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          "Die aus dem Hause des Bundeskulturbeauftragten Naumann     bekanntgewordenen Vorstellungen zur künftigen Förderung der ostdeutschen Kulturarbeit     sind ebenso alarmierend wie unausgewogen. Das 15seitige Papier aus dem Hause Naumann     offenbart eine frappierende Unvertrautheit mit der tatsächlichen Arbeit und den allgemein     anerkannten Leistungen bewährter regionaler wie überregionaler Kultureinrichtungen der     Vertriebenen. Sachliche Fehler, Widersprüche und merkwürdige Vorstellungen über eine     "Regionalisierung" der Kulturarbeit, bei denen z. B. irgendwo zwischen Seite 5     und 7 das Sudetenland ,verschwindet, kennzeichnen das Ganze als einen     bürokratischen    Blindgänger erster Ordnung. Hinter Worthülsen wie     ,Synergieeffekten und ,musealer Community wird der Wille erkennbar, das     reichgegliederte Kulturleben der Ost-, Sudeten- und Südostdeutschen mit dem     Schlachtermesser zu entleiben.
       Die in Aussicht genommene Einrichtung einer ominösen zentralen ,Kulturstiftung     östliches Europa als Träger einer quasi verstaatlichten Kulturarbeit wäre eine     Entmündigung der Vertreibungsopfer als den nach wie vor entscheidenden Trägern dieser     Arbeit. Es darf nicht sein, daß für ein so unbestimmtes Vorhaben seit Jahrzehnten     erfolgreich tätige Einrichtungen wie die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, der     Ostdeutsche Kulturrat, die Kulturreferate der Freundeskreisen durch Einstellung jeder     Förderung liquidiert oder durch aberwitzige Konstruktionen wie etwa die beabsichtigte     Fusion des ,Adalbert-Stifter-Vereines mit dem ,Südostdeutschen Kulturwerk     oder die Überführung des Siebenbürgischen Landes- in das Donauschwäbische     Zentralmuseum entwertet werden.
       Die Vertriebenen verwahren sich gegen diesen Entmündigungs- und Kahlschlagversuch und     erwarten von der Bundesregierung, daß sie den Sinn des § 96 BVFG nicht völlig entleert     oder gar in sein Gegenteil verkehrt: ,Bund und Länder haben entsprechend ihrer durch das     Grundgesetz gegebenen Zuständigkeit das Kulturgut der Vertreibungsgebiete in dem     Bewußtsein der Vertriebenen und Flüchtlinge, des gesamten deutschen Volkes und des     Auslandes zu erhalten, Archive, Museen und Bibliotheken zu sichern, zu ergänzen und     auszuwerten sowie Einrichtungen des Kunstschaffens und der Ausbildung sicherzustellen und     zu fördern ...
       Dies ist eindeutig und sollte eigentlich Vorstellungen einer vagen     ,Ostmitteleuropa  oder ,Östliches-Europa-Kulturarbeit ausschließen.     Die am grünen Schreibtisch entworfene großräumige ,Regionalisierung, bei der z.     B. Tschechien mit Rumänien und Ungarn oder Ost- und Westpreußen mit ,Teilen der     GUS-Staaten zusammengeworfen werden, ist völlig ahistorisch und wird auch den     kulturellen Eigenarten der östlichen Nachbarvölker in keiner Weise gerecht. Über     Rußland, aus dem noch heute die meisten Deutschen als Aussiedler zu uns kommen, liest man     gar nichts.
       Die kulturelle Breitenarbeit der deutschen Heimatvertriebenen findet keinerlei Raum in     diesem Entwurf und wäre dann zum Tode verurteilt.
       Nur einem Satz in dem Papier ist uneingeschränkt zuzustimmen: ,Von Fachleuten und     politischer Seite wird es Kritik geben.
       Wenn über eine Neustrukturierung der ostdeutschen Kulturarbeit und ihrer Förderung     nach § 96 BVFG sinnvoll nachgedacht werden soll, muß dies in enger Absprache mit den     Vertriebenen und ihren Einrichtungen geschehen und nicht in Gutsherrenmanier über ihre     Köpfe hinweg. Der Bund der Vertriebenen bietet eine konstruktive Zusammenarbeit für eine     tragfähige und zukunftsweisende Lösung ausdrücklich an."
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