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Wer soll das bezahlen?

 
     
 
Am nachhaltigen Abbau der Arbeitslosigkeit, bekannte Kanzler Schröder, werde der Erfolg seiner Regierung meßbar sein. Gelinge es nicht, innerhalb von vier Jahren die Zahlen nach unten zu drücken, sei er gescheitert. Angesichts des hohen Anspruchs sollte der Kanzler eine Studie des schweizerischen Prognos-Instituts zu denken geben. Nach Auffassung der Forscher wird Deutschland erst in zehn Jahren vom hohen Sockel der vier Millionen Erwerbslosen herunterkommen. Dies wird aber nicht mit rotgrünen Reformvorhaben begründet, sondern mit der wegen der demographischen Entwicklung sinkenden Zahl der Erwerbstätigen.

Eine nachhaltig
die Belastungen senkende Steuerreform könnte schnell stärkeres Wachstum und mehr Beschäftigung bringen. Doch auch die kürzlich geänderte Vorlage von Finanzminister Lafontaine wird nicht die erwarteten Effekte haben.

Die Anhörungen zu der kurz nach der Regierungsübernahme hastig zusammengestrickten Steuerreform waren für SPD und Grüne desaströs ausgefallen. Zahlreiche Wissenschaftler wiesen darauf hin, daß insbesondere die geplante Mehrbelastung der Unternehmen zu einem völligen Verschwinden von Investitionen aus dem Ausland führen werde. Geplante Verschlechterungen bei Unternehmensabschreibungen hätten Bücher-, Textilien- und Computereinzelhandel an den Rand des Abgrunds gebracht.

Lafontaine war das monatelang egal. Der SPD-Chef nahm es hin, daß ganze Branchen verunsichert wurden und in Existenzängste gerieten. Sein Konzept war und ist die Steigerung der Nachfrage. Man müsse nur immer wieder den Arbeitnehmern mehr netto in die Lohntüte geben, dann werde es schon zum Aufschwung und zu mehr Arbeitsplätzen kommen.

Aus den 16 Jahren Regierung Kohl zog er keine Konsequenzen. Die christlich-liberale Koalition hatte mehrfach die Familienförderung erhöht und das Kindergeld von 70 auf schließlich 200 Mark im Monat angehoben. Irgendwelche Steigerungen der Nachfrage seien nicht meßbar gewesen, berichtete das Bonner Institut Finanzen und Steuern. Die von Lafontaine bis zum Jahre 2002 in Aussicht gestellte Nettoentlastung von 15 Milliarden Mark ist zudem viel zu gering, um Nachfrageeffekte auszulösen. Selbst Kohls und Waigels Petersberger Steuerbeschlüsse, gewiß nicht unumstritten, sahen mit einer Nettoentlastung von 30 Milliarden den doppelten Betrag vor.

Erst der massive Protest der Spitzenverbände der Wirtschaft, mit denen Schröder und Lafontaine das Bündnis für Arbeit eingehen wollen, führte schließlich zu einigen Änderungen. Der Finanzminister kam dem Mittelstand entgegen. So bleibt die für den Einzelhandel wichtige Teilwertabschreibung weitgehend bestehen, wodurch Lafontaine 3,3 Milliarden Mark entgehen. Zusammen mit dem völligen oder teilweisen Verzicht auf andere Kürzungsmaßnahmen fehlen Lafontaine 6,6 Milliarden Mark in der Kasse.

Schon bei der Vorstellung des Kabinettsbeschlusses zeigte sich, daß alles wieder mit heißer Nadel gestrickt worden war. Mehrfach brachten Fragen nach der Finanzierung den Saar-Napoleon in Verlegenheit. Schließlich stellte sich heraus, daß Einnahmeschätzungen ganz einfach um 5,8 Milliarden Mark aufgestockt worden waren, um den Verzicht auf besonders mittelstandsfeindliche und Arbeitnehmer belastende Vorhaben gegenzufinanzieren. Den Beschäftigten wird künftig nicht mehr so tief in die Tasche gegriffen, wenn sie Abfindungen erhalten. Dagegen wurden die geplanten Kürzungen beim Ehegattensplitting, die vom Verfassungsgericht vorgeschriebenen Entlastungen für Kinder und das Kindergeld von der Steuerreform abgekoppelt. Sie sollen im Herbst in einem eigenen Gesetz geregelt werden. Die ersten Änderungen sind noch nicht in Kraft, da wird schon die nächste Änderungswelle angekündigt.

Die Öffentlichkeit müsse sich angesichts des neuen Sechs-Milliarden-Lochs "verschaukelt" vorkommen, kommentierte CDU-Steuerexperte Friedrich Merz. Nicht nur das. Denn trotz der Abänderungen werden kleine, mittlere und Großbetriebe weiterhin als Hauptfinanziers an der Steuerreform mitwirken müssen.

Zusammen mit anderen Vorhaben wie der Ökosteuer und der fast vollständigen Steuerpflicht auf 630-Mark-Nebentätigkeiten wird der Wirtschaft Kraft zum Investieren genommen. Und den Arbeitnehmern nutzt die versprochene Entlastung von 2700 Mark pro Jahr (vierköpfige Familie) überhaupt nichts, wenn dadurch die Arbeitsplätze in Gefahr geraten.

 
     
     
 
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