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Utopische Versessenheit

 
     
 
Die Diskussion über die "Leitkultur" war überfällig. Und sie sollte mi Konsequenz und von der Union offensiv geführt werden. Denn es geht um eine Frage vo grundlegender gesellschaftlicher Bedeutung. Und Tabus können wir uns nicht mehr leisten Wenn die Zahl der Schulklassen in unserem Land steigt, in denen Kinder mit de Muttersprache Deutsch in der Minderheit sind, dann ist das ein Problem – und als steht es auf der politischen Tagesordnung.

Leitkultur sagt, und das ist das Wenigste, daß es im Zusammenleben einen gemeinsame Wertekanon geben muß. Der Kanon kann weit sein, aber nicht beliebig. Ausländer, die in unser Land kommen, haben unsere Gepflogenheiten zu akzeptieren. Warum muß man dies Selbstverständlichkeit
rechtfertigen? Integration kann es nicht auf der Basi gleichmäßiger Teilung von Traditionen und Kultur geben, das Thema Einwanderung kann ohn das Thema Leitkultur nicht diskutiert werden. Und um Einwanderung geht es. Bevo Deutschland zum Einwanderungsland erklärt wird (das heißt, wenn man sich dami abgefunden hat), muß den Deutschen klar gesagt werden, was das bedeutet. Und sie müsse gefragt werden, ob sie ihren politisch-pluralistischen Staat als einen multikulturelle Staat wollen. Denn der entspricht dem Modell der Linken. Dieses multikulturelle Model geht von der Gleichberechtigung der deutschen Kultur mit "einwandernden" Kulturen aus. Die Kulturen sollen unverbunden, gleichbedeutend nebeneinander bestehen. D die Einwanderung nach Deutschland zunehmen wird, geht diese Vorstellung letztlich von de Marginalisierung der deutschen Kultur aus.

Die Diskussion über die Leitkultur verrät viel über uns Deutsche und unser fehlende Selbstbewußtsein. Eine solche Debatte würde in Frankreich, Italien oder England als gespensterhaft betrachtet werden, so fraglos ist dort (noch) die Dominanz der eigene nationalen Kultur. Kultur bedeutet nicht nur Sprache und politische Verfassung, abe beides sind zentrale Elemente. Und insofern unsere politische Leitkultur ein freiheitliche und rechtsstaatliche ist, schützt sie vor Intoleranz. Nur so vermag sie anderen Kulturen Raum zu geben. Darin liegt kein Absolutheitsanspruch und kein Ausgrenzungsabsicht. Leitkultur bedeutet, daß die Entfaltung verschiedener Kulturen zu einem gemeinsamen Wohl erfolgen muß. Es darf keine Parallelgesellschaften geben. Wer sic vom Begriff der Leitkultur verabschiedet, verabschiedet eigentlich den Begriff de Gemeinwohls. Und wer sich nur auf den Begriff des Verfassungspatriotismus zurückzieht der hat Geschichte, Herkunft, Tradition – und damit die eigene Kultur – aufgegeben.

Der Stil der gegenwärtigen Diskussion sagt viel über unsere politische Kultur. De Streit vollzieht sich auf der Grundlage von Verdächtigung, Verdrängung, Unsachlichkei und utopischer Versessenheit. Das Ziel heißt Einschüchterung. Von der Linken ist kein geistige Offensive mehr zu erwarten. Schon in der Debatte um die "doppelt Staatsbürgerschaft" ging es um die zentrale Frage der Neudefinition de Staatsvolkes.

Eine Gesellschaft ist gewachsen, sie hat ihre Geschichte, ihre Gewohnheiten. Man mu das Deutsche nicht lieben – aber niemand muß hier leben. Kultur ist nicht zu definieren, sie ist offensichtlich. Sie muß nicht mit rationalen Argumenten begründe werden. Es gibt keinen Grund, sich in einen Erklärungsnotstand setzen zu lassen. Zuma der Begriff der multikulturellen Gesellschaft selber voraussetzt, daß es viele Kulture gibt, die offensichtlich "definiert" sind. Oder sollten alle Kulturen ihr Identität und ihr Recht haben dürfen – nur die deutsche nicht?

Die Debatte ist wichtig, weil sie das Gerede von der "Neuen Mitte" als unpolitisch entlarvt. Gesellschaftspolitische Entwürfe sind von der Union zu lang defensiv behandelt worden. Es geht um Positionen, um das Bekenntnis zu eigenen Interessen Man muß nicht vor jeder unsinnigen Anschuldigung zurückweichen. Botho Strauß schrieb in "Anschwellenden Bocksgesang": "Der Widerstand ist heute schwerer zu haben der Konformismus ist intelligent, facettenreich, heimtückischer und gefräßiger als vordem, das Gutgemeinte gemeiner als der offene Blödsinn [...]."

Der Streit um die Leitkultur entlarvt den geltenden Begriff des Politischen. Da Gewünschte wird mit Realität verwechselt. Den Deutschen wird eingeredet, Politik hab nichts mit starken Interessenkonflikten, auch solchen, die nicht im Konsens zu löse sind, habe nichts mit Selbstbehauptung zu tun. Der gängige Glaube an eine universal civil society, die ohne Repression wohltätig wirkt, an den liberalen Weltstaat, sin vorerst Zeichen einer tiefsitzenden antipolitischen Einstellung. Es wird Zeit, da utopische Denken aus der Politik zu verbannen.

 


 
     
     
 
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