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Warum folgten sie?

 
     
 
"Hitlers Heerführer - Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42" ist auf jeden Fall eine absolute Fleißarbeit. Der 1963 geborene Historiker Johannes Hürter hat unglaublich viel Material über jene 25 Generale unter Hitler gesammelt, die maßgeblich den Ostfeldzug kommandierten. Daß manche von Hürters Schlußfolgerungen nicht immer stimmig sind - so spricht er den Militärs mehr Einfluß auf Hitler zu, als er selber belegen kann -, ändert nichts an den sehr aufschlußreichen Schilderungen, die manchmal fast ein wenig zu detailliert geraten sind.

Gleich zu Beginn stellt Hürter die These auf, daß die Generale von Anfang an gewußt hätten, was Hitler vorgehabt habe. Danach stellt er die Protagonisten des Ostfeldzuges vor. Er vergleicht Geburtsjahrgang, Bildungsstand, militärische Laufbahn und soziale Herkunft miteinander, um zu verdeutlichen, inwieweit diese durchweg konservative Gruppe homogen war und wieso sie sich bis auf einige Ausnahmen von Hitler für seine Interessen habe einspannen lassen. Von der direkten Vorgeschichte des Ostkrieges hin zu dessen militärischer Umsetzung
, Fehleinschätzungen, Niederlagen und Hitlers Haltebefehl schildert er den Fortgang. "Ich bin bereit, diese Befehle entgegenzunehmen und zu den Akten zu legen. Weiter gebe ich sie nicht, selbst auf die Gefahr hin, daß ich vor ein Kriegsgericht gestellt werde", lautete Guderians Reaktion auf den Haltebefehl. Auf diesen Widerstand einiger Militärs gegen den für sie wahnsinnigen Haltebefehl geht der Autor ausführlich ein - und auch auf Hitlers Reaktion. Guderian und Hoepner, der später zu den Mit-Verschwörern des 20. Juli 1944 gehörte, wurden ihrer Befehle enthoben. Auch wenn der Autor sagt, daß Hitler trotz abfälliger Bemerkungen im kleinen Kreis immer Respekt vor seinen Generalen gehabt habe, so deutet diese Tat darauf hin, daß er Widerspruch nicht hinnahm.

Sehr deutlich macht der Autor, was viele Generale bewegt habe. So hätten sie sich von außen in ihrer Existenz bedroht gefühlt. Dabei habe die Gefahr bestanden, daß der Bolschewismus die Reste ihrer alten Welt nun auch noch zu vernichten drohe. Dagegen seien sie bereit gewesen, mit allen Mitteln zu kämpfen - manchmal gegen jede Vernunft.

Auf seine Warnung "Dann ist aber unsere Armee kaputt!", soll Fedor von Bock von Halder die Antwort erhalten haben: "Der deutsche Soldat geht nicht kaputt." Darauf, daß dem doch so war, geht Johannes Hürter bedauerlicherweise nur wenig ein. Statt dessen schildert er ausführlich, wie gegen Rotarmisten, Partisanen, Zivilisten und Juden vorgegangen wurde beziehungsweise das Vorgehen durch die Mehrheit der Generale toleriert worden ist. Trotz belegter Aussagen wie "Kann man dieses Schwein, den Goebbels nicht aufhängen?" von Fedor von Bock rücken die Beschreibungen die Generale in kein gutes Licht. Zwar unterstellt Johannes Hürter nur wenigen aktive Unterstützung bei Hitlers Judenvernichtung, doch Wegschauen und reine Fixierung auf ihren militärischen Aufgabenbereich habe sie disqualifiziert.

Warum gerade beim Ostfeldzug die einstige Ritterlichkeit und Humanität in vielen Bereichen Stück für Stück verlorengegangen sei, versucht Johannes Hürter an zahlreichen Beispielen nachvollziehbar zu machen. Dabei gelingt es ihm, die Entwicklung im Empfinden der Handelnden, ihr Abstumpfen bei ihrem Kampf ums nackte Überleben auch für Heutige plausibel zu machen.

Am Ende ist die Frage, warum militärische Größen wie Fedor von Bock, Heinz Guderian, Gotthard Heinrici, Hermann Hoth, Ewald von Kleist, Wilhelm Ritter von Leeb, Erich von Manstein, Friedrich Paulus und Adolf Strauß unter einem Mann wie Hitler gedient haben, teilweise zu beantworten. Fritz Hegelmann

Johannes Hürter: "Hitlers Heerführer - Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42", Oldenbourg, München 2006, geb., 719 Seiten, 49
 
     
     
 
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