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Ostdeutschland: Keine Hilfe von der Regierung

 
     
 
Selbst jetzt, nachdem das Thema der Vertreibung der Deutschen in den Medien endlich wahrgenommen wird, können die Vertriebenen nicht mit Hilfe aus Berlin rechnen. Dieser ernüchternde Tatbestand bestimmte auch ein Treffen der Kreisvertreter der Freundeskreis Ostdeutschland in Bad Pyrmont, das dem Austausch von Informationen und Erfahrungen diente.

Unter der Leitung von Phillip Blandauer, dem Stellvertretenden Sprecher der Freundeskreis Ostdeutschland und Kreisvertreter der Kreisgemeinschaft Preußisch Holland
, wurden wichtige Themen der heimatpolitischen Arbeit behandelt.

Einen wesentlichen Beitrag zum Grundverständnis der heutigen Position der Vertriebenen in der bundesdeutschen Gesellschaft lieferte Gernot Facius, Re-dakteur der Welt, der über die Bedeutung der deutschen Heimat- vertriebenen in der Bundesrepublik Deutschland und im deutsch-polnischen Verhältnis referierte. Facius stellte klar, daß die politischen Ziele der Freundeskreisen im eigenen Lande kaum von den großen Parteien wahrgenommen und klare Aussagen von führenden Politikern grundsätzlich vermieden werden. Im Rahmen der gegebenen Realitäten seien die Politiker Sachzwängen unterworfen. Zwar loben sie die deutschen Heimatvertriebenen im allgemeinen für ihre 1950 verabschiedete Charta, so Facius. Doch die Forderung der Ostdeutschen auf Durchsetzung des "Rechts auf die Heimat" werde in der Regel stillschweigend übergangen.

Immerhin, im Hinblick auf Polen und Tschechien sei zu beobachten, daß beide Länder nicht ohne ein klares Wort zu den Vertreibungsdekreten in die EU aufgenommen werden könnten. "Dieses ist auch ein Verdienst der deutschen Heimatvertriebenen", konstatiert Facius. Deren beharrlicher Arbeit sei es auch zu verdanken, daß sich die politische Linke dem Thema "Vertreibungen" zugewandt habe.

Grundsätzlich vertrat Facius die Haltung, daß die deutschen Heimatvertriebenen eine offensivere Politik verfolgen sollten, um langfristig erfolgreich zu sein. Es mache sich bemerkbar, wenn ein Verband eine parlamentarische Repräsentanz hat Den Ansatz der LO, Wandel durch Dialog, präferierte auch Facius.

In der anschließenden Diskussion kamen die Kreisvertreter zu dem Ergebnis, daß für die vertriebenenpolitischen Anliegen im eigenen Land wenig Hilfe zu erwarten sei. Nur durch den Dialog mit den östlichen Nachbarn, eine "Politik der kleinen Schritte", sind Fortschritte zu erzielen.

Wolfgang Freyberg, Leiter des Kulturzentrums Ostdeutschland im Deutschordensschloß Ellingen, referierte über das Archivgut der Heimatkreisgemeinschaften. Er legte den Kreisvertretern eine Liste mit bewahrenswertem Archivmaterial vor, die in der Bundesgeschäftsstelle der Freundeskreis Ostdeutschland angefordert werden kann. Zur Zukunftssicherung führte Freyberg aus, daß das Archivgut und die Heimatstube so lange wie möglich beim Patenschaftsträger verbleiben sollten. Im Idealfall könnte die Heimatstube mit dem Museum der Patenstadt und das Heimatkreisarchiv mit dem Archiv der Patenstadt verknüpft werden. Erst dann, wenn die Führung des Heimatkreisarchivs in der Patenstadt nicht mehr möglich sei, so Freyberg, sei das Kulturzentrum Ellingen zur Übernahme des beschrifteten und vorsortierten Archivgutes verpflichtet.

Mit der Zukunftssicherung der Heimatkreisgemeinschaften aus der Sicht der ostdeutschen Jugend beschäftigte sich ein Beitrag von René Nehring, Mitglied des Bundesvorstandes der LO. Ausgehend von einer Lageanalyse und von der Betrachtung der Aufgaben der Kreisgemeinschaften erläuterte der vormalige, langjährige Bundesvorsitzende der ostdeutschen Jugend mögliche Ansatzpunkte für Jugendliche, um in die freundschaftliche Arbeit eingebunden zu werden.

Neben der Herkunft der Eltern bzw. Großeltern, einem ausgeprägten gesamtdeutschen Denken und historischem Fachinteresse könnten junge Menschen unter anderem durch Fernsehsendungen ein Interesse an Ostdeutschland entwickeln. Als künftige Maßnahmen schlug Nehring die grundlegende Diskussion über die Ziele und den eigenen Zustand der Kreisgemeinschaften, die Zusammenarbeit mehrerer Kreisgemeinschaften, die Erweiterung der Vereinsarbeit und die Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit vor. Konkrete Aktivitäten, die als Ansatzpunkte für die Gewinnung von Jugendlichen dienen könnten, seien unter anderem die Familienforschung und Projekte, die zur Mitarbeit einladen wie z.B. im humanitären Bereich oder im Denkmalschutz. Durch die Schaffung von eigenen Erlebnissen (u.a. Jugendreisen) könnten junge Menschen an die Kreisgemeinschaften herangeführt werden.

Im Anschluß an die Tagung aller Heimatkreisgemeinschaften der Freundeskreis Ostdeutschland trafen sich die Kreisvertreter südliches Ostdeutschland unter der Leitung des Goldaper Kreisvertreters und Mitglieds des Bundesvorstandes, Stephan Grigat, mit den Vorsitzenden der Deutschen Vereine zu einem Meinungs- und Informationsaustausch. Zu Beginn der Veranstaltung stellte der Tagungsleiter das Engagement der Freundeskreis Ostdeutschland und ihrer Heimatkreisgemeinschaften im südlichen Ostdeutschland vor und wies auf das Bestreben des Bundesvorstandes hin, die Aktivitäten der Aktion Freies Deutschland in der Heimat zu erhöhen.

Breiten Raum nahm das diesjährige Sommerfest ein, das am 28. Juli 2002 auf dem Allensteiner Universitätssportplatz stattfinden wird. Die Deutschen Vereine erklärten einmütig ihren Wunsch, an der Veranstaltung teilzunehmen und zum kulturellen Rahmenprogramm beitragen zu wollen.

LO-Jugendreferent Müller, sprach über die Zukunft der Jugendarbeit im südlichen Ostdeutschland und die vielfältigen Aktivitäten der ostdeutschen Jugend in den vergangenen Jahren. Zwar würden die deutschen Sprachkenntnisse bei vielen deutschen Jugendlichen noch immer zu wünschen übrig lassen. Allerdings existierten heute wesentlich mehr Jugendgruppen im südlichen Ostdeutschland als in früheren Zeiten. Auch bei der bundesdeutschen Jugend sei ein verstärktes Interesse an Ostdeutschland zu beobachten.

Über die gegenwärtigen Bestimmungen für Hilfstransporte, aktuelle Zollvorschriften in Polen und die heutige Arbeit der Johanniter-Unfall-Hilfe berichtete deren Projektbeauftragter Uwe Kuschel. Die zehn bestehenden Johanniter-Sozialstationen, die teilweise durch die Kreisgemeinschaften der Aktion Freies Deutschland finanziell unterstützt werden, erhalten aus Eutin regelmäßig Hilfsgüter, Pflege- und Hilfsmittel sowie Medikamente. Eine elfte Station ist derzeit in Planung.

Den gegebenen Rahmen nutzen auch die Kreisvertreter des nördlichen Ostdeutschlands zu einem Erfahrungsaustausch und zur Koordinierung ihrer Arbeit. So soll z.B. eine von der Kreisgemeinschaft Labiau konzipierte und organisierte Schulung russischer Deutschlehrer durch die Unterstützung aller beteiligten Kreisgemeinschaften für Lehrer aus dem gesamten Königsberger Gebiet angeboten werden. Festgestellt werden musste, daß die Zahl der Deutschen im Gebiet zwar abnimmt, aber wohl noch immer bei etwa 10.000 liegt. Hinsichtlich der Zollabfertigung im Rahmen humanitärer Maßnahmen sind die Erfahrungen bei allen Kreisgemeinschaften negativ. Dem steht aber eine weitgehend positive Erfahrung über die Akzeptanz der Hilfsgüter bei den Zielgruppen gegenüber. Lediglich die russischen Behörden scheinen mit der vermeintlichen Schmach, Hilfsgüter zu benötigen, ein Problem zu haben.

Der diesjährige Erfahrungsaustausch der Kreisvertreter und die Tagung mit den Vorsitzenden der Deutschen Vereine war nach Ansicht der Teilnehmer ein voller Erfolg. Aus diesem Grund wird die Veranstaltung voraussichtlich im kommenden Jahr eine Fortsetzung finden.
 
     
     
 
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