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Unsichtbare Grenzwächter

 
     
 
Vor unserer Abfahrt begab sich einer der Diensthabenden mit einer Zugmaschine vom Typ Honda TRX auf Patrouillenfahrt ins Gelände. Vom Aussehen her ist dieses Vierrad-Gefährt unansehnlich und ähnelt ein wenig der "Motorynka". "Dieser Wagen wurde ebenfalls aus dem Phare-Fonds gekauft", ergänzt Major Jaronski.

Wir fahren in Richtung Klingenberg. Je näher wir der Grenze kommen, um so schmaler wird die Straße. "Nun sind wir angekommen", verkündet Hauptmann Mucha. – Die Grenze: Von der polnischen Seite Felder und Wälder. Es sind nirgendwo Menschen zu sehen und schon gar keine Grenzsoldaten. "Das bedeutet nicht, daß es keine gibt", meint Major Jaronski. "Gleich werden Sie sich überzeugen können, daß es welche gibt, die uns sogar überwachen", sagt Hauptmann Mucha. "Darin besteht unsere Arbeit."

Wir gehen in den Wald hinein. Links ist die Staatsgrenze. "Achten Sie, daß Sie diese Linie nicht übertreten", warnt Major Jaronski.

Alle paar Kilometer stehen sich in einer Entfernung von fünf Metern Grenzpfähle von Polen und Rußland gegenüber. Mitten zwischen ihnen befindet sich ein Betonpfahl, der genau auf der Grenze steht. Laut Erlaß des ermländisch-masurischen  Woiwoden darf ein Unbefugter nicht näher als 15 Meter an den Grenzbereich herangehen. Im Falle eines Gesetzverstoßes ist der Diensthabende
zum erheben von Geldstrafen berechtigt.

Der Restschnee und die Unebenheit des Gebietes erschweren unseren Marsch. Weiter steht ein Wachhabender mit Hund. Auf russischer Seite ist niemand zu sehen. Ab und zu hört man nur irgendwelche Pfiffe, die an Vogelstimmen erinnern.

"Wahrscheinlich haben sie uns schon erblickt", sagt Hauptmann Mucha.

Die Russen bewachen ihre Grenze auf eine andere Art. Bis heute reagieren Zäune mit elektronischen Sensoren, die die Wachhabenden alarmieren. Das ist eine überholte Einrichtung. Die Berührung des Netzes durch einen Hasen genügt, um Alarm zu schlagen. Ihre Leute sitzen in der Regel weiter von der Grenze entfernt in gut getarnten Unterständen aus dem Zweiten Weltkrieg. Wir gelangen an den Grenzpfahl, an dem ein Wächter steht. Vor uns ist eine überaus schöne Aussicht auf die Alle und den Abhang. Von russischer Seite hört man deutlich Stimmen der Grenzer, die mit der Tarnung aufhörten. In weiter Entfernung fahren zwei Russen auf einem Boot. Plötzlich fährt auf der anderen Flußseite, von der steilen Seite, der vordem angetroffene Grenzer mit dem Hondawagen. Trotz der aufgeweichten Erde gelang es ihm, die Höhe zu nehmen und wieder umzukehren. Er blieb noch nicht einmal stehen.

"An Gerätschaften gibt es immer mehr und sogar von guter Qualität", sagt Major Jaronski. "Geräte ersetzen den Menschen jedoch nicht."

Im vergangenen Jahr hatten Grenzbeamte 73 Leute angehalten, sechs davon in der Nähe der Grenze bei Schippenbeil. In der Mehrzahl waren es Touristen und Pilzesammler. Nicht alle vergegenwärtigen sich die Tatsache, daß ein Grenzübertritt eine strafbare Handlung ist, die mit Freiheitsentzug oder, im milderen Fall, mit einem Strafzettel enden kann.

Auf die Frage, ob unsere Grenzbeamten in der Lage sind, Dienst auch an der EU-Grenze zu versehen, sagt Major Jaronski: "Wir haben bis 2002 Zeit, um alle Normen der EU zu erfüllen. Ich bin der Meinung, daß wir noch etwas an EDV und Fernmeldeeinrichtungen einkaufen müßten. Unsere Mitarbeiter nehmen laufend an Lehrgängen teil." Nach Schippenbeil kehren wir über das Dorf Schönbruch zurück, das hart an der Grenze liegt. Eine Hälfte davon liegt auf russischer Seite und hörte auf zu existieren. Wald überdeckte sie.

 
     
     
 
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