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Nordkoreaner drängen in die Freiheit

 
     
 
Die Deutschen kennen das Phänomen als Beginn einer historischen Wende. Wer aus der isolierten Diktatur, in der er lebt, fliehen will, flüchtet in einem benachbarten Land in die Botschaft eines freien Landes. So war es vor 13 Jahren in Prag und so war es, prima vista, auch vor wenigen Wochen in Peking.

Aber der erste Blick täuscht. Da ist zum einen der Unterschied, daß es sich bei den Nordkorea
nern, die auf dem Gelände der deutschen Botschaftsschule Zuflucht gesucht hatten, nicht um eine Massenbewegung handelte. Diese alles in allem nicht einmal 20 Schwalben machen noch keinen revolutionären Herbst. Die Kommunisten in China und Nordkorea waren sich einig, daß man diese Handvoll Leute gefahrlos ziehen lassen kann.

Dann ist da auch der große Unterschied zwischen dem Regime in Prag damals und dem in Peking heute. Die Kommunistische Partei in der damaligen Tschechoslowakei wankte, schon wenige Monate später war der Bürgerrechtler Vaclav Havel Präsident des Landes. Das ist im Fall Nordkorea und erst recht im Fall China zur Zeit kaum vorstellbar. Die blutige Niederwalzung der Demonstranten auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking hat gezeigt, daß Reformbewegungen in Richtung Demokratie und Freiheit in diesem Teil der Welt vorerst keine Chancen haben. Man muß sogar damit rechnen, daß Peking jetzt noch kompromißloser gegen nordkoreanische Flüchtlinge vorgehen und die Botschaften, insbesondere die deutsche, noch schärfer bewachen und abschirmen wird.

Dennoch: Der Vorgang zeigte auch, daß der Mensch, wie Pascal schon sagte, im Grunde unveränderlich ist. Sein Streben nach persönlicher Freiheit gehört zu seinem Wesen, gewissermaßen zu seiner Natur. Die Geschichte der Menschheit ist eine Geschichte dieses Freiheitsstrebens. In diesem So-Sein des Menschen steckt ein Sollen für die Politik. Sämtliche totalitären Ideologien von links bis rechts haben das erfahren und sind untergegangen, am Menschen gescheitert sozusagen - freilich um den furchtbaren Preis von zig Millionen Opfern. Gerade das vergangene Jahrhundert ist voll von schrecklichen Beispielen für die Opfer des menschlichen Freiheitsdranges. Natürlich ist das auch eine Frage der Kultur. Aber so wie die Menschenrechte unteilbar sind, so verhält es sich auch mit der Freiheit. Auch China wird das einmal erfahren. Nordkorea sowieso. Dem einzelnen freilich hilft die Hoffnung auf den irgendwann kommenden Sieg der Freiheit wenig. Er braucht sie heute. Und deshalb wird es auch weiterhin immer wieder Flüchtlinge aus Diktaturen in die Schlupflöcher der Freiheit geben.

Und noch eins zeigt das kleine Ereignis von Peking: Auch das Meinungsmonopol der Herrschenden, das Einsperren im Informationskerker - die chinesischen Kommunisten überwachen die Internetanschlüsse und lassen selbst Internetseiten verfolgen - können auf Dauer den Drang des Menschen nach Freiheit nicht unterdrücken. Alle großen Zukunftsromane drehen sich um die Manipulation des Denkens und Fühlens. Aber die Wahrheit wohnt der gerechten Sache inne, meinte Gandhi, im Rückkehrschluß heißt das: Die ungerechte Sache ist ein Werk der Lüge, die Manipulation ein Betrug am Menschen. Darüber sollten - jetzt, nach der "Schlacht" - auch manche Wahlkämpfer in Deutschland einmal nachdenken. Das Land wäre freier. Denn die Wahrheit ist es, die befreit. Li
 
     
     
 
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