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Sprachgewaltige Vorbilder

 
     
 
Der schwäbisch-sparsame Häuslebauer ist "out", zumindest wenn er sich seinen Lebenstraum von Schwäbisch Hall finanzieren läßt: Die Bausparkasse verpaßte ihrer Zeitschrift einen frischen "look", verbreitet "news" und "specials", zum Beispiel über den "fogging effect", mit dem "housebuilder" selbst beim Bau eines "town & country"-Fertighauses konfronfrontiert sein können. Da hilft dann nur noch das "fitness feeling" unter der Brause - alles "powered by" Schwäbisch Hall, der Bausparkasse für deutsche Sprachruinen.

Der für solchen Blödsinn Verantwortliche, SH-Chef Alexander Erdland, hat sich mit derlei Sprachgewalt immerhin einen aussichtsreichen Platz auf der Kandidatenliste für den "Sprachpanscher des Jahres 2002" erarbeitet, eine "Auszeichnung", die vom Verein deutsche Sprache vergeben wird.

Zu den Mitbewerbern zählt Uli Hoeneß, Geschäftsführer des FC Bayern München, der seine ballspielenden Jungmillionäre auswärts im "away shirt" auflaufen läßt, derweilen er selbst auch in ausgesprochenen "win-win-situations" noch über "ups and downs" nachdenkt.

Bärbel Höhn, grüne Umweltministerin in NRW, "fightet" für "easy going", "flower power" und "home run". Nichts verstanden? Ist doch ganz einfach, man könnte fast sagen, "cool": Es geht um artgerechte Tierhaltung, um Obst und Gemüse, um regionale Vermarktung
landwirtschaftlicher Produkte, wie man es ewiggestrig-hochdeutsch ausdrücken könnte.

Klaus Zumwinkel, Herr über jene "global mail", die früher einmal Deutsche Post hieß, läßt für romantische Gemüter ein eigenes "love letter building" errichten. Daneben gibt es natürlich weiterhin den gewöhnlichen "postage point", an dem man übrigens auch Pakete aufgeben kann, in den Größen "small", "medium", "large" und "extra large". Nicht zu vergessen - pardon: last not least: Elisabeth Pott, deren Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit der tiefsinnigen Erkenntnis "you cannot rewind your life" vor Aids warnt.

Die fünf Sprachpanscher-Kandidaten stehen für wichtige Bereiche des öffentlichen Lebens. Sie üben nicht nur - jeder an seinem Platz - leitende Funktionen aus, sondern haben eine Funktion gemeinsam: Sie sollten Vorbilder sein. Das sind sie - leider im total negativen Sinne - auch. Denn das von ihnen verbreitete Deutsch-Englisch-Denglisch-Gestammel kann sich nur deshalb immer stärker ausbreiten, weil die sogenannten gesellschaftlichen Eliten dem Volk (vor allem der Jugend) die Illusion vermitteln, um als moderner, weltoffener Mensch anerkannt zu werden, müsse man ständig mit solchen verbalen Ungeheuern und Sprachvergewaltigungen um sich werfen. Egal, ob man überhaupt noch verstanden wird. Egal auch, ob man die eigenen Worte selber versteht.

Positive Vorbilder für Pflege und Erhalt der deutschen Sprache scheinen immer seltener zu werden. Im Vorjahr zeichnete der Verein deutsche Sprache den Schriftsteller Rolf Hochhuth mit dem Jacob-Grimm-Preis aus, in diesem Jahr mußte man jenseits der Landesgrenzen suchen. Preisträgerin ist Ludmila Putina, Leiterin des Instituts für russische Sprache in Moskau, die sich um die Weiterführung der großen Tradition des Deutschen als Fremdsprache in Rußland größte Verdienste erworben hat. Auch wenn ihrer Arbeit höchster Respekt gebührt - diese Preisvergabe hat doch einen etwas faden Beigeschmack: Wird man demnächst, um gutes, sauberes Deutsch hören und sprechen zu können, eigens nach Moskau reisen müssen? Und gibt es in Deutschland, einst bekannt als Land der Dichter und Denker, wirklich keine Vorbilder für Pflege und Erhalt unserer Muttersprache meh
 
     
     
 
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