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Ungeschminkte Bekenntnisse

 
     
 
Als Erwin Kroll vor nunmehr 25 Jahren, am 7. März 1976, in Berlin starb, hinterließ er neben einer stattlichen Reihe von musikkritischen Aufsätzen und Publikationen über Pfitzner, E.T.A. Hoffmann, Carl Maria von Weber und Louis Köhler auch eine Arbeit, die er 1966 unter dem Titel "Musikstadt Königsberg" veröffentlichte. Mit diesem Buch hat Kroll es verstanden, ein lebendiges Bild des Musiklebens in der alten Stadt am Pregel bis 1945 zu zeichnen und dabei weit in die allgemeine deutsche Musik
- und Geistesgeschichte zu greifen. Ein noch heute unentbehrliches, wenn auch leider vergriffenes Standardwerk.

Erwin Kroll wurde am 3. Februar 1886 als Sohn des aus Mohrungen stammenden Kaufmanns Rudolf Kroll und seiner Ehefrau Bertha, geborene Schwarz, in Deutsch Eylau, Kreis Rosenberg, Regierungsbezirk Marienwerder, geboren. In Deutsch Eylau kam der Junge auch zum ersten Mal mit der Musik, die später sein Leben bestimmen sollte, in Berührung. Auf dem Marktplatz des Städtchens, so erinnerte sich Kroll, musizierte oft die Kapelle der Vierundvierziger. "Damals schon spürte ich, daß es mit der Musik, die ich zunächst nur auf der Mundharmonika ausübte, etwas Besonderes sein müsse. Dieses Besondere ließ mich dann in Allenstein mein braver Klavierlehrer zwar nicht erleben, aber es fuhr wie ein Blitz in mich, als an einem Sonntag ein Männerchor im Allensteiner Kaisergarten das Steuermannslied aus Wagners ,Fliegendem Holländer‘ sang …"

Zur Jahrhundertwende kam Erwin Kroll nach Königsberg, wo er Philologie und Musik studierte. Er promovierte über seinen berühmten Landsmann E.T.A. Hoffmann und ging anschließend in den Schuldienst. 1919 endlich wandte sich Kroll vollends der Musik zu und setzte seine Studien, die er bei Otto Fiebach und Paul Scheinpflug begonnen hatte, in München fort. Dort fand er vor allem in Hans Pfitzner einen wichtigen Lehrer. Später widmete Kroll dem Schaffen Pfitzners ein vielbeachtetes Buch. Neben seinem Studium fand er auch noch die Zeit, als Schriftführer des Hans-Pfitzner-Vereins für Deutsche Tonkunst und als Korepetitor an der Münchner Staatsoper zu wirken.

1925 kehrte Erwin Kroll in seine Heimat zurück und übernahm das Amt des Musikkritikers der Hartungschen Zeitung in Königsberg; 1930 wurde er deren Feuilletonchef. Vier Jahre später schon ging Kroll dann nach Berlin, wo er als Kritiker und Musikschriftsteller wirkte. Nach dem Zweiten Weltkrieg leitete er (bis 1953) die Musikabteilung des damaligen Nordwestdeutschen Rundfunks in Berlin. Die Journalistin und langjährige Freundin der Familie Kroll, Gertrud H. Pastenaci, erinnerte sich an die Berliner Zeit: "Wo immer der Charakterkopf des Dr. Erwin Kroll im Kulturleben Berlins auftaucht, da bildet sich ein Kreis von Freunden um ihn. Seine markig-humorvollen Bemerkungen zu Kunst und Zeitereignissen, die er aus den Erfahrungen eines guten halben Jahrhunderts schöpft, sind in ihrer originellen Art überall gefragt. Er ist zwar persönlich als Kavalier bekannt, aber als Kritiker oft unbequem – aus reiner Wahrheitsliebe."

"Als ich merkte, daß er der Musik mit der gleichen Schwärmerei ergeben war wie ich, war es mit den freundschaftlichen Gefühlen kein Halten mehr", erinnerte sich der Komponist Otto Besch an seinen langjährigen Freund Erwin Kroll, den er schon in Königsberg kennen- und schätzengelernt hatte. "Er war damals schon ein guter Pianist und Vom-Blatt-Spieler. Wie oft habe ich hinter ihm gestanden, wenn er die in jener Zeit ganz neuen Werke von Richard Strauß in üppiger Klangfülle mich ganz verwirrend gestaltete."

Auch Kompositionen, die sich oftmals auf Ostdeutschland beziehen, hinterließ der 1956 mit dem Bundesverdienstkreuz und 1960 mit dem Ostdeutschen Kulturpreis der Aktion Freies Deutschland Ausgezeichnete – ein Orchesterwerk "Ostdeutsche Heimat", ein Violinsonate in B-Dur, eine Sonatine in F-Dur, ostdeutsche Tänze und eine Fanatasie über ostdeutsche Volksweisen für großes Orchester (Der Adebar), Gesangswerke und Liedbearbeitungen, Lieder für Solostimmen und Chorlieder. Otto Besch urteilte anerkennend: "Alle diese Arbeiten zeugen von meisterlich technischem Können und inniger Verbundenheit mit der ostdeutschen Atmosphäre in einem bewußt angestrebten volkstümlichen Sinne. Sie sind vor allem ungeschminkt ehrliche Bekenntnisse, wie überhaupt das ganze Wesen dieses Mannes Ehrlichkeit ist." Peter van Lohuizen

 
     
     
 
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