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Vor dem Krieg im Baedeker aufgelistet

 
     
 
Herr Dr. Haase, kürzlich ist bekannt geworden, daß amerikanische Generale de sogenannten "Goldzug" von Ungarn geplündert haben, in dem nicht nur ei tatsächlicher Goldschatz war, sondern auch viele Gemälde. Ist dies ein allgemeine Grundzug von Kriegen, daß insbesondere auch Kunstschätze Objekte der Begierde werden?

Ja, dies ist in früheren Zeiten ein allgemeiner Grundzug von Kriegen gewesen. Die Griechen haben von den Ägyptern, die Römer von den Griechen Kunst geraubt. Der letzt große Kunsträuber war Napoleon
, der eigens eine Kommission zusammenstellte, die au ihren Feldzügen Beutekunst requirierte und nach Paris schickte.

Ist das Teil der politischen Zielsetzung der Führung, sich der Kunstgegenstände de Gegners zu versichern?

In früheren Zeiten gehörte dies zum Instrumentarium der Kriegsführung, um den Gegne zu demütigen. Bis man sich endlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert zusammenfand, um hier Regelungen zu formulieren, die schließlich 1907 in die Haage Landkriegsordnung einmündeten, wonach Kunstgegenstände nicht mehr Teil de Kriegsführung sein sollen.

Funktionierte dies im Ersten Weltkrieg?

Ja, gut. Es gab im Nachkrieg gewisse juristische Komplikationen, aber keinen Raub.

Im Zweiten Weltkrieg war es komplizierter. Von deutscher Seite wa- ren sogenannt Kunstschutzeinheiten aufgestellt worden. Welche Aufgabe hatten diese Einheiten?

Diese Einheiten hatten klar umrissene Aufgabe, insbesondere auch bei militärische Planungen hatten sie vorzutragen, wo und in welchem Umfang schützenswert Kunstgegenstände, aber auch Gebäude, Museen und Kirchen, im Einzugsbereich strategische Ziele lagen.

Das Problem lag immer da, wo eine Kirche nicht nur Kunstgegenstand, sondern Ausguc für Artilleriebeobachter oder Orientierungspunkt für den Gegner war?

Dies war in der Tat immer schwierig, aber es ist im nachhinein festzustellen, daß die in Frankreich und Italien von unserer Seite weitgehendst eingehalten worden ist.

Etwa im Gegensatz zu Monte Casino, wo die westalliierte Seite deutsche Angebot ausschlug?

Ja, es ist bekannt, daß die Amerikaner den vorgeschlagenen Schutzgürtel um da Kloster nicht respektierten. Um ein anderes Beispiel von deutscher Seite zu nennen Göring etwa hatte eine umfangreiche Liste von Schlössern und Gebäuden erstellt und de Militärs mitgeteilt, wo nicht bombardiert oder sonstwie angegriffen werden durfte.

Ging dies bis zur Kontaktaufnahme mit der Feindseite?

Monte Casino habe ich erwähnt, ein anderer Fall war der Warschauer Aufstand, wo sich es ist noch nicht vollständig bewiesen, die polnischen Aufständischen mit der Wehrmach und der SS und umgekehrt verständigt haben, um zuvor Kunstgegenstände aus Warscha herauszubringen.

Gab es Kunstschutzeinheiten auch bei den Westalliierten und den Sowjets?

Bei den Amerikanern gab es die eine Sondereinheit, die allerdings erst kurz vo Kriegsende ins Leben gerufen wurde, deren Aufgabe aber eher die Sicherstellung von Kuns bei Kriegsende war. Bei den Sowjets gab es die berühmte Trophäenkommission, die scho sehr früh und ganz gezielt darauf ausgerichtet war, deutsche Kunstgüter nach de Sowjetunion zu verlagern.

Die Sowjets waren also a priori darauf aus, Kunstbeute zu machen?

Ja, die Sowjets haben bereits vor dem Krieg alle Unterlagen einschließlich de Baedeker aufgelistet, was wo herausgenommen werden soll, also ganz gezielt.

Nun zu den aktuellen Bezügen, inwieweit ist die Sicherstellung von Kunst über da hinausgegangen, was uns heute angelastet werden kann?

Man muß zwei große Sammlungen unterscheiden: Es gab die große Sammlung Hitler, die nicht für ihn selbst war, sondern die er für ein Museum in Linz zusammenstellte, das e entsprechend der Größe des Reiches einrichten wollte. Dieses Museum, besser diese kulturelle Zentrum des Reiches, sollte nicht nur Gemälde umfassen, sondern auch all anderen Bereiche der Kunst. Das andere war die Sammlung Göring, die dieser zunächst mi einem riesigen Einsatz von Geldmitteln betrieb, die dann später, zu seinem 60 Geburtstag, auch in eine öffentliche Gemäldegalerie umgewandelt werden sollte.

Wie sind diese Sammlungen zustandegekommen?

Hitler hat sich wenig um die praktische Seite gekümmert, da er ja oberster Kriegsher war. Er hat den Direktor der Gemäldegalerie Dresden beauftragt, die Gemälde für sein Großdeutsche Sammlung zusammenzutragen, selbstverständlich mit einem beachtlichen Sta von Fachleuten.

Wie wurde das bezahlt?

Aus verschiedenen Kunstfonds des Reiches, aus Tantiemen von Hitlers Büchern und au Briefmarken, die einen Zuschlag aufwiesen.

So wurde auch in den besetzten Gebieten gekauft und bezahlt?

Ja, es gab Kunstagenten in den besetzten Gebieten, die wußten, was Hitler und ander sammelten, und die dies dann anboten.

Gab es Druck?

Grundsätzlich nein, im Einzelfall mag dies vorgekommen sein. Aber es war ein rei kommerzielles Unternehmen, bei dem die Preise oft in die Höhe gingen, wenn bekannt wurde daß hier für Hitlers Linzer Sammlung gekauft wurde.

Wo wurde es nichtkommerziell, illegal?

Es gab Personen, die durch die Rassengesetze diskriminiert und zu Personen zweite Klasse erklärt wurden, die zumeist beim Einmarsch deutscher Truppen flüchteten un häufig Kunstgegenstände zurückließen. Diese sind dann zumeist beschlagnahmt worden un vorab in Depots für die Linzer Sammlung verbracht wurden. Also keine Bezahlungen, kein Vergütung. Diese Aufgabe übernahm der sogenannte Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg.

War es der größte Teil der Kunst, die heute unter dem Begriff Beutekunst rangiert die dort beschlagnahmt wurde?

Zunächst: Der Einsatzstab Rosenberg war anfangs mit ganz anderen Aufgaben befaßt. E sollte Unterlagen und Dokumente über Judentum und Freimaurer usw. für eine später Parteischule der NSDAP sichern. Erst später entwickelte sich daraus durc Kompetenzüberschreitung die Beschäftigung mit Kunst. Den Anteil der solcherar beschlagnahmten Kunst zum Anteil der regulär gekauften Kunst kann ich nicht beurteilen Keinesfalls ist es aber so, daß er überwiegt.

Was geschah mit den Kunstgütern im Fortgang des Krieges?

Sie wurden vor Kriegseinwirkungen, insbesondere aber auch vor Bomben geschützt.

Sie wurden also nicht versteckt, wie dies heute gelegentlich unterstellt wird?

Das ist absolut zu verneinen. Wenn gesagt wird, die Alliierten haben etwa "entdeckt" oder "befreit" in dem Sinne, daß andere es nicht finde sollten, dann ist das falsch.

Gab es nach dem Krieg Kommissionen, die festlegten, wer nun was bekommen sollte?

Ja, aber man muß vorausschicken, es gab lange Jahre vor dem Krieg alliiert Kommissionen, die davon ausgingen, daß sie den Krieg gewinnen werden, und die dort scho festlegten, daß die Gegenstände nach Deutschland zurückkommen sollten. So geschah e zunächst nach dem Kriege auch. In München und anderswo errichteten die Amerikane "collecting points", die Kunstschätze konzentrierten. Von dort aus wurden si dann im allgemeinen zurückgeführt. Aber in der Form, daß sie pauschal an die Regierungen, aber eben nicht an die Eigentümer zurückgegeben wurden. Daher rühren heut noch die Probleme mit Bildern, deren Herkunft zweifelhaft ist.

Weil manche zuviel für sich reklamierten?

Vor allem, weil die jeweiligen Regierungen die Umstände des Erwerbs nicht gena kannten. Zum anderen auch deswegen, weil sie alle auch regulär durchgeführten Ankäuf von Kunst rückgängig machten und für null und nichtig erklärten. Jeder ausländisch Kunsthändler wurde damit zum Kollaborateur, was zumeist strafbar war. Und wer sollte sic damals erklären, wer sagen, ich habe Kunstwerke an Deutsche verkauft.

Wo liegt eigentlich die Verantwortung für diese gesamten Querelen, wir haben ja unser Souveränität schon wiederholt zurückbekommen. 1949, 1955, zuletzt 1990?

Also, da sprechen Sie das an, was ausgesprochen werden muß: In dem Moment, wo die Siegermächte die Kunstgegenstände entdeckt, "befreit" oder wie auch immer a sich genommen haben, trugen sie die allgemeine Verantwortung. Die Wehrmacht hatt kapituliert, die Reichsregierung bestand nur noch kurze Zeit, Deutschland besaß kein Möglichkeiten mehr, hier noch einzugreifen. Wir haben sehr spät, wenn sie es so wollen erst vor zehn Jahren unsere Souverä
 
     
     
 
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