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Wie eine lähmende Seuche

 
     
 
Darf man den eigenen Sohn besser behandeln als den Neffen? Oder zahlende "Freunde" besser als den Rest der Menschheit? Die Antworten können sehr unterschiedlich ausfallen, denn die Wahrnehmung von Korruption ist abhängig vom jeweiligen Kulturkreis.

Korruption läßt sich nicht messen wie Temperatur oder Wasserstand. Passender wäre da schon der Vergleich mit dem Klima, dessen kurzfristige Veränderungen selbst mittels großer Datenmengen kaum wissenschaftlich zu untermauern sind. Aber trotzdem wird niemand bestreiten, daß sich das Klima in Finnland eindeutig von dem in Deutschland, Griechenland oder Zentralafrika unterscheidet!

Die Organisation "Transparency International
" (TI) ist seit 1995 mit Studien und Ländervergleichen um eine Objektivierung bemüht. Noch wichtiger aber ist die Hilfestellung zur Erarbeitung konkreter Maßnahmen, denn Korruption ist eine lähmende Seuche in vielen Teilen der Welt. Die Idealnote 10 des von TI erstellten "Korruptions-Wahrnehmungs-Index" würde bedeuten, daß in dem betreffenden Land niemand korrupt ist. Korrekterweise enthält der Index auch eine Maßzahl für die mögliche statistische Abweichung. Die realen Platzziffern und die Ränge im Index könnten also ein wenig differieren.

Es dürfte nicht erstaunen, daß die fünf Skandinavier unter den besten Acht zu finden sind: Finnland (Note 9,7) ist Weltbester, und Norwegen (8,8) belegt zusammen mit Australien und der Schweiz den achten Platz. Österreich (8,0) teilt sich Platz vierzehn mit Hongkong, gefolgt von der Bundesrepublik Deutschland (7,7) und Belgien (7,6). Außereuro-päische Länder unter den ersten 20 sind außerdem noch Kanada (8,7), USA (7,5) und - Chile (7,4)!

Interessant ist ein Vergleich der übrigen EU-Mitglieder und -Kandidaten. Großbritannien liegt gleichauf mit Kanada, und Frankreich belegt mit Spanien und Portugal die Ränge 23 bis 25. Die Kandidaten Zypern (6,1), Slowenien (5,9) und Estland (5,5) sind deutlich besser als Italien, das Rang 35 hält. Ungarn und Litauen liegen noch vor Griechenland, das an Platz 43 das am schlechtesten plazierte EU-Mitglied ist. Tschechei, Lettland und Slowakei sind auf den Plätzen 54, 57 und 59 zu finden, während Polen gleichauf mit Mexiko Platz 64 hält. Bemerkenswert sind Oman und Bahrain auf den Plätzen 26 und 27. Die Volksrepublik China liegt auf Rang 66 noch klar vor der Türkei mit Rang 77 oder Rußland mit Rang 86.

Zur Korruption gehören natürlich nicht nur Nehmer, sondern auch Geber. Der im Vorjahr von TI veröffentlichte "Bestechungszahler-Index" beruht auf der Befragung von 835 hochrangigen Wirtschaftsvertretern. Am wenigsten bereit, zur Erlangung von Aufträgen Bestechung zu zahlen, sind demnach Australien, Schweden, Schweiz, Österreich und Kanada. Deutschland liegt auf Platz 9 zusammen mit Singapur. Obwohl die meisten der angeführten Länder Unterzeichner des OECD-Abkommen gegen Bestechung sind, liegt selbst das bestgereihte Australien nur bei 8,5 auf der Zehn-Punkte-Skala. Deutschland, Spanien, Frankreich, USA und Japan liegen zwischen 6,3 und 5,3 Punkten.

In derselben Studie wurden auch sonstige unfaire Praktiken untersucht wie diplomatischer, politischer, finanzieller und wirtschaftlicher Druck einschließlich der Drohung mit dem Entzug von Wirtschafts- und Militärhilfe. Die Befragten sollten jene Länder nennen, die sie damit in Zusammenhang bringen. Mit Abstand die meisten (58 Prozent) nannten die USA und Frankreich (26 Prozent). Dann erst folgten Großbritannien (19 Prozent), Japan, China, Rußland und Deutschland (11 Prozent).

In einer der von TI veröffentlichten Studien wird speziell auf die "Beeinflußbarkeit" der Exekutive im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität eingegangen. Es wäre allerdings wünschenswert, das "Wegschauen" nicht nur unter dem Aspekt der passiven Bestechung zu beleuchten: Denn wie oft etwa werden Exekutivbeamte beim Einschreiten gegen Drogenhändler oder Diebesbanden der Fremdenfeindlichkeit und des Rassismus bezichtigt? Wie oft schenkt dann eine pervertierte Justiz den von "Menschenrechtlern" instrumentalisierten Delinquenten mehr Glauben als dem Staatsbeamten? Und wie oft unterbleibt daher eine gesetzlich gebotene Amtshandlung? Für die öffentliche Sicherheit macht es wenig Unterschied, ob ein Polizist wegschaut, weil er bestochen ist oder weil er sonst berufliche Nachteile hätte und letztlich sogar die materielle Existenz seiner Familie aufs Spiel setzen würde!
 
     
     
 
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