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SPD-Ministerpräsidenten kündigen die Parteitreue

 
     
 
Die Große Steuerreform der christlich-liberalen Bundesregierung scheiterte am Bundesrat. Sein Nein machte das bereits vom Deutschen Bundestag verabschiedete Gesetzeswerk zur Makulatur. Das Nein der Länderkammer hatte Oskar Lafontaine organisiert. Die SPD-geführten Landesregierungen wurden vom SPD-Vorsitzenden in die Pflicht genommen, das wichtigste Reformwerk der Regierung Kohl
zu verhindern und ihre Länderinteressen für den angestrebten Wahlsieg der Sozialdemokraten zu opfern. Zu opfern, denn es war ein offenes Geheimnis, daß keineswegs nur die Unionsländer Waigels Steuerreform wollten.

Schon damals zeichnete sich ab, daß der Widerstand des Bundesrates nach einem Wahlerfolg der CDU/CSU/FDP-Koalition erlöschen würde. Nun aber hat Rotgrün gesiegt – und dem neuen Bundesfinanzminister steht Ärger ins Haus, weil die SPD-Ministerpräsidenten nach Erfüllung ihrer Parteipflicht nunmehr wieder an die finanzpolitischen Interessen ihrer Bundesländer denken.

Vergangene Woche bekam dies Lafontaine bereits zu spüren, als auf der Finanzministerkonferenz die Rettungsaktion für die notleidenden Bundesländer Bremen und Saarland angesprochen wurden. Beide Länder müßten eigentlich als bankrott bezeichnet werden, wollte man sie wie privatwirtschaftliche Unternehmen bewerten. Langjährige sozialdemokratische Mißwirtschaft hatte dazu geführt, daß das Bundesverfassungsgericht schon 1992 feststellen mußte: Beide Länder befinden sich in einer Haushaltsnotlage. Seit 1994 greift denn auch der Bund mit Milliardenhilfen ihnen unter die Arme, damit sie ihre gesetzlichen Pflichten erfüllen können. Diese Sonderzuweisungen aus Bundesmitteln sind jedoch zeitlich befristet. Sie werden am 31. Dezember versiegen, wenn es nicht zu einer neuen Regelung kommen sollte. Daß eine solche noch immer nötig ist, ergibt sich aus dem Versagen beider Länder, ihre Finanzen in Ordnung zu bringen.

Bundesfinanzminister Theo Waigel hatte denn auch im Frühjahr Ministerpräsident Oskar Lafontaine und Senatspräsident Hennig Scherf (beide SPD) in Aussicht gestellt, ihre Länder auch 1999 nicht im Regen stehen zu lassen. Bremen sollte im kommenden Jahr 1,8 Milliarden und das Saarland 1,2 Milliarden Mark erhalten. Waigel verlangte allerdings, daß sich auch die Länder an dieser Nothilfe beteiligen sollten. Er appellierte an die Solidargemeinschaft der Länder, doch auch die SPD-geführten stellten sich taub.

Nun erklärten sie dem neuen Bundesfinanzminister, daß sich an ihrer ablehnenden Haltung nichts geändert habe. Das SPD-geleitete hessische Finanzministerium ließ verlauten: "Damals hat die SPD-Opposition im Bundestag den Haushaltsentwurf von Ex-Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) heftig kritisiert. Insbesondere Oskar Lafontaine war ein wichtiger Akteur bei der Kritik an Waigel. Wir gehen deshalb davon aus, daß die neue Bundesregierung in ihrem Etatentwurf die Sanierungshilfe für Bremen und das Saarland in voller Höhe berücksichtigt". Und aus Schröders Stammland Niedersachsen war zu hören, Lafontaines Forderung an die Länder, einen Teil der Sanierungslasten zu übernehmen, sei zwar "menschlich verständlich, finanzpolitisch aber nicht".

Doch damit nicht genug: Für die Erhöhung des Kindergeldes um 30 Mark monatlich ab Januar 1999 fordern die Länder einen Ausgleich von 1,8 Milliarden Mark. Ab 2002, wenn das Kindergeld um weitere 10 Mark auf 260 Mark erhöht werden soll, wollen sie Ausgleichszahlungen in Höhe von 2,2 Milliarden. Es heißt, daß Lafontaines Truppe im Bundesfinanzministerium von dieser Hartleibigkeit der Länder, insbesondere der SPD-Länder, "völlig überrascht" worden sei. Von einem hilfreichen Machtwort des Kanzlers war bisher nichts zu vernehmen. Im Gegenteil: In Bonn wird sogar kolportiert, daß in der Umgebung Schröders eine gewisse Schadenfreude nicht zu übersehen sei.

Lafontaines schlechte Laune wird zusätzlich von einer neuen gewichtigen Sach- und Personalentscheidung des Kanzlers genährt: Schröder entzog dem Finanzministerium die Vorbereitung des Gipfeltreffens der G7- und G8-Staaten und berief dafür den Aache- ner Finanzwissenschaftler Klaus Gretschmann ins Kanzleramt, von dem man weiß, daß er zu den Kritikern der währungspolitischen Vorstellungen des Bundesfinanzministers gehört. Lafontaine steht Ärger ins Haus.

 

 
     
     
 
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