|  | Am 26. April 2001 jährt sich zum 15. Mal die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 
     Um die Zahl der Todesopfer ist es jedoch bis heute nicht still geworden: Die Zahlen sind     extrem widersprüchlich. 1994 hatten Betroffenenverbände erklärt, allein unter den rund     200 000 sogenannten Liquidatoren  von der Armee rekrutierten     Katastrophenhelfern vor Ort  habe es 7000 Tote gegeben. 1995 sprach das ukrainische     Gesundheitsministerium von 300 000 Toten, 1996 bezifferte es deren Zahl plötzlich     auf 5 000. Zur gleichen Zeit ging die International  e Atomenergiebehörde von 1800     Strahlenopfern aus. Noch vor wenigen Monaten nannten ARD und ZDF die Zahl von     100 000. 
 Der Strahlenbiologe Prof. Albrecht Kellerer von der Universität München  er     machte sich 1988 persönlich in Tschernobyl ein Bild von der Lage  meldet an all     diesen Zahlen erhebliche Zweifel an: "Das sind abstrakte Schätzungen, die     wissenschaftlich nicht belegbar sind. Die von den Ukrainern genannte Zahl von 300 000     zum Beispiel ist die Gesamtheit der dort gestorbenen Menschen seit 1986. Hier wurde     dramatisiert, um von der Staatengemeinschaft wirtschaftliche Hilfe zu erhalten."
 
 Belegt sei lediglich ein drastischer Anstieg von Schilddrüsenkrebs bei Kindern, meint     Kellerer. Doch von den etwa 1800 Erkrankten seien  schlimm genug  bislang     weniger als zehn gestorben. Eine vom statistisch Erwartbaren abweichende Zahl von     Leukämie-Erkrankungen sei nicht festgestellt worden. Heinz-Jörg Haury vom Münchner     Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit meint: "Von den rund 500 Menschen, die     anfänglich einer sehr hohen Strahlendosis ausgesetzt waren, sind etwa 150 an den Folgen     gestorben. Das ist belegt. Andere Zahlen sind unseriös."
 
 Nur 150 Tote durch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, und vergleichsweise wenig     Folgeschäden? Diese These ist unpopulär. Sie wird allerdings gestützt durch einen     Bericht vom Wissenschaftsausschuß der UNO zur Auswirkung von Strahlung (UNSCEAR) vom     vergangenen Jahr. Darin heißt es: "Es gibt keinen Beleg dafür, daß die     Bevölkerung, die der Tschernobyl-Strahlung ausgesetzt war, mit ernsthaften langfristigen     Gesundheitsschäden rechnen muß."
 
 Hans Groth in "bild der wissenschaft", 4/2001
 
 
 
 
 
 Trittins Feindbilder
 
 "Die Entwicklung eines Menschen", notierte sich der menschenkluge Elias     Canetti, bestehe "hauptsächlich aus den Worten, die er sich abgewöhnt."     Jürgen Trittin hat sich offenbar nichts abgewöhnt. Seine Feindbilder nicht und auch     nicht die generationsspezifische Vorstellung, daß schlechte Manieren der Ausdruck für     eine besonders revolutionäre Gesinnung sei. Er ist inzwischen nur alert genug, das alles     hinter Schlips und Kragen zu verstecken. Insofern war seine Entgleisung auch     unprofessionell, denn er hat sich einmal mehr als Wolf im politischen Schafspelz verraten.     Was zeigt, daß Politiker seiner Couleur innerlich immer noch eher am Rand der bürgerlich     zivilen Gesellschaft stehen, obwohl sie politisch längst in deren Machtzentrum angekommen     sind.
 
 Johann Michael Möller in "Die Welt"
 
 
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