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Spurensuche - am Himmel und auf Erden

 
     
 
Alle Jahre wieder erzählt uns irgendein kluger Mensch, daß wir Weihnachten zu völlig falschen Zeitpunkt feiern. Das Datum stimmt nicht, die Jahreszahl erst rech nicht, und der Schnee wollte damals in Bethlehem wohl auch nicht rieseln.

In diesem Jahr kommt die unfrohe Botschaft von Michael R. Molnar. Der amerikanisch Physiker tat, was zweitausend Jahre zuvor drei Kollegen von ihm namens Kaspar, Balthasa und Melchior ebenfalls getan hatten: zum Himmel schauen und darüber nachdenken, wie das was man dort sieht oder zu sehen wähnt, wohl zu deuten ist.

Die drei Weisen aus dem Morgenland – sie waren keine "Könige", sonder "magoi", also Naturwissenschaftler – sahen eine Himmelserscheinung, die ihnen, so überliefern es uns die Evangelien, dermaßen außergewöhnlich erschien, da sie daraus die Geburt einer ebenfalls ganz außergewöhnlichen Persönlichkeit ableiteten vermutlich eines mehr oder weniger göttlichenWesens. Seither zerbrechen sich Theologen Künstler und Astronomen den Kopf darüber, um welche Himmelserscheinung es sich d gehandelt haben könnte.

In der Malerei
setzte sich der Komet durch, was wohl auch daran lag, daß nach de jahrhundertelang vorherrschenden Kunstverständnis der Schweifstern über dem Stall vo Bethlehem ein besonders harmonisches Bild gab.

Die Himmelsforscher setzten sich erst ab dem 15. Jahrhundert ernsthaft mit der Frag auseinander, was der "Stern von Bethlehem" denn nun wirklich war: Jakob vo Speyer tippte 1465 auf eine spektakuläre Konstellation der Planeten Saturn, Jupiter un Mars. Johannes Keppler berechnete 1604, angeregt durch eine Supernova während eine "großen" Planetenkonstellation, das Jahr 6 v. Chr. als das wahre Geburtsjah Jesu. Der Däne M. Munter schloß 1827 aus chinesischen Aufzeichnungen auf das Jahr 4 v Chr., die Engländer David Clark, John Parkinson und Richard Stephenson verlegten 1977 die Geburt des Heiland auf Ende 5 v. Chr. (übrigens ebenfalls gestützt auf chinesisch Chroniken!) Seitdem konzentrieren sich die alljährlich publizierten Neuberechnungen au die Jahre 5 und 6.

Zumindest steht damit fest, daß der Mönch Dionysos Exiguus sich vor knapp eineinhal Jahrtausenden gründlich verrechnet hat. Der römische Theologe hatte – aus heut nicht mehr nachvollziehbaren Gründen – 533 die Geburt des Herrn auf den 25. Dezembe 1 v. Chr. datiert. Die neue Zeitrechnung ließ er eine Woche später, am 1. Januar 1 n Chr., beginnen – wie man heute weiß, ein paar Jahre zu spät.

Wie viele Jahre genau, glaubt Michael Molnar nun endlich ganz exakt zu wissen. De Physiker und Computerexperte ließ die Rechner der Rutgers University in New Jersey s lange rotieren, bis sie eine höchst seltene Konstellation errechnet hatten: Venus Saturn, Neumond, Jupiter, Sonne, Mars und Merkur in einer Reihe, und das auch noch in Sternzeichen Widder, dem Symbol des Stammes Judäa, aus dem nach den Weissagungen Jesaja der Heiland kommen sollte.

Stattgefunden hat dieses Ereignis (zeitgemäß nachzulesen im Internet unter www eclipse.net/molnar) am 17. April im Jahre 6 v. Chr., morgens um 8 Uhr 26 Ortszeit. Dami wäre auch geklärt, warum laut Neuem Testament weder Herodes im nahen Jerusalem noch die Menschen in Bethlehem selbst den "Stern von Bethlehem" sahen: Die Sonn überstrahlte natürlich alles, was sich da sonst noch am Firmament versammelt hatte.

Die drei Weisen hingegen brauchten an diesem Aprilmorgen gar nicht mehr zum Himme blicken. Sie gehörten zu den wenigen Wissenden, die eine solche Konstellation exak berechnen konnten. Und daraus auch entsprechende Schlüsse auf bevorstehende groß Ereignisse ziehen konnten – schließlich galten zu jener Zeit Astronomie un Astrologie als wissenschaftliche Einheit. Sie folgten also nicht einem konkret sichtbare "Stern von Bethlehem", sondern in Wirk-lichkeit einem durc astronomische Berechnungen gestützten Horoskop.

Eine kühne Theorie, die immerhin einige Unstimmigkeiten in den Evangelien aufklärt im übrigen weder eindeutig zu beweisen noch zu widerlegen ist. Vermutlich wird uns in nächsten Jahr wieder ein anderes Rechenergebnis auf den vorweihnachtlichen Gabentisc gelegt. Vergessen wir also Michael Molnars 17. April samt der durchaus reizvolle Möglichkeit, doch einmal Weihnachten und Ostern auf einen Tag fallenzulassen! Nich vergessen sollten wir hingegen die Frage nach dem tieferen Sinn von Weihnachten in unsere Zeit. Mit anderen Worten: Nicht wann wir feiern, sondern was wir feiern ist entscheidend.

Weihnachten 2000 – bleiben wir entgegen allen wissenschaftlichen Erkenntnisse doch einfach bei dieser schönen runden Zahl! – das ist zunächst einmal ei gigantisches Umsatzplus in der Elektronikbranche, vor allem beim Verkauf von Handys, da sind zwei zusätzliche Urlaubstage, was wiederum einen Boom bei Fernreisen bewirkt, da versetzt ganze Völkerscharen in kollektiven Kauf- und Schenkrausch: Süßer die Kasse nie klingen …

Aber wenn im Weihnachtsstreß dann doch noch etwas Ruhe und Muße ein-kehren, dan erinnern wir uns: Es begab sich zu jener Zeit (ob vor 2000 oder vor 2005 Jahren, ist au einmal nicht mehr so wichtig!), da ward zu Bethlehem ein Kind geboren. Dieses Kind hie Jesus, und es war, so haben wir wohl alle einmal in dem meistgedruckten und meistgelesene Buch der Menschheitsgeschichte gelesen, ein ganz besonderes Kind: Sohn Gottes, wiewoh seine Eltern Maria und Josef aus Nazareth waren – ganz zweifellos eine geschichtlich Figur, von der dennoch keine exakten historischen Daten übermittelt sind – sei uralten Zeiten geweissagter Heiland und Retter des Volkes Gottes, und von eben diesem Vol ans Kreuz geschlagen – Ursprung des Christentums, das zwei Jahrtausende Religions und Kulturgeschichte schrieb, zugleich aber jahrhundertelang mitbeherrschender Faktor de Weltpolitik war.

Wenn wir uns Mühe geben, könnte uns zu diesem Jesus noch vieles einfallen – de Älteren etwas mehr, den Jüngeren immer weniger, denn etwas zu glauben, ohne alle "kritisch" zu hinterfragen, das lernt man heute kaum noch, von den Eltern nicht von der Lehrern nicht, und auch von den Pfarrern immer seltener – Rudolf Bultmann "Entmythologisierung" des Glaubens ist längst kein Fachterminu protestantisch-theologischer Theorien mehr, sondern bittere Realität auf unseren Kanzel und an den Kathedern des Religionsunterrichts – sofern es den überhaupt noch gibt.

Trotz allem, soviel wissen wir noch: Weihnachten feiern wir den Geburtstag Jes Christi. Unter anderem mit immer aufwendigeren Geschenken. Aber wen beschenken wir? Da Geburtstagskind? Oder – da dies nach 2000 (oder 2005?) Jahren ja nicht mehr geh – wenigstens seine Nachfolger auf Erden? Die traurige Antwort geben christlich Sozial- und Wohltätigkeitsorganisationen: Das vorweihnachtliche Spendenaufkommen ist be ihnen dramatisch eingebrochen; der barmherzige Samariter der Neuzeit zückt sei Portemonnaie oder Scheckheft kaum noch zur Unterstützung christlicher Nächstenlieb – heute überweist man, möglichst online, seinen Obulus für die Aids-Hilfe, die Rettung eines Indianerstammes am Amazonas, ein Sozialprojekt bei Australiens Aboriginal oder sonstigen möglichst fernen Minderheiten. Zur Einstimmung sollten aber scho mindestens drei Tenöre "Merry Christmas" schmettern …

Es scheint, als sei die Geburt Christi für das Fest nur noch ein Vorwand – in Wirklichkeit feiern wir uns selbst. Ist also Weihnachten heute gar kein christliches Fes mehr? Und was würde Jesus selbst wohl sagen zu dem, was wir aus seiner Geburtstagsfeie gemacht haben?

Nun, vielleicht würde er mir jetzt sagen: Sei doch – bei aller berechtigte Kritik – nicht ganz so pessimistisch! Auch wenn das Pendel gerade wieder einmal zu falschen Seite auszuschlagen scheint, auch wenn die alten Werte und Wertvorstellunge verfallen und viele Menschen schon gar nicht mehr wissen, warum wir diese Werte noch als "christlich" bezeichnen – vielleicht ist die Weihnachtsbotschaft ja doc stärker als alle zerstörerischen Kräfte; immerhin hat sie zwei Jahrtausende überlebt Zwei Jahrtausende, in denen Gott und seine Botschaft oft genug für "tot" erklärt wurden. Aber "Lebenszeichen" gibt es genug, man muß sie nur sehe wollen. Und sie kommen oft von Seiten, von denen man sie gar nicht erwartet.

Ein Beispiel, das ganz gut in unser Medienzeitalter paßt: die Gesprächsrund (Pardon: Talkshow) von Sabine Christiansen am dritten Adventssonntag. Da ging es pünktlich zum Fest, um die christlichen Werte. Mit dabei Karl Lehmann, Vorsitzender de Deutschen Bischofskonferenz, der leider so sehr mit dem Spagat zwischen Papst un "Pro Familia" beschäftigt war, daß er zum eigentlichen Thema kaum noc Wesentliches beitragen konnte.

Einen dennoch gelungenen Fernsehabend hatten wir vor allem Fürstin Gloria von Thur und Taxis sowie Friedhelm Farthmann zu verdanken. Der gestandene Sozialdemokrat sprac über Menschenwürde und Wert des menschlichen Lebens mit einer Eindringlichkeit, wie ma sie früher eher von kämpferischen Kirchenmännern zu hören pflegte; Ihre Durchlauch schließlich beeindruckte mit mutigen Worten wider den Zeitgeist – kein noch s politisch korrektes Tabu, über das sie sich nicht vehement hinwegsetzte.

Ich bin sicher: Viele der Zuschauer werden von diesen Gedanken einiges mit in die Feiertage hinübernehmen. Und wenn dann endlich die letzte Ladentür geschlossen, die letzte Online-Shopping-Seite abgeschaltet ist, wenn endlich Ruhe einkehrt, die Lichter a Weihnachtsbaum aufleuchten und das uralte Lied von der Stillen Nacht erklingt – dan werden sie sich daran erinnern, daß es mehr gibt im Leben als Spaß und Aktienkurse. Da dieses Kind, das damals geboren wurde und dessen Geburtstag wir heute feiern, eine ewi gültige Botschaft auf diese Welt gebracht hatte: die Botschaft von Liebe, von Freihei und Verantwortung, von Menschenwürde und Lebensrecht.

Vielleicht erinnern sie sich auch der drei Weisen: kluge Menschen, die an das, was si sahen und erkannten, auch ganz fest glaubten und danach handelten. Jesus von Nazareth, de Stern von Bethlehem und die Weisen aus dem Morgenland, sie sind heute, zwei Jahrtausend danach, so aktuell wie eh und je. Und deshalb kann das "letzte Wort" auch heut nur lauten: Frohe und gesegnete Weihnacht
 
     
     
 
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