Peter van Lohuizen

Inspiriert von Philipp Otto Runge: Antonias (5 Jahre) Version von den "Hülsenbeckschen Kindern" Foto: aus dem vorgestellten Buch

 
     
     
 
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