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Wessen Rente ist sicher?

 
     
 
Zunächst die gute Nachricht: Auch in diesem Jahr konnte die "Fünfte Jahreszeit" - Fasching, Fastnacht, Karneval - ohne bleibende Schäden zu einem guten Ende gebracht werden. Nun die schlechte Nachricht: Norbert Blüm hat davon nichts bemerkt. Zehn Tage nach Aschermittwoch war für den Polit-Clown früherer Tage keineswegs "alles vorbei"; er ging noch einmal "in die Bütt " und beglückte das keineswegs amüsierte Volk mit einer "Verteidigungsrede für die staatliche Altersvorsorge
", so der Untertitel eines Beitrags in der "Welt".

Immerhin: Seinen Uralt-Kalauer "Die Rente ist sicher" deutete er um zu "Unsere Rente ist die beste". Wer das nicht glauben will, sieht sich in der Nähe von "Geisterfahrern". Erst gegen Ende, als die meisten wohl schon umgeblättert haben, verlassen Blüm die gewohnt blumigen Worte, wenn er ziemlich kleinlaut einräumt, ohne den sogenannten Reformstau zwischen 1982 und 1998 wären die Renten heute um etwa 30 Prozent höher. Wer war eigentlich von 1982 bis 1998 als Bundesminister für die Rentenpolitik zuständig? War es nicht jener Herz-Jesu-Sozialist mit christdemokratischem Parteibuch, der mit der "sicheren Rente" wohl seine eigene gemeint hat?

Den Platz am Kabinettstisch, wo einst Norbert Blüm herumalberte, nimmt heute Franz Müntefering ein. Der geht mit der Wahrheit immerhin etwas behutsamer um, zum Beispiel, indem er bei der Vorlage des aktuellen Rentenberichts auf direkte "Rentenlügen" verzichtet. Statt "Die Rente ist sicher" also nur noch "Die Rente wird in den nächsten Jahren nicht gekürzt". Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte: Die Rentner müssen sich auf Nullrunden für die nächsten zehn Jahre einstellen. Bei Inflationsraten, die auf zwei Prozent schöngerechnet werden, ist das faktisch eine Kürzung - Kohls Euro auch als Rentner-Teuro.

Wenn Müntefering neben der staatlichen Rente ein zweites, privat beziehungsweise betrieblich finanziertes Standbein der Altervorsorge fordert, hat er natürlich recht. Aber eben auch wieder nur teilweise: Daß die Beiträge zu Betriebsrentenkassen ab 2008 sozialversicherungspflichtig werden, "vergaß" er zu erwähnen.

Besonders peinlich für Blüm mit seiner "sicheren Rente": Die unter seiner Regie vor zehn Jahren hochgerechnete Standardrente mußte jetzt von der - ebenfalls CDU-dominierten - Bundesregierung drastisch nach unten korrigiert werden, von 1510 auf nur noch 1180 Euro, das sind 330 Euro oder 22 Prozent weniger als prognostiziert. Doch selbst bei diesen ernüchternden Zahlen will unser fürsorglicher heutiger Sozialminister dem Volk nicht gleich die ganze schreckliche Wahrheit zumuten. So verzichtet er auf den Hinweis, daß es, dank der von ihm propagierten Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters, den "Standardrentner" künftig noch seltener geben wird als heute.

Die Hälfte aller Betriebe in Deutschland beschäftigt niemanden über 50. Von den über 55jährigen sind nur noch 42 Prozent beruftstätig. Das tatsächliche Renteneintrittsalter liegt bei durchschnittlich 60,9 Jahren, und nur 33,5 Prozent der Männer gehen erst mit 65 in Rente. Wenigstens diesen Teil der bitteren Wahrheit sparte Müntefering nicht aus, wohl aber die logische Schlußfolgerung, daß diese Zahlen bei "Rente ab 67" noch ungünstiger werden. So können sich immer mehr Deutsche ausrechnen, wessen Rente "sicher" ist - die eigene jedenfalls nicht.
 
     
     
 
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