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Verschlossener Einzelgänger mit Gemüt

 
     
 
Mein Name? Was thut denn der zur Sache? Muß man durchaus in Kupfer gestochen zu seyn, wenn man ein Autor ist? Und muß der Herr Kunstrichter, um sein Müthchen zu kühlen, noch den von Angesicht zu Angesicht kennen, den er mit Lob oder Tadel mishandeln will?", mußte der geneigte Leser vernehmen, als er in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts einen damals äußerst beliebten Roman zur Hand nahm. Der Autor wollte durchaus anonym bleiben, was der Beliebtheit seiner Bücher allerdings keinerlei Abbruch tat.

Zeit seines Lebens hat Theodor Gottlieb von Hippel (1741-1796) ein Geheimnis um seine Autorschaft gemacht. Dabei waren seine Bücher, der Roman "Lebensläufe nach aufsteigender Linie" (1778/81) sowie die Schriften "Über die Ehe" (1774, 1776, 1792, 1793), "Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber" (1792) und "Nachlaß über die weibliche Bildung (1801), einst sehr gefragt und bewundert. Die kritische Ablehnung eines Jugendwerks, der Tragödie "Willefordt und Amalia" (1768), und nicht zuletzt seine Karriere als preußischer Beamte
r wird Hippel zu dieser Geheimniskrämerei veranlaßt haben. Kenner seines Schaffens und seiner Person vermuten jedoch auch Charaktereigenschaften, die dazu führten, daß er sich nur ungern in die Karten schauen lassen wollte. Er traute seinen Mitmenschen nicht und wollte sich als preußischer Beamter keine Blöße geben, schließlich war er zuletzt Stadtpräsident von Königsberg und fürchtete Neid und Mißgunst: "Jeder Unglücksfall im Dienst wird auf die Rechnung der Autorschaft geschrieben."

Hippel mußte um seine Reputation kaum fürchten; die Bürger Königsbergs schätzten und verehrten ihn als fleißigen, verständigen und ordnungsliebenden Menschen, seine eiserne Disziplin und seinen Patriotismus, so hielt er "... ein Mensch und ein preußischer Patriot zu seyn für eins und dasselbe". Auch als Gast der Tafelrunde Immanuel Kants wurde er gern gesehen. Als seine Autorschaft schließlich doch bekannt wurde und nicht wenige Königsberger sich in seinem Roman der "Lebensläufe" wieder erkannten, reagierten sie verletzt.

Heute ist der Schriftsteller Hippel nur noch einigen wenigen Eingeweihten ein Begriff, schließlich ist sein Werk nicht leicht zu lesen. Das hat Hippel auch stets billigend in Kauf genommen: "Solange meine Leser gehen können, will ich ihnen keine Krücke geben", sagte er. Und er forderte seine Leser auf: "Man muß beym Lesen die Seele des Buches suchen, und der Idee nachspüren, welche der Autor gehabt hat, alsdann hat man das Buch ganz." Der "Seele" seiner Bücher, aber auch der des Verfassers geht jetzt Urte von Berg in einer Veröffentlichung über Theodor Gottlieb von Hippel nach, die in der Reihe der Kleinen Schriften zur Aufklärung, herausgegeben von der Lessing-Akademie Wolfenbüttel, erschienen ist (Wallstein Verlag, Göttingen, 140 Seiten, 14 sw Abb., Klappbroschur, 24 Euro).

Theodor Gottlieb von Hippel wurde am 31. Januar 1741 im ostdeutschen Gerdauen geboren. Er studierte in Königsberg zunächst Theologie, dann Rechtswissenschaft. 1780 wurde Hippel zum dirigierenden Bürgermeister von Königsberg bestellt, 1786 zum Geheimen Kriegsrat und Stadtpräsidenten. Als Verwaltungsmann bewirkte er die Reorganisation der Polizei, der Feuerwehr und des örtlichen Waisen- und Armenwesens. 1795 wurde Hippel mit der Einführung der preußischen Verwaltung in Danzig betraut, eine Aufgabe, die sein Tod am 23. April 1796 jäh beendete.

Zwischen diesen nüchternen Fakten verbirgt sich das Leben eines "verschlossenen Einzelgängers mit einem empfindsamen Gemüt". Neben seinen wichtigsten Schriften stellt Urte von Berg auch Hippels langjährige Mitarbeit am Preußischen Landrecht und seine geradezu revolutionären Vorstellungen von der Stellung der Frau in Ehe und Gesellschaft in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen. "Es geht ihm nicht", so die Autorin, "um launige Gedankenspiele, rasch hingeworfene Reflexionen zum aktuellen Ereignis der Französischen Revolution, sondern um die Praxis sozialer und politischer Veränderungen." Vorstellungen, die Hippel übrigens selbst in die Tat umsetzte, indem der Junggeselle ein Familienstipendium zu Ausbildungszwecken in seinem Testament verfügte, das auch seinen Nichten zugute kommen sollte. Theodor Gottlieb von Hippel - ein Geheimtip für alle, die geistreiche Literatur lieben, zu diesem Schluß kommt Urte von Berg und weist in ihrer Schrift darauf hin, daß in der Universität im heutigen Königsberg eine Gedenktafel und im Kant-Museum im Turm des Doms die Reproduktion eines Kupferstichs an den Schriftsteller erinnert, der so gern anonym bleiben wollte, Peter van Lohuizen

 
     
     
 
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