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Paradoxe Arbeitswelt

 
     
 
Die Spargelsaison in Deutschland hat wieder begonnen und mit ihr das paradoxe Phänomen, daß trotz fünf Millionen Arbeitslosen Tausende Erntehelfer in Bussen für Wochen aus Osteuropa herangekarrt werden, um die körperlich schwere Arbeit zu verrichten.

Neu ist in diesem Jahr allerdings die Vorschrift, daß die Landwirte nur 80 Prozent der im letzten Jahr beschäftigen Ausländer anstellen dürfen. Trotz dieser Vorschrift wurden aber kaum deutsche Erntehelfer bei den Arbeitsagenturen geordert. Ein Grund, warum die Spargelbauern deutsche Arbeitslose als Erntehelfer meiden, ist die Behauptung, daß sie weniger belastbar wären und häufig schon nach ein paar Tagen nicht mehr beim Dienst erscheinen würden. Doch hier haben einige regionale Arbeitsagenturen vorgesorgt, indem sie dieses Jahr den deutschen Arbeitslosen eine "Durchhalteprämie" versprechen. Ob diese große Wirkung zeigt, ist derzeit anzuzweifeln - nicht weil die Arbeitslosen zu unmotiviert wären, sondern weil die Landwirte sie trotzdem nicht ordern. Jetzt sollen modernste Maschinen die Arbeit der nicht genehmigten Osteuropäer verrichten.

Aber nicht nur in der Erntezeit zeigt sich, daß Deutschland ein Problem mit der Unterbringung seiner häufig geringqualifizierten Arbeitslosen hat. Eine neue OECD-Studie
stellt Deutschland ein miserables Zeugnis aus. Hier ist die Zahl der geringqualifizierten Erwerbspersonen im Alter von 25 bis 64 Jahren ohne Abitur und ohne abgeschlossene Berufsausbildung mit Abstand am höchsten: 18 Prozent dieser Gruppe sind ohne Arbeit. Nur Frankreich und Spanien haben ähnlich schlechte Werte (12,1 Prozent und 11,2 Prozent). Alle anderen untersuchten Länder weisen nur einstellige Prozentwerte auf. Die Niederlande glänzen hiernach mit 3,8 Prozent.

Doch woran liegt es, daß Deutschland so schlecht abschneidet? Schließlich haben alle Länder mit den Folgen der zunehmenden Automatisierung zu tun, die vor allem die Berufsgruppe der Geringqualifizierten trifft. Auch haben alle an der Untersuchung beteiligten Staaten mit der Globalisierung zu kämpfen, die ebenfalls in diesem Bereich viele Arbeitsplätze vernichtet, da gerade diese in Billiglohnländer wie China, Indien und Osteuropa abwandern.

Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln hat die OECD-Studie kommentiert. Hiernach sind die fehlenden Arbeitsanreize aufgrund der niedrigen Spanne zwischen Sozialleistungen und dem Erwerbsentgelt der Grund.

Das hat auch die große Koalition erkannt und ringt um Lösungen. Das flächendeckende Kombilohnmodell der Union ist gescheitert, was Sozialdemokraten, Wirtschaft und Gewerkschaften freut. Eine Alternative ist allerdings nicht in Sicht. Steuergutschriften und die Erhöhung der Zuverdienstgrenzen bei Langzeitarbeitslosen stehen in der Diskussion, die allerdings nicht sonderlich leidenschaftlich geführt wird.

Ein Blick in die anderen Länder müßte eigentlich Ideen liefern, doch das scheint vielen offenbar zu einfach. Bel

Spargelernte: Erntehelfer aus Osteuropa werden Deutschen vorgezogen.
 
     
     
 
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