|  | Nach dem polnischen Recht ist bisher eine Rückgabe des     konfiszierten Privateigentums nur an polnische Staatsangehörige möglich. Nach der     bisherigen Auffassung in Polen haben Vertriebene und Aussiedler, die legal ihre Heimat mit     einer sogenannten Reiseurkunde (dokument podrózy), die zum einmaligen Grenzübertritt     berechtigte, verlassen haben, die polnische Staatsangehörigkeit verloren.
 Das Oberste Verwaltungsgericht der Republik Polen
   hatte im Januar den Fall einer     Familie aus dem Ermland zu entscheiden gehabt. Diese Familie hatte ihre Heimat im Zuge der     Familienzusammenführung in den siebziger Jahren verlassen. Hierzu mußte sie ihr     Privatvermögen auf den polnischen Staat übertragen, um die Ausreisegenehmigung zu     erhalten. Sie forderte nun eine Bestätigung ihrer polnischen Staatsangehörigkeit und die     Rückgabe des vom polnischen Staat zwangsweise übernommenen Privatvermögens. Im     Gerichtsverfahren trug die Familie vor, daß die Aussiedlung in die Bundesrepublik     Deutschland und die Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit nicht zum Verlust der     polnischen Staatsangehörigkeit führte. Damit sei die durch den polnischen Staat     erzwungene Übergabe ihres Privatvermögens rechtswidrig gewesen. 
 Die Aussiedlung aus dem polnischen Bereich in die Bundesrepublik Deutschland fand nach     den Vertreibungsmaßnahmen auf der Grundlage eines nicht veröffentlichten     Staatsratsbeschlusses statt. Es handelt sich um den Beschluß Nr. 37/56 vom 16. Mai 1956     über die Zustimmung zum Wechsel der polnischen Staatsangehörigkeit bei den deutschen     Vertriebenen. Die Betroffenen mußten beim Staatsrat die Zustimmung zum     Staatsangehörigkeitswechsel beantragen. Nach polnischer Auffassung ging mit dem Erlangen     der deutschen Staatsangehörigkeit  die polnische Seite ging davon aus, daß es sich     bei den Betroffenen ausschließlich um polnische Bürger handelte  die polnische     Staatsangehörigkeit verloren.
 
 Das Oberste Verwaltungsgericht in der Republik Polen hat in dem obengenannten Fall     festgestellt, daß der Staatsratsbeschluß Nr. 37/56 zum Zeitpunkt der Aussiedlung     ungültig war, weil er mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die polnische     Staatsangehörigkeit vom 5. Februar 1962 (Dz. U. Nr. 10, poz. 49) außer Kraft gesetzt     wurde. Das Staatsangehörigkeitsgesetz ist gemäß Artikel 21 sechs Monate nach der     Verkündung in Kraft getreten. Es wurde am 21. Februar 1962 verkündet und entfaltet damit     seit dem 21. August 1962 Rechtswirkung.
 
 Diejenigen, die nach dem 21. August 1962 ausgesiedelt sind, haben demnach die polnische     Staatsangehörigkeit behalten. Für sie ist durch die vorgenannte Gerichtsentscheidung     eine neue rechtliche Perspektive eröffnet, das in der Heimat zurückgelassene     Privatvermögen vom polnischen Staat zurückzufordern.
 
 Alfons Ryborz (DOD)
 
 
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